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2593 - Das Paralox-Arsenal

2593 - Das Paralox-Arsenal

Titel: 2593 - Das Paralox-Arsenal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Lukas
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Müdigkeit abzuschütteln.
    Wieder in die Kruste des Zeitkorns zurückgekehrt, errichtete er aus verkrüppelten Ästen und

breiten Buschblättern eine notdürftige Unterkunft, in ausreichendem Sicherheitsabstand zum

Glycerin-See, um vor weiteren Überraschungen gefeit zu sein.
    Tiff sammelte Informationen über die überaus reichhaltige Flora und Fauna. Sie reichte von

winzigen, blutsaugenden Schädlingen über zeckenartige Geschöpfe, deren Bisse ihm unerwartet

intensive Glücksgefühle bereiteten, bis hin zu fliegenden Schlangenwesen, die sich mithilfe ihrer

ausgebreiteten Häute weit über die Wasseroberfläche hinaustreiben ließen, um dort draußen Jagd

auf quallenartige Geschöpfe zu machen.
    Immer wieder blickte er auf den Perianth-Detektor. Er zeigte stets in dieselbe Richtung.
    »Der Kristall ist vermutlich im Glycerin verborgen«, sagte er, um gleich darauf wieder zu

verstummen.
    Du benötigst eine Art Taucherausrüstung, setzte er das Zwiegespräch in Gedanken fort. Sieh dich um, was die hiesige Flora und Fauna zu bieten haben ...
    Einige 50-Stunden-Fristen vergingen, und sie summierten sich zu »mehreren«, die schließlich zu

»unzähligen« wurden. Jahreszeitenwechsel geschahen. Das Glycerin verfärbte sich innerhalb eines

Tages marmorrot, und die Flossen zehn Meter langer und schmal gebauter Räuber durchpflügten die

zähe Flüssigkeit, um unter anderen Bewohnern des Sees blutige Ernte zu halten.
    Tiff beglückwünschte sich zu dem Beschluss, nicht gleich nach der Fertigstellung seines mühsam

gezimmerten Bootes aufgebrochen zu sein. Er tat es auch, nachdem eine weitere Färbung der

Flüssigkeit erfolgte und eine neue Sorte von Meeresräubern die kantigen, zahnbewehrten Gesichter

ins Freie reckten, um lautstark nach Nahrung zu schreien.
    Er unternahm erste, vorsichtige Testfahrten, gesichert mit aus Pflanzenbast gedrehten Seilen,

um sich jederzeit zurück ans Ufer und in Sicherheit bringen zu können.
    Er verbesserte das Boot, experimentierte mit gekochtem Rindensud als Abdichtmittel und wartete

eine Regenperiode in der Sicherheit des Tunnels ab, um danach die Schäden an all den

vorbereiteten Ausrüstungsgegenständen mühselig zu reparieren.
    Wie viel Zeit war vergangen, als er endlich meinte, alles zum Gelingen seiner Überfahrt

unternommen zu haben? Ein Menschenjahr? Zwei? Mehr?
    Tiff kicherte. Es spielte keine Rolle. Zeit war zur untergeordneten Variablen - oder

Konstanten? - seiner Existenz geworden.
    Schließlich schob Tifflor das Boot in den Glycerin-See und packte zwei der kürzeren

Ruderstangen, um sich mit ihrer Hilfe vom Ufer abzustoßen. Wieder einmal hatte er bloß noch 62

Stunden zu leben.
    *
    Die Tiefe betrug, wie nach den unzähligen Übungsfahrten erhofft, an kaum einer Stelle mehr als

vier Meter. Wenn die Länge seiner Stakstangen nicht ausreichte, griff er zu den bereitliegenden

Rudern und schob das Boot unter größten Anstrengungen vorwärts.
    »Kein Flüssigkeitseinbruch, gut, gut«, sagte er und tastete den Boden seines Gefährts ab.

Aneinander gepappte Chitinhüllen der Wasserläufer und mehrere Schichten der Rotbuschblätter, über

Feuer gehärtet, erfüllten ihren Zweck ausgezeichnet.
    Da und dort kräuselte sich die Oberfläche. Wassermedusen begleiteten ihn auf seiner Fahrt. Sie

wirkten neugierig.
    Die frecheren durchstießen das Wasser mit ihren schmalen Köpfen und beobachteten ihn mit

aufmerksamen Augen, die an meterlangen Stielen hingen. Als eine der Medusen mit einem Arm ins

Innere seines Gefährts griff und umhertastete, versetzte er ihr einen leichten Schlag.

Augenblicklich zog sich das Tier wieder zurück. Für eine Weile ließ der kleine Schwarm von ihm

ab, um ihn nun aus einem größeren Sicherheitsabstand als zuvor zu beobachten.
    »Lass dich bloß nicht täuschen, alter Mann!«, sagte sich Tiff. »Die Wassermedusen sind Räuber.

Sie warten geduldig auf ihre Chance. So, wie sie die Schwärme der Wasserläufer verfolgen und auf

den geeigneten Moment zum Zuschlagen lauern.«
    Täuschte er sich, oder zeichnete sich am Horizont bereits das andere Ufer ab?
    Er blickte auf die Uhr. Er ruderte und stakste nun seit etwa neun Stunden. Sein Körper, in

tagelangen Vorbereitungsübungen gestählt, war schweißnass, und ihn fror.
    Gerne hätte er eine Ruhepause eingelegt. Angesichts all der Ungewissheiten, denen er

ausgesetzt war, beschloss er, sich vorerst keine Schonung zu gönnen.
    Tiffs Boot zog eine

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