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2590 - Der Tote und der Sterbende

2590 - Der Tote und der Sterbende

Titel: 2590 - Der Tote und der Sterbende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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fortzubewegen. Zwei Fühler, drei dünne Armpärchen, die erwachsenen Exemplare werden etwa eineinhalb Meter lang. Ein Exoskelett stützt ihre Leiber und hilft ihnen, sich einigermaßen im vierdimensionalen Bereich zurechtzufinden, während ihre wahre Heimat die Fünfdimensionalität ist.«
    Ich schöpfe Atem. Da sind sie wieder. Diese vielen, vielen Erinnerungsbilder, die mich überschwemmen. Sie sind zugleich Fluch und Segen eines langen Lebens.
    »Die Nakken sind die ersten paar Jahre ihres Lebens nahezu handlungsunfähig und müssen sorgfältig behütet werden. Erst unter den Strahlenschauern eines Schwarzen Lochs namens Anansar, das ihre Heimatwelt Nansar wie ein Mond umkreist, erwachen ihre besonderen Gaben. Sie benötigen die ständige Berieselung durch die hyperenergetische Emission dieses ganz besonderen Black Hole, das lediglich die Viertelmasse des Planeten erreicht. Der Radius des Schwarzen Lochs weist einen Ereignishorizont von gerade mal eins Komma fünf Millimeter auf; der Gesamtdurchmesser beträgt drei Millimeter, die grell leuchtende Akkretionsscheibe durchmisst fünf Kilometer. Das hyperenergetische Spektrum weist eine eigene, eigenartige Charakteristik auf und ...«
    Ich versuche, diese Daten zu verinnerlichen, und es fällt mir genauso schwer wie damals. Sie sind so unwahrscheinlich wie die Lebensweise der Nakken. Ich muss mich zurücknehmen, mich von diesen Erinnerungen befreien. Vor allem, da sich ein weiterer Bezug zu ES ergibt: Mehrere Mitglieder des Volks der Blau-Nakken gingen in ES auf und bilden somit einen Teil seiner Mentalsubstanz.
    Ich kehre ins Jetzt zurück. Ich muss der Wirklichkeit ins Auge blicken. Wenn Rence mehr über die Schneckenwesen erfahren möchte, wird er sich wohl oder übel in einer Bibliothek über terranische Geschichte informieren oder den Datenspeicher meines SERUNS anzapfen müssen.
    Ich gebe dem jungen Mann einige Hinweise und Stichworte, bevor ich mich Perry zuwende. Die wacklige Bildübertragung zur QUEEN OF ST. LOUIS ist mittlerweile beendet.
    »Danach haben wir gesucht«, sage ich zu ihm und wiederhole: »Einen derartigen Hinweis kann bloß Lotho Keraete gesetzt haben.«
    »Der Gedanke liegt nahe.« Er leckt sich über die Lippen. »In diesem hyperenergetischen Chaos, das in der Schneise herrscht, kann nur etwas Außergewöhnliches auffallen; es darf allerdings nicht zu extravagant sein. Andernfalls würde es Feinde anlocken.«
    »Wir müssen dennoch damit rechnen, dass die Truppen der Frequenz-Monarchie oder die Jaranoc bereits vor Ort sind. Im schlimmsten Fall sind es beide Seiten, die sich in der Nähe der Strahlungsquelle gegenseitig die Köpfe einschlagen, ohne zu wissen, worum sie sich eigentlich streiten. Wir sollten uns vorbereiten, bevor wir uns nun auf den Weg machen.«
    »Ich habe eine einigermaßen exakte Zielortung der Strahlungsquelle. Es sind bloß vierzig Lichtjahre. Und es ist, wie du vermutest: Die Einheiten der Jaranoc und der Vatrox befinden sich bereits vor Ort. Sie belauern einander.«
    Natürlich. VATROX-DAAG ist verzweifelt. Der überlebende Herrscher der Frequenz-Monarchie muss das PARALOX-ARSENAL unbedingt finden und hat in VATROX-VAMU einen Konkurrenten. Und auch ES muss an die Zeitkörner gelangen.
    Ich fühle diesen ganz besonderen Jagdinstinkt in mir erwachen, und plötzlich sind die Sorgen um mein eigenes Ergehen wie weggeblasen.
    Wir haben endlich eine richtige Spur entdeckt, und dank unseres Wissens um den Splitter der Ewigkeit sind wir den anderen beiden Parteien in dieser Auseinandersetzung eine Winzigkeit voraus. Sie vermuten, etwas entdeckt zu haben. Wir wissen, dass diese Strahlungsquelle eine ganz besondere Bedeutung hat.
    Ich grinse Perry an und frage: »Worauf warten wir eigentlich? Gib Gas, Perry!«
    Ich ignoriere die befremdeten Blicke unserer Begleiter. Dieser uralte Begriff, aus einer Zeit, in der Fahrzeuge mit fossilen Brennstoffen fortbewegt wurden, ist ihnen allesamt fremd; selbst Mondra kann damit nichts anfangen.
    Sie sind Kinder, allesamt!
    *
    Zeitgleich mit uns treffen drei weitere Silberkugeln am letzten geplanten Zwischenstopp ein. Wir schließen uns mit Eritrea Kush, Kardo Tarba und Icho Tolot kurz.
    Das grauschwarze Gesicht des unsterblichen Haluters unterscheidet ihn in erschreckender Diskrepanz von den anderen Wesen in dieser Konferenzschaltung. Es dauert lange, bis man sich davon überzeugt hat, einem friedfertigen und innerlich ausgeglichenen Lebewesen gegenüberzustehen - und nicht einer lebenden

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