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265 - Das letzte Tabu

265 - Das letzte Tabu

Titel: 265 - Das letzte Tabu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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gut. Du warst in seinem Geist, obwohl er laut der Geräte keine Hirnaktivität aufweist?« Sie nickte. Ihre Haarmähne verteilte sich noch mehr über seinen Schoß. Dazu die funkelnden Augen, das erhitzte Gesicht… Matt musste an sich halten, um sie nicht leidenschaftlich zu küssen. »Offenbar ist er in der Lage, seinen Geist von den Hirnfunktionen abzukapseln«, schloss er.
    Aruula nickte wieder. »Seit er im Kälteschlaf liegt, vegetiert sein Geist wie in einem Gefängnis dahin. Ich bin offenbar die Einzige an Bord, die empfänglich war für seine Notsignale, die er instinktiv aussendet. Aber ich kann ihm nicht helfen, obwohl ich ihm versprochen habe, mich für ihn einzusetzen! Das macht mich krank!«
    »Verstehe. Ich kann versuchen -«
    »Aussichtslos«, unterbrach sie ihn. »Selbst Vogler kann nichts für ihn tun. Er meint, Hi'schi würde die letzten beiden Tage bis zur Ankunft auch noch überstehen. Er wird sich dann bei der Marsregierung für ihn einsetzen. Hi'schi darf nicht als Versuchskaninchen missbraucht werden, Maddrax! Er ist ein intelligentes und friedfertiges Wesen, dem geholfen werden muss.«
    »Die Marsianer sind keine Barbaren«, sagte Matt beruhigend. »Sie werden sich der Wahrheit nicht verschließen.«
    Was er tatsächlich dachte, sagte er nicht. Dass nämlich ihrer beider Situation auf dem Mars auch nicht die rosigste sein würde. Dafür hatte er bei seinem letzten Besuch ein zu großes Chaos hinterlassen, auch wenn er daran nicht persönlich die Schuld trug, sondern vielmehr als Katalysator fungiert hatte. Als Stein des Anstoßes gewissermaßen, der die oberflächlich heile, aber unter einer dünnen Membran brodelnde Marsgesellschaft zum Umbruch geführt hatte.
    Es konnte sein, dass sie freundlich empfangen wurden. Das war sogar wahrscheinlich, weil noch immer Maya Joy Tsuyoshi als Friedenspräsidentin im Amt war und nur in Krisenzeiten von ihrem Ehemann Leto Jolar Angelis abgelöst wurde. Unterstützt wurden die beiden dabei von einem gewählten Rat. Ein ungewöhnliches Regierungskonstrukt, nebenbei bemerkt, das aber offenbar funktionierte.
    Leider würde der Großteil der Bevölkerung ihre Aversion gegen die »Erdbarbaren« aber noch immer nicht aufgegeben haben; im Gegenteil. Matt war froh, dass er sich bei seinem hoffentlich kurzen Aufenthalt vorwiegend in Regierungskreisen bewegen würde.
    »Dein Albtraum«, kam er noch einmal auf das ursprüngliche Thema zurück, »hatte zwei Komponenten, wenn ich das richtig verstanden habe. Einmal hast du geglaubt, in Hi'schis Haut zu stecken und gefoltert zu werden - zum anderen hatte sich die CARTER IV in einen riesigen Sarg verwandelt…«
    »Nicht nur das!«, erwiderte Aruula und erschauderte. »Ich sah Krahac, den Totenvogel.«
    »Und das hat dich erschreckt?«
    »Was glaubst du denn?« Sie blitzte ihn an. »Krahac steht für den Tod, vor allem in Visionen. Vor allem aber hat mich erschreckt, dass er dich in seinen Fängen hielt!«
    Matt musste schlucken. »Darum also ›toter als tot‹.« Er schnitt eine Grimasse. »Ich muss mich bei dir entschuldigen. Damit scherzt man tatsächlich nicht. Aber wie erklärst du dir diese Traumvision? Was hatte Hi'schis Geist damit zu tun?«
    »Ich weiß es nicht. Vermutlich hat mein Unterbewusstsein eigene Ängste mit denen des Drakullen verbunden, und dabei kam die größte all meiner Sorgen heraus.«
    »Das wäre eine Erklärung…« Matt fühlte ein warmes Gefühl in sich aufsteigen. Ihre größte Sorge war also, dass ihm etwas zustieß. Er strich ihr sanft über die Wange. »Und keine Sorge: Solange du auf mich aufpasst, passiert mir nichts, da bin ich mir sicher. Ich liebe dich, und nichts kann uns trennen.«
    Als sie ihn anlächelte, seine Hand ergriff und sie küsste, drängte sich ihm ein weiterer Gedanke auf - einer, den er bislang gern verdrängt hatte.
    Auf dem Mars würde es unweigerlich zu einer Begegnung zwischen Aruula und Chandra kommen, mit der er bei seinem letzten Aufenthalt hier ein Tête-à-Tête gehabt hatte. In einer Situation, in der er weder wusste, ob er jemals zur Erde würde zurückkehren können, noch, ob Aruula überhaupt noch am Leben war.
    Es war nur eine kurze Liebschaft gewesen, wie gesagt. Was Aruula aber nicht daran hindern würde, sich Chandra zur Brust zu nehmen. Denn natürlich wusste sie von ihr - nachdem sie Matt nach ihrem Wiedersehen am Uluru kurz belauscht hatte.
    Andererseits freute er sich darauf, Chandra wiederzusehen. Als Freundin, nicht mehr! Hoffentlich würde

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