27 - Im Lande des Mahdi I
hören.
„Allah sei uns gnädig und barmherzig!“ klagte der Scheik. „Das ist ja kein Wasser, sondern ein Brühe, welche selbst ein Kamel nicht genießen kann!“
„Wohl wahr!“ antwortete der Muza'bir betroffen. „Welch ein Unglück!“
„Schweig!“ fuhr der Mokkadem ihn an. „Von einem Unglück ist keine Rede. Wir brauchen nicht einmal den Bir Murat aufzusuchen. Wenn wir bis morgen früh warten, ist das Loch wieder voll.“
„Aber wir treffen Ibn Asl nicht, weil er schon hier war.“
„Nein! Nach dem, was wir erfahren haben, kann er dieses Wadi noch gar nicht erreicht haben.“
„Das ist doch der Fall, wie ich dir gleich beweisen werde. Kennt außer Ibn Asls Leuten und Freunden noch jemand diesen Brunnen?“
„Nein.“
„Hält das Loch Wasser?“
„Stets. Selbst im dürrsten Monat kann man vier, auch fünf Schläuche füllen.“
„Es ist aber leer, folglich ist es geleert worden, und zwar von Ibn Asl selbst, den wir hier erwarten wollten. Er ist also vorüber.“
„Der Teufel gibt dir diese Rede ein, magst du nun recht haben oder nicht. Wenn Ibn Asl schon hier gewesen ist, so sind auch seine Verfolger hinter ihm her, und er ist verloren.“
Der Scheik hatte diesen Wortwechsel mit einem Gesicht, in welchem sich das größte Erstaunen aussprach, angehört; jetzt, da der Mokkadem schwieg, sagte er:
„Der Sinn eurer Worte ist mir dunkel. Ihr sprecht von Ibn Asl. Meinst du etwa Ibn Asl ed Dschasuhr, den Sklavenjäger?“
„Ja.“
„Allah! Warum habt ihr mir das verschwiegen? Warum habt ihr mir nicht die Wahrheit gesagt?“
„Wir haben sie gesagt! Wir mieteten deine Kamele, um einen Freund hier zu treffen; dieser Freund ist Ibn Asl. Ist das etwa die Unwahrheit gesprochen?“
„Nein, aber die Wahrheit verschwiegen!“
„Bist du denn ein Feind von ihm?“
„Ja. Er hat auf einem seiner Züge die besten Kamele meines Stammes gestohlen.“
„Das ist doch kein Grund, über uns zornig zu werden! Wir wissen von jenem Diebstahl nichts; vielleicht irrst du dich!“
„Nein. Er ist mit unseren Kamelen gesehen worden.“
„So hast du jetzt die beste Gelegenheit, mit ihm quitt zu werden. Wenn er hier ankommt, kannst du mit ihm sprechen; er wird dir die Kamele bezahlen.“
„Mit einem Messer oder einer Kugel!“
„Nein, denn du stehst unter unserm Schutz.“
„Wohl mir, wenn ich das glauben darf! Warum habt ihr unterwegs so oft leise miteinander gesprochen? Ich habe dennoch verschiedenes verstanden.“
„Was hörtest du?“
„Ich hörte von einem fremden Effendi, welcher getötet werden soll, und von Soldaten, die bei ihm sind.“
„So hast du falsch verstanden“, fiel der Muza'bir ein.
„Nein, er hat richtig gehört!“ widersprach der Mokkadem.
Der Muza'bir blickte ihn erstaunt fragend an; der andere aber fuhr, sich an den Scheik wendend, gleichmütig fort:
„Da du so viel gehört hast, ist es besser, du erfährst das andere auch. Bist du ein Gegner der Sklaverei?“
„Was geht mich die Sklaverei an! Ich bin ein freier Monassir und bekümmere mich nicht um die Schwarzen.“
„So ist es recht! Du bist also auch nicht prinzipiell Gegner von Ibn Asl?“
„Nein. Er ist ein kühner Mann, und ich achte und lobe den Mut; aber unsere Kamele soll er nicht stehlen!“
„Er wird sie dir ersetzen. Sprechen wir jetzt nun von der Hauptsache! Der Khedive hat den Sklavenfang verboten. Er hat einen Raïs Effendina gesandt, welcher die Sklavenschiffe und Sklavenhändler abfangen soll. Zu diesem Raïs Effendina gehört ein Franke, ein Christenhund, den der Teufel verschlingen möge. Dieser Mensch glaubt nicht an Allah und lästert den Propheten; er befindet sich, wie wir erfahren haben, in Korosko. Nun ist Ibn Asl mit einer Sklavenkarawane unterwegs; der Raïs Effendina hat das erfahren und befindet sich mit vielen Asakern in der Gegend von Berber, um den Transport dort abzufangen. Die Karawane kann sich auch nördlicher wenden; darum hat der Raïs Effendina einen Lieutenant und einen Trupp Asaker nach Korosko zu dem Giaur gesandt, welcher diesen Weg verlegen soll. Ich weiß nun ganz genau, daß Ibn Asl diesen Pfad einschlägt und bin daher mit diesem Begleiter schleunigst aufgebrochen, um ihn vor dem ungläubigen Hund zu warnen. Ist das etwas Unrechtes?“
„Nein. Was hat ein Franke, ein Christenhund, sich um die Angelegenheiten dieses Landes zu bekümmern? Mag er in die Hölle fahren! Ich habe nichts gegen das, was er tut oder was ihr beabsichtigt; ich fürchte auch Ibn Asl
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