263 - Von Menschen und Echsen
Geschäfte in Gang zu bringen. Niemals, niemals würde er sie betrügen.
Zweifel befielen Brythuula. Eben erst hatte sie die lange und entbehrungsreiche Reise übers Meer auf sich genommen, um Intrigen und Ränkespielen auf den Dreizehn Inseln zu entkommen. Sollte sich dieses ehrlose Schauspiel hier etwa wiederholen?
Niemals! Diese junge Frau war keine Konkurrenz für sie.
***
Hermon machte ausgezeichnete Geschäfte. Er brachte billige Waren an den Mann und an die Frau, um im Gegenzug große Mengen seltener Metalle einzufordern. In der Nähe des Dorfes befand sich eine Stadt der Alten, voll mit Dingen, die Brythuula niemals zuvor gesehen hatte. Hermon nannte sie »Maschiins«.
Seine Augen bekamen einen seltsamen Glanz, als er die Waren Zug um Zug austauschte.
Nach getaner Arbeit lud der Dorfoberste den Händler zu einem Umtrunk in eine schäbige Kaschemme. »Du bleibst bei den Waren«, wies Hermon Brythuula an. »Wer weiß, vielleicht wollen die Barbaren plündern, während ich mit ihnen trinke. Du musst auf meine Schätze aufpassen.«
»Aber ich möchte dich begleiten«, bat sie mit leiser Stimme.
»Frauen sind in diesem Haus nicht erwünscht«, meinte Hermon. »Wir müssen uns den hiesigen Gebräuchen anpassen.«
»Was ist mit der da ?«, fragte Brythuula und deutete auf die kleine Schlampe, die sich als Erste ihrem Liebsten angebiedert hatte und soeben das Wirtshaus betrat.
»Layla ist die Enkelin des Häuptlings«, meinte Hermon glatt.
»Und ich bin deine Freundin!« Brythuula stampfte zornig mit einem Fuß auf.
»Du bist meine Begleiterin«, stellte Hermon mit kühler Stimme fest. »Ich habe dich mitgenommen, weil mir deine Gesellschaft angenehm erschien. Aber je länger ich dich um mich habe und mir deine Betteleien anhören muss, desto mehr widerst du mich an. Dein Geist ist beschränkt, deine Begabung als Liebhaberin bescheiden.«
»Aber…«
»Lass mich in Ruhe, Brythuula.« Er stieß sie von sich. »Sonst könnte ich auf die Idee kommen, dir weh zu tun. Mehr, als du dir vorstellen magst.«
Ihr Herz wollte schier brechen, die Tränen schossen ungebremst aus ihren Augen. Was hatte sie bloß getan, warum liebte er sie nicht mehr?
Brythuula fiel auf die Knie. Es scherte sie nicht, dass sich Dorfbewohner rings um sie versammelten. Manche von ihnen wollten sie trösten, andere verspotteten sie, die tapfere Jungkriegerin.
Irgendwann kam sie wieder zu sich. Ihre Tränen versiegten, und auch der Schmerz ließ nach. Ja, sogar so etwas wie leise Hoffnung breitete sich wieder in ihr aus. Hermon gab sich mitunter griesgrämig und verletzend. Doch diese Phasen vergingen. Bald schon würde er erkennen, was er an ihr hatte. Er würde zurückkehren, sie neuerlich in seine Arme schließen und sich mit Zärtlichkeiten bei ihr entschuldigen.
Mühsam rappelte sich Brythuula hoch. Es dunkelte bereits, und in der Dorfkneipe ging es hoch her. Schmutziges Gelächter klang hinter dem einfachen Bretterverschlag hervor. Eine Frau kreischte hysterisch, um gleich darauf in lautes Gelächter auszubrechen.
Sie war es. Layla. Sie machte sich an Hermon heran.
Brythuula zog sich von der Straße zurück und suchte Schutz im Schatten einer einsam stehenden Hütte, tunlichst den Lichtern der wenigen Fettlampen ausweichend. Sie beschloss zu warten, um… um…
Was würde sie tun, wenn Hermon das Wirtshaus verließ? Es wollte und wollte ihr nicht einfallen.
Die Nacht war frostig kalt und feucht, doch es scherte Brythuula nicht. Über Stunden hinweg behielt sie den Eingang des Wirtshauses im Auge. Nach und nach leerte sich das Lokal; Betrunkene torkelten ihres Weges, manche fielen irgendwo in die Büsche und schliefen dort ihren Rausch aus.
Hermon und Layla blieben bis zum Ende. Erst als im Osten bereits der Morgen graute, traten sie ins Freie.
Arm in Arm. Kichernd, schäkernd.
Der Händler wirkte nüchtern. Brythuula wusste, dass er Unmengen an Alkohol vertrug. Im Reich der Dreizehn Inseln hatte ihm am Tresen keine Kriegerin beikommen können. Selbst nach dem zwanzigsten Glas Selbstgebranntem blieb er aufrecht stehen, ohne zu lallen, ohne auch nur ein Anzeichen von Schwäche erkennen zu lassen.
So auch jetzt: Er ließ sich von Layla, die kaum noch in der Lage war, sich auf eigenen Beinen fortzubewegen, den Weg zu ihrer Hütte zeigen.
Hermon zwickte dem Gör in den Po, um ihm gleich darauf verlangend in die Halsbeuge zu küssen.
Brythuula umfasste den Griff ihres Schwertes. Diese Hure musste ihn verhext haben! Sie
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