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2666

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Titel: 2666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Bolaño
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Sekretär. ›Ein alter Mann und eine alte Frau, um genau zu sein.‹
    ›Und das Brot? ‹ fragte ich.
    ›Hat nicht für alle gereicht‹, sagte mein Sekretär.
    ›Da muss etwas geschehen‹, sagte ich.
    ›Wir werden uns bemühen‹, sagte mein Sekretär, ›aber heute ist nichts mehr zu machen, das wird bis morgen warten müssen.‹
    Sein Tonfall gefiel mir ganz und gar nicht. Ich gab ihm ein Zeichen, sich zurückzuziehen. Ich versuchte mich wieder auf die Arbeit zu konzentrieren, aber es gelang mir nicht. Ich trat ans Fenster. Die betrunkenen Kinder waren fort. Ich beschloss, einen Spaziergang zu machen, frische Luft beruhigt die Nerven und fördert die Gesundheit, obwohl ich liebend gern nach Hause gegangen wäre, wo ein brennender Kamin auf mich wartete und ein gutes Buch, um mir die Zeit zu vertreiben. Bevor ich ging, sagte ich meinem Sekretär, in dringenden Fällen könne er mich im Bahnhofslokal finden. Auf der Straße stieß ich hinter der nächsten Ecke auf den Bürgermeister, Herrn Trippelkirsch, der auf dem Weg zu mir war. Er trug einen Mantel, einen Schal, der ihm bis zur Nase reichte, und mehrere Pullover, die seine Gestalt über Gebühr aufblähten. Er erklärte, er habe nicht früher kommen können, weil er vierzig Grad Fieber habe.
    Wir wollen doch nicht übertreiben, sagte ich, ohne stehen zu bleiben. Fragen Sie den Doktor, sagte er hinter mir. Als ich zum Bahnhof kam, traf ich dort auf mehrere Bauern, die auf einen Regionalzug aus dem Osten, dem Gebiet des Generalgouvernements, warteten. Der Zug, teilten sie mir mit, habe schon eine Stunde Verspätung. Alles schlechte Nachrichten. Ich trank einen Kaffee mit Herrn Trippelkirsch, und wir sprachen über die Juden. Ich bin im Bilde, sagte Herr Trippelkirsch, der mit beiden Händen seine Kaffeetasse hielt. Er hatte sehr weiße und schmale, stark geäderte Hände.
    Einen Moment lang dachte ich an die Hände Jesu. Hände, die es verdient hätten, gemalt zu werden. Ich fragte ihn, was wir tun sollten. Sie zurückschicken, sagte Herr Trippelkirsch. Aus seiner Nase lief ein wässriges Rinnsal. Ich wies ihn mit dem Zeigefinger darauf hin. Er schien mich nicht zu verstehen. Putzen Sie sich die Nase, sagte ich. Ah, entschuldigen Sie, sagte er, und nachdem er eine Weile in seinem Mantel gewühlt hatte, förderte er ein weißes, sehr großes, sehr sauberes Taschentuch zutage.
    ›Wie sollen wir sie zurückschicken?‹, fragte ich ihn. ›Habe ich etwa einen Zug zur Verfügung? Und selbst wenn, müsste ich ihn nicht für produktivere Dinge einsetzen?‹
    Der Bürgermeister bekam eine Art Krampf und zuckte die Schultern.
    ›Lassen Sie sie arbeiten‹, sagte er.
    ›Und wer ernährt sie? Die Stadtverwaltung? Nein, Herr Trippelkirsch, ich bin alle Möglichkeiten durchgegangen, und nur eine ist durchführbar: Sie an eine andere Behörde zu übergeben.‹
    ›Und wenn wir provisorisch an jeden Bauern unserer Region einige Juden ausleihen würden, wäre das nicht eine Idee?‹, sagte Herr Trippelkirsch. ›Zumindest bis uns einfallt, was wir mit ihnen machen können.‹
    Ich sah ihn an und senkte die Stimme.
    ›Das ist gegen das Gesetz, das wissen Sie‹, sagte ich.
    ›Gut‹, sagte er, ›ich weiß es, und Sie wissen es auch, aber unsere Lage ist nicht rosig, und wir könnten ein bisschen Hilfe gebrauchen. Ich glaube nicht, dass die Bauern sich beschweren werden‹, sagte er.
    ›Nein, bestimmt nicht‹, sagte ich.
    Aber ich dachte darüber nach, und diese Gedanken stürzten mich in einen sehr tiefen und dunklen Brunnen, in dem ich, von wenigen Funken erhellt, die wer weiß woher kamen, nur das bald lebendige, bald tote Gesicht meines Sohnes sah.
    Die klappernden Zähne von Herrn Trippelkirsch weckten mich. Geht es Ihnen nicht gut?, fragte ich. Er wollte mir noch antworten, schaffte es aber nicht und wurde kurz darauf ohnmächtig. Von dem Lokal aus rief ich in meinem Büro an und ließ einen Wagen kommen. Einer meiner Sekretäre sagte, es sei ihm geglückt, sich mit dem Griechenlandbüro in Berlin in Verbindung zu setzen, wo man jede Verantwortung von sich weise. Als der Wagen eintraf, gelang es dem Kneipenwirt, einem Bauern und mir, Herrn Trippelkirsch hineinzusetzen. Dem Fahrer sagte ich, er solle ihn nach Hause bringen und dann zum Bahnhof zurückkommen. In der Zwischenzeit spielte ich am Kamin eine Partie Würfel. Ein aus Estland emigrierter Bauer gewann jede Runde. Alle seine drei Söhne waren an der Front, und jedes Mal, wenn er gewann, kam von ihm ein

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