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2590 - Der Tote und der Sterbende

2590 - Der Tote und der Sterbende

Titel: 2590 - Der Tote und der Sterbende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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auf der Erde und anderswo. Erbrechtliche Details, die ich Perry oder einen anderen Unsterblichen bitte, für mich zu erledigen.
    Es gibt Freunde, um die ich mich viel zu wenig gekümmert habe und die ich nun ebenfalls mit Dankesworten bedenke. Die Rolle als Unsterblicher isoliert. Wir bleiben großteils unter uns, meist aus Selbstschutz. Wer möchte schon zusehen, wie ringsum die Leute älter werden, an Lebenskraft verlieren und irgendwann die Augen für immer schließen? Wer von uns hat die Kraft, sich das anzutun, immer wieder, über all die Zeit hinweg, ohne den Verstand zu verlieren?
    Meine Eltern fallen mir ein. So lange habe ich nicht mehr an sie gedacht. Und meine Schwester, Eileen. Seltsam, dass ich sie erst vor wenigen Stunden Mondra gegenüber erwähnt habe.
    Ihre Tochter und ihre Enkelin haben sich um den Aufbau der Dritten Macht verdient gemacht. Diese Linie der Tifflors war eine Zeit lang zu verfolgen gewesen, bevor sie sich irgendwann verloren hatte, im 34. Jahrhundert, und ich nicht mehr die Muße fand, die Wege meiner Großnichten und -neffen nachzuvollziehen. Das Letzte, was ich von einem der Ihren erfuhr, war, dass ein männlicher Nachkomme in der Provcon-Faust ansässig geworden war.
    Kinder. Ich habe welche gehabt. Einige. Ich möchte nicht daran denken. Zu bittere Erinnerungen sind mit ihrem Leben verbunden, und immer wieder stehen Tod und Trauer am Ende meiner Erinnerungen. Grabsteine, Grabreden, Leichenschmaus.
    Auch nun, da ich an Marcel und Fleur und all die anderen denke, die ich zu ihrem eigenen Schutz so weit wie möglich von mir weggeschoben habe, sobald sie auf eigenen Beinen stehen konnten, überkommt mich dieses schreckliche Gefühl des Verlustes. Was geschieht, wenn man als Unsterblicher seine Kinder in der Nähe behält, habe ich an Perrys Kindern Thomas Cardif, Eirene und Delorian gesehen.
    Nun - es sieht so aus, als würde ich ihnen bald folgen.
    Ich beende die Aufnahme abrupt. Ich habe längst nicht alles gesagt, was es zu sagen gibt. Ich habe noch zweieinhalb Tage Zeit, um mich dieser schwierigen Aufgabe zu entledigen. Doch jetzt fehlt mir die Kraft dazu. Die Impulse des Zellaktivators gehen mir ab.
    Ich beschließe, in die Zentrale zurückzukehren. Ich brauche Gesellschaft, und ich hoffe, dass die Blicke meiner Begleiter nicht allzu mitleidvoll ausfallen werden.
    *
    Die jungen Stardust-Mutanten wissen nicht so recht, wie sie mit mir umgehen sollen. Sie bleiben auf Distanz.
    »Möchtest du darüber reden?«, fragt Lloyd/Tschubai.
    »Später vielleicht«, gebe ich zur Antwort und nicke dem Konzept dankbar zu. Von diesen beiden kann ich mir wohl am meisten Unterstützung erhoffen, sollten die nächsten 61 Stunden ereignislos vergehen.
    Fellmer Lloyd und Ras Tschubai waren auf eine ähnliche Art und Weise gestorben, wie auch mir nun der Tod droht: Ihre Zellaktivatoren hatten versagt, ihre Mentalsubstanz war in ES aufgegangen, um nun, lange Zeit danach, wieder in einen gemeinsamen Körper versetzt zu werden.
    Droht mir ein ähnliches »Schicksal«?
    Wie ist es, Teil einer Superintelligenz zu sein, und habe ich überhaupt die Legitimation dafür? Ich habe einiges geleistet, gewiss; doch kenne ich die Kriterien nicht, nach denen ES Wesen in sich aufnimmt. Andererseits: Seit es die Zellaktivatorchips gab, war beim Tod stets die Galaxisspirale zu sehen - bei Mila und Nadja Vandemar und Myles Kantor. Nur ein Symbol für die später erneut vergebenen Zellaktivatoren? Oder mehr?
    Und: Möchte ich das denn überhaupt?
    Die Suche nach dem PARALOX-ARSENAL ist auch ohne mich weitergegangen. MIKRU-JON, wiederum von Perry im Piloten-Modus gesteuert, hat einen geringen Ortswechsel vorgenommen. Sie forscht und ortet, sucht nach jenen Hinweisen, die wir so dringend benötigen.
    Ich spüre ein eigenartiges Gefühl der Enttäuschung. Das Universum dreht sich einfach weiter, ohne auf meinen möglichen Tod Rücksicht zu nehmen. Ich stehe an einem persönlichen Scheideweg ... an ...
    In deiner Zukunft, deiner sehr nahen Zukunft, vielleicht in zwei, vielleicht in fünf, vielleicht in zehn, vielleicht in hundert Jahren, gibt es etwas Schreckliches ... etwas, das dich für immer verändern wird. Wenn er den Dienst versagt, musst du handeln. Du wirst es wissen, wenn es so weit ist, und du darfst nicht die Furcht das Regnum ergreifen lassen.
    Das waren die Worte Medach Janos, des Astro-Archäologen, die er mir vor ein paar Jahren auf Aurora zukommen ließ. Irgendwo muss noch der Datenwürfel stecken. Meinte

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