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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Floß an das Ufer zu treiben.
    Die Zurückbleibenden waren nicht ohne Sorge um ihn. Sie hätten sein Wagnis lieber selbst unternommen, mußten sich aber sagen, daß es für ihn nicht so groß sei, wie es für sie gewesen wäre. Im Falle eines Angriffs konnte er sich viel mehr auf ihre Hilfe als sie sich auf diejenige ihrer afrikanischen Begleiter verlassen. Schwarz sagte in deutscher Sprache zu dem Grauen: „Ein wackerer, kleiner Kerl! Beim geringsten Zeichen, daß ihm ein Unfall droht, heben wir den Anker und eilen ihm zur Hilfe!“
    „Das versteht sich ganz von selbst“, stimmte der Genosse bei. „Der Junge ist mir ebenso lieb g'worden wie dir. Er hat so was Apartes, so was Vornehmes an sich. Möcht' wissen, was für ein Landsmann er ist. Ein Niam-niam g'wiß nit. Dazu passen seine G'sichtszüg' und auch die Hautfarben nit.“
    „Auch ich werde nicht klug. Einmal möchte ich ihn für einen Mulatten, das andre Mal für einen Somali halten. Wenn ich ihn nach seiner Abkunft gefragt habe, wußte er mir stets auszuweichen.“
    „Mir auch. Nit mal die Niam-niam, bei denen er doch wie ein Stammesgenosse lebt, wissen zu sagen, wo seine Heimat liegt. Er scheint sich also auch ihnen gegenüber in das G'heimnis g'hüllt zu haben. Aber daß sie ihn Abd es Sirr (Sohn des Geheimnisses) nennen, das läßt vermuten, daß sie seine Abkunft für eine arabische halten.“
    „Dann wäre er also Mulatte, denn ein reiner Araber ist er nicht. Mir scheint, er hat Schreckliches erlebt. Er lacht nie; höchstens sieht man einmal ein kurzes, leises Lächeln auf seinen Lippen. Hast du ihn jemals spielen und tollen sehen wie andre seinesgleichen bei den Niam-niam?“
    „Nie.“
    „Ich auch nicht. Der finstre Ernst, den er stets zeigt, läßt vermuten, daß er die Erinnerung eines tragischen Ereignisses, unter welchem seine junge Seele schwer gelitten haben muß, in sich bewahrt. Den wenigen religiösen Übungen nach, die man bei ihm beobachtet, ist er Mohammedaner. Hast du ihn einmal beten hören?“
    „Im Gebet gesehen hab' ich ihn bereits, g'hört aber noch nit. Er betet nit zu den vorg'schriebenen Zeiten, sondern nur dann, wann er meint, nit g'sehen und beobachtet zu werden.“
    „Ich habe ihn zweimal belauscht. Er betete die Fathia; hinter den beiden Worten Weltenherr und Allerbarmer fügte er die gar nicht in diese Sure gehörenden Ausdrücke 'Mir itakam (Herr der Rache) und Sabit el Meglis (Oberster des Gerichts) hinzu. Das deutet darauf, daß er sich mit einer Rache trägt.“
    „Das hab auch ich schon gedacht. Wann er glaubt, allein zu sein, so brütet er finster vor sich hin und ballt und dreht dabei die Faust', als ob er einen hätt', den er erwürgen wollt'. Dabei verdreht er die Augen und knirscht mit den Zähnen, daß man schier meinen möcht', er – – – halt, schau mal! Da kommen's g'flogen! Kennst sie auch bereits?“
    Er war aufgesprungen und deutete erregt auf eine Vogelschar, welche quer über den Fluß geflogen kam. Indem er mit den Augen dem Fluge derselben folgte, bewegte sich auch seine lange Nase von der rechten nach der linken Wange, als ob sie für sich ebenso diese genaue Beobachtung machen wolle.
    „Ja, ich kenne sie“, antwortete Schwarz. „Es sind Bienenfresser, Merops caeruleo cephalus. Herrliche Vögel! Siehst du ihr prachtvolles Gefieder in der Sonne wie lauter Smaragde und Rubine funkeln?“
    „Natürlich schau ich das gerade so wie du. Weißt du auch ihren hiesigen Namen?“
    „Ja. Man nennt sie Dschurull.“
    „Warum?“
    „Weil ihre Stimme gerade wie diese zwei Silben klingt.“
    „Hast recht; bist kein übler Vogelkenner. Jetzt sind s' weg, in die Bäum' hinein.“ Er setzte sich wieder nieder, wobei seine Nase sich in ihre ordnungsgemäße Lage zurückbegab, und fuhr fort: „In Europa gibt's nur a einzige Art des Bienenfressers, Merops apiaster, mit weißer Stirn, blauem Augenstreif, blau-gelbem Kinn, meerblauer Brust und grünblauen Handschwingen. Ich tu mich gerade für diese Vögel außerordentlich verinteressieren, weil so a Merops der erste Vogel war, den ich 'zeichnet und dann wieder auf den Rücken g'malt erhalten hab'.“
    „So? Von wem?“
    „Vom Professorn der Naturg'schichten. Ich hatt' mir von ihm a Buch ausg'borgt, in dem ein Bienenfresser in Holzschnitt abg'bildet war. Es hat mich verdrossen, daß er so schwarz ausg'schaut hat; darum nahm ich schnell den Malkasten her und hab' das Bild so bunt ang'strichen, daß dabei die Farben fast ausgang'n sind. Nachher hat

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