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2591 - Im Auftrag der Superintelligenz

2591 - Im Auftrag der Superintelligenz

Titel: 2591 - Im Auftrag der Superintelligenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marcus Thurner
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War es das, was ES wünschte?
    Er dachte angestrengt nach. Je länger er grübelte, desto mehr verlor er den Faden. Nach wie vor torkelte und taumelte die Silberkugel um TAQARAN. Manchmal tat sie winzige Sprünge von einigen Dutzend Kilometern, von Lotho willkürlich dazu gezwungen, um dann wieder in einen erratischen Orbit um die vermeintliche Sonne zu gleiten. Das Gefährt war hin und her gerissen von seinen Wunschbefehlen und Mechanismen, die er nicht verstand und die er nicht zu beeinflussen vermochte.
    In einem Moment der Klarheit machte er sich daran, die Hathor zu kontaktieren. Doch er zögerte und zog den Befehl im letztmöglichen Augenblick zurück. Er durfte niemanden, der in diese Zeit gehörte, in seine Handlungen mit einbeziehen. Wer wusste schon, was er damit bewirken würde ...
    Also nahm er seine Befehle zurück und verlegte sich weiterhin darauf, die Geschehnisse an Bord des Handelssterns zu beobachten. Irgendwann würde die Psi- Materie zur Gänze verbrannt sein. Und dann ... ja, was dann? Die Berichte der Andury brachen an dieser Stelle unvermittelt ab.
    Was war mit den Forschungsergebnissen der Hüter des Lichts geschehen? Warum hatte ES über die beiden Hathor keine zusätzlichen Informationen bezogen? Waren sie im Laufe der Zeit verloren gegangen? Oder hatte ES diese Informationen erhalten - aber sie waren wertlos gewesen? Oder hatten dazu geführt, dass er von ES mit dieser Aufgabe betraut wurde?
    Ein neuer Schwall drückender, schmerzender Impulse schwappte über ihn. Er kam wie eine Monsterwelle, die gegen den Strand spülte, sich immer höher aufrichtete, bis der schäumende Kamm unter Getose und Gebrülle zusammenbrach und alles Strandgut mit sich riss, tief ins Land vordrang, alles zerstörte ...
    »James, hilf mir!«, stöhnte er. »Ich werde noch verrückt ... «
    Keine Antwort.
    Die Erscheinung des Roboters war weg, verschwunden.
    Lotho war allein. Einsam. Von jeglicher Unterstützung abgeschnitten.
    Wie würde sich die geistige Verwirrung auf seinen Maschinenkörper auswirken? Hatte ES weitere Sicherheitsmechanismen in ihm eingerichtet, die ihn daran hinderten, allzu großen Schaden anzurichten? Gab es einen Kill-Schalter?
    Er glitt in einen länger anhaltenden Dämmerschlaf, der von Verwirrung und Übelkeit geprägt war. Weitere Mengen von Psi-Materie verpufften. Die Deflagration belastete ihn über ein erträgliches Maß hinaus. Er musste dem Drang nachgeben, musste Druck abbauen. Um sich schlagen, alles vernichten ...
    *
    »Tu's nicht!«, hörte er diese eine Stimme, die ihm so gut bekannt war und die Lotho bereits einmal vernommen hatte. »Bleib ruhig, behalte die Nerven!«
    Eine Frauengestalt erschien wie von Zauberhand vor ihm. Es war die Frau seines Lebens. Ein Geschöpf, das von Göttern geschaffen sein musste. Groß und schlank war sie, und eine weißblonde Haarmähne rahmte das zarte, so ausdrucksvolle Gesicht ein.
    Die Erinnerung an Negra Tolt, seine große, unerreichbare Liebe, war von einer derartigen Intensität, dass alles andere mit einem Mal in den Hintergrund geriet. Die Schmerzen waren bloß ein Rauschen ohne viel Bedeutung.
    Einzig Negra war ihm nun wichtig - und das, was sie zu sagen hatte.
    »Du darfst nicht versagen!«, sagte Negra und zeigte ein bezauberndes Zahnlacklächeln. »Sollte ich etwa umsonst gestorben sein?«
    Sie war tot.
    Lotho erinnerte sich: ES hatte ihn gerettet; die anderen Besatzungsmitglieder der EX-1298, Eigenname HUMBOLDT, waren im Zuge der Schlacht gegen rebellische Blues in die Sonne des Xynax-Systems, am Rand der galaktischen Eastside, gestürzt und darin verglüht.
    »Du bist nicht wirklich ...«, murmelte der Bote und streckte eine Hand nach der Erscheinung aus. Sein blaumetallener Arm gehorchte zittrig.
    »Ich bin sehr wohl hier.« Negra Tolt lächelte ein weiteres Mal. »ES hat dich am Leben gelassen; mich aber hat die Superintelligenz zu sich gerufen und in sich aufgenommen. Ich bin da, ich bin wirklich ... «
    Die Erscheinung zerfaserte wie vom Wind verwirbelter Rauch, wie auch die Stimme der Frau kaum mehr verständlich war.
    »Wir zählen auf dich, Lotho Keraete!«, murmelte sie. »Erfülle deine Aufgabe; dann werden wir eines Tages wieder beisammen sein ... «
    Er schüttelte benommen den Kopf und sah sich um.
    Er musste die Wirklichkeit hinter all den Erscheinungen und Phantasmagorien finden. Mehrere Schichten an übereinandergelagerten Bildern, Träumen, Eindrücken wollten ihn daran hindern; doch irgendwann nahm er die

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