27 - Im Lande des Mahdi I
Sollte ich dich wiedersehen, so zerschmettere ich dich!“
Ich zog es auch jetzt vor, nicht zu antworten. Ich wußte ja, daß sehr bald eine viel bessere Gelegenheit dazu kommen werde. Diese ließ nicht lange auf sich warten, denn kaum war eine Viertelstunde vergangen, so kam der Schech el Beled mit zwei Männern, von denen jeder ein Reitkamel am Halfter führte. Ich erschrak beinahe, als ich diese beiden gesattelten Tiere erblickte. Das waren keine gewöhnlichen Reitkamele, und es stand zu erwarten, daß der Emir für dieselben eine so hohe Miete zahlen müsse, daß ich dieselbe nicht verantworten könne. Als ich dieses Bedenken gegen den Schech aussprach, antwortete er:
„Laß dir das Herz nicht schwer werden, Effendi! Nicht wir bestimmen die Höhe der Miete, sondern der Raïs Effendina sagt, wieviel er geben will. Er ist der Abgesandte des Vizekönigs und braucht eigentlich nichts zu bezahlen. Du hast jetzt nichts zu tun, als mir zu bescheinigen, daß du diese Kamele von uns empfangen hast.“
Ich gab die schriftliche Bescheinigung und zahlte zwei Taler Trinkgeld; dann verabschiedete ich mich von dem Schech und den beiden Männern. Selim und Ben Nil stiegen auf; ich reichte ihnen meine Effekten hinauf, bezahlte den Khandschi, denn der Türke hatte, obgleich ich sein Gast und Begleiter gewesen war, nichts für mich entrichtet, und verließ dann stolz zu Fuß Korosko, während meine Diener auf ihren prächtigen Tieren thronten. Würde in Deutschland jemand einem Fremden zwei solche Kamele geliehen haben?
Da ich beobachtet hatte, welche Richtung von dem Lieutenant eingeschlagen worden war, so fiel es mir nicht schwer, seine Fährte draußen vor dem Ort aufzufinden. Wir folgten derselben. Sie führte erst vom Nil ab und dann in einem Winkel auf denselben zu. Da ich gut ausschritt, erreichten wir nach wenig über einer Viertelstunde das Ufer. Er saß da unter Sträuchern, von deren saftigen Spitzen sein Reitkamel knusperte. Das meinige lag mit gefesselten Füßen entfernt vom Wasser, gegen welches es sehnsüchtig die weit offenen Nüstern richtete. Es tat mir leid, dieses Tier fasten lassen zu müsse, aber ich wußte, daß dies für uns von großem Nutzen werden könne.
Der Lieutenant war überrascht, mich in Begleitung kommen zu sehen. Da er aus meinem Bericht meine jüngsten Erlebnisse kannte, vermutete er, wer die beiden seien.
„Ich habe lange auf dich warten müssen“, sagte er, „und glaubte schon, daß du meine Spur nicht gefunden hättest. Ist dieser Jüngling vielleicht Ben Nil, von dem du mir erzählt hast?“
„Ja.“
„Und der andere ist Selim, der Held der Helden?“
„Ja, der bin ich“, nahm der Genannte mir die Antwort aus dem Mund. „Wenn du mich kennengelernt hast, wirst du staunen.“
„Ich staune schon jetzt, aber nur darüber, daß du mir antwortest, während ich doch nicht dich, sondern den Effendi gefragt habe. Wollen diese beiden etwa mit uns reiten?“
Er richtete diese letzten Worte wieder an mich, und ich beeilte mich, ihm die nötige Aufklärung zu geben. Als ich fertig war, meinte er:
„Wollen hoffen, daß diese Leute es verdienen, von solchen Kamelen getragen zu werden! Du bist der erste, und ich bin der zweite. Du kannst tun, was dir beliebt, und ich wünsche nur, daß du keinen Fehler begangen hast. Füllen wir jetzt unsere Schläuche, um dann aufzubrechen.“
An jedem Sattel hing ein Wasserschlauch, welcher gefüllt wurde; dann stiegen wir auf, um den Ritt zu beginnen. Mein Tier war schwer vom Ufer wegzubringen; es wollte trinken; als wir aber den Nil einmal im Rücken hatten, gehorchte es willig der Führung, und bald zeigte es sich, daß es besser und edler als die andern drei war.
Wir bogen zunächst nach der Karawanenstraße ein, welche erst südwestlich führte und sich dann genau nach Süden bog. Sie folgte einem Chor. So werden die Flußbette genannt, welche nur während der Regenzeit Wasser führen und außer derselben trocken liegen. Die Gegend war wild und öd; es gab zur Seite nur kahle, nackte Felsen, und die Kamele schritten über scharfes, unfruchtbares Steingeröll.
Der erste Teil des Wüstenpfades führt durch bergiges Terrain; die eigentliche Sandwüste beginnt erst nach der zweiten Tagereise und wird Bahr bela mah, Meer ohne Wasser, genannt. Diese Bezeichnung ist nicht selten; sie kommt öfters in der großen Sahara und auch drüben jenseits des roten Meeres vor. Der Araber, der Beduine, der Berber, der Tuareg, sie alle pflegen jene
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