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Farfáns Geliebter, ein gewisser Gómez, war beteiligt. Wer die Kaziken getötet hat, die später in den Klos gefunden wurden, weiß ich nicht, aber die vier sind von Ayala, Farfán und Gómez umgebracht worden, unterstützt von sechs anderen, die die Kaziken festgehalten haben. Vielleicht waren es auch mehr. Sagen wir nicht sechs, sagen wir zwölf. Und alle aus unserem Trakt haben das Massaker mit angesehen und nicht eingegriffen. Glaubst du denn, das weiß man draußen nicht? Ach Klaus, bist du naiv! Eher schwer von Begriff, sagte Haas. Wenn alle es wissen, warum sagt es keiner? Weil die Leute diskret sind, Klaus, sagte die Anwältin. Die Journalisten auch?, fragte Haas. Die am allermeisten, sagte die Anwältin. Für die ist Diskretion gleichbedeutend mit Geld. Diskretion ist Geld?, sagte Haas. Du wirst es gleich verstehen, sagte die Anwältin. Weißt du zufällig, weswegen man die Kaziken umgebracht hat? Keine Ahnung, sagte Haas, ich weiß nur, sie waren hier nicht auf Rosen gebettet. Die Anwältin lachte. Wegen Geld, sagte sie. Diese Bestien haben die Tochter eines reichen Mannes ermordet. Alles andere ist Beiwerk. Leeres Gerede, sagte die Anwältin.
Mitte November fand man im Barranco de Podestá die Leiche einer Frau. Sie hatte zahlreiche Schädelbrüche, und Hirnmasse war ausgetreten. Spuren an ihrem Körper deuteten darauf hin, dass sie sich gewehrt hatte. Weil sie mit bis zu den Knien heruntergezogener Hose gefunden wurde, ging man davon aus, dass sie vergewaltigt worden war, doch nachdem man einen Abstrich vorgenommen hatte, musste diese Hypothese revidiert werden. Binnen fünf Tagen gelang es, die Tote zu identifizieren. Es handelte sich um Luisa Cardona Pardo, vierunddreißig, geboren im Bundesstaat Sinaloa, wo sie seit ihrem siebzehnten Lebensjahr der Prostitution nachging. Seit vier Jahren lebte sie in Santa Teresa und arbeitete in der Maquiladora EMSA. Vorher hatte sie als Kellnerin gearbeitet und einen winzigen Blumenstand in der Innenstadt besessen. Sie tauchte in keiner Kartei der örtlichen Polizei auf. Mit einer Freundin teilte sie sich eine einfache Wohnung in der Siedlung La Preciada, die immerhin über Strom und fließend Wasser verfügte. Ihre Freundin, die wie sie bei EMSA arbeitete, erzählte der Polizei, Luisa habe anfangs davon gesprochen, in die USA auszuwandern, habe sogar Kontakt zu einem Schlepper aufgenommen, dann aber doch beschlossen, in Santa Teresa zu bleiben. Die Polizei befragte einige Arbeitskollegen und legte den Fall zu den Akten.
Drei Tage nach dem Fund von Luisa Cardona wurde im Barranco de Podestá erneut die Leiche einer Frau entdeckt. Und zwar von den Streifenpolizisten Santiago Ordóñez und Olegario Cura. Was hatten Ordóñez und Cura dort zu suchen? Sie wollten sich ein wenig umschauen, meinte Ordóñez. Später räumte er jedoch ein, dass sie hingefahren seien, weil Cura darauf bestanden habe. Das Gebiet, das sie für diesen Tag zugewiesen bekommen hatten, reichte von der Siedlung El Cerezal bis zur Siedlung Las Cumbres, aber Lalo Cura sagte, er hätte Lust, die Stelle zu sehen, wo man die Leiche von Luisa Cardona gefunden hatte, und Ordóñez, der am Steuer saß, machte keine Einwände. Sie parkten den Streifenwagen am oberen Ende des Barrancos und stiegen auf einem sehr steilen Pfad hinab. Der Barranco de Podestá war nicht sehr groß. Die Plastikbänder, die den Einsatzort der Spurensicherung abgesperrt hatten, waren noch da, hingen zwischen gelben oder grauen Felsen und Gestrüpp. Eine Zeitlang, so Ordóñez, trieb Lalo seltsame Dinge, so als würde er das Gelände und die Höhe der Felswände vermessen, schaute dabei zum oberen Teil des Barranco und berechnete die Flugbahn, die der Körper von Luisa Cardona im Fallen beschreiben musste. Nach einer Weile, als Ordóñez sich bereits zu langweilen begann, sagte Lalo Cura, der oder die Täter hätten die Leiche genau hierhin geworfen, damit sie so bald wie möglich gefunden würde. Als Ordóñez einwandte, der Ort sei nicht gerade dicht bevölkert, zeigte Lalo Cura zu einer der Felswände hinauf. Ordóñez schaute auf und sah drei Jungs oder einen Jugendlichen und zwei Jungs, alle drei in kurzen Hosen, die sie aufmerksam beobachteten. Dann folgte er dem Barranco ein Stück in südlicher Richtung, während Ordóñez sich auf einen Stein setzte, rauchte und dachte, dass er vielleicht besser zur Feuerwehr gegangen wäre. Nach einer Weile, als Lalo Cura schon außer Sichtweite war, hörte er einen Pfiff seines
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