27 - Im Lande des Mahdi I
nicht, denn ich habe ihn nicht beleidigt, sondern er hat vielmehr mich zu fürchten, weil er der Räuber unserer Kamele ist. Wenn er kommt, so bin ich bereit, mich mit ihm zu versöhnen, falls er sich bereit erklärt, die gestohlenen Tiere zu bezahlen.“
„Er wird es tun, denn ich werde für dich sprechen.“
„Tue es, und ich will dir danken! Aber meinte der Muza'bir nicht, daß Ibn Asl schon vorüber sei?“
„Er meinte es, hat aber jedenfalls unrecht. Das Wasser ist ausgeschöpft worden. Hätte das die Sklavenkarawane getan, so würde man die Spuren des Lagers hier sehen. Ich weiß, daß Ibn Asl stets Kundschafter voraussendet; diese sind hier gewesen und haben das Loch geleert; die Karawane wird nachkommen, und bis dahin wird das Loch sich wieder gefüllt haben.“
„So laßt uns den Stein wieder darauflegen, damit die Wärme der Sonne nicht hineindringen kann. Dann hauen wir einen dieser Bäume um, um ein Feuer brennen zu können.“
„Das dürfen wir nicht“, widersprach der Mokkadem. „Die drei Bäume sind die Merkmale des Brunnens und sollen nicht verletzt werden. Wenn du ein Feuer haben willst, so brauchst du nur im Wadi nach Kameldünger zu suchen.“
Der Scheik nahm sein am Boden liegendes Gewehr auf und entfernte sich. Ich war überzeugt, daß im ganzen Wadi keine Spur von Kamelmist zu finden sei. Der Mokkadem mußte einen Grund haben, den Scheik jetzt zu entfernen; ich ahnte denselben und bekam ihn auch sehr bald zu hören, denn als der Beduine den Augen der beiden entschwunden war, meinte der Muza'bir in zornigem Ton:
„Welche Unvorsichtigkeit, diesem Scheik alles so aufrichtig zu sagen! Brauchte er zu wissen, was wir vorhaben?“
Sie saßen neben dem Wasserloch, und ihre langen Flinten lehnten am Felsen. Der Mokkadem antwortete:
„Wie kannst du es wagen, mich eines Fehlers zu zeihen! Wer hat dir erlaubt, in diesem Ton mit mir zu reden! Darf ich dem Führer etwa nicht sagen und erzählen, was mir beliebt?“
„Ich habe nichts dagegen; aber wie wird Ibn Asl es aufnehmen?“
„Mit der größten Zufriedenheit. Der Führer kann alles wissen; er wird nichts verraten, da sein Mund bald für ewig schweigen wird.“
„Du meinst, daß er sterben wird?“
„Er wird sterben, weil er sterben muß, denn er kennt nun das Geheimnis dieses Brunnens. Sobald nun die heimlichen Brunnen verraten sind, kann jeder, der kommt, sich Wasser nehmen, und dann ist es für Ibn Asl nicht mehr möglich, seine Sklavenkarawane zu tränken; er muß das Geschäft aufgeben. Darum hat er jedem Fremden, welcher einen der geheimen Brunnen entdeckt, den Tod geschworen. Sein Gruß an diesen Scheik der Monassir wird eine Kugel sein.“
„Dann wird freilich alles, was du demselben anvertraut hast, verschwiegen bleiben. Aber war es recht, ihn hierher zu führen? Du wußtest doch vorher, daß es ihm das Leben kosten werde!“
„Konnte ich anders? Wir brauchten schnell Kamele, und zwar Eilkamele. Er war der einzige, welcher solche hatte und wollte sie uns nur unter der Bedingung leihen, den Ritt mitmachen zu dürfen. Er mißtraute uns. Nun hat er die Folgen zu tragen. Ich habe ihn nach Kamelmist gesandt, um dir dies sagen zu können, ohne daß er es hört. Indem ich aufrichtig mit ihm gewesen bin, habe ich sein Vertrauen zu uns gestärkt, und er wird desto sicherer in den Tod gehen, der ihm beschieden ist. Glaubst du noch immer, daß ich unvorsichtig gehandelt habe?“
„Jetzt nicht mehr. Aber du wirst zugeben, daß du nicht immer so vorsichtig gewesen bist!“
„So! Wann hätte ich es denn an der nötigen Klugheit fehlen lassen?“
„Schon oft. Denke an die Nacht in Kahira, als dich der Giaur als Gespenst erwischte!“
„Erinnere mich nicht daran!“ rief der Mokkadem zornig aus. „Die Stunde, während welcher ich mich in der Hand dieses Hundes befunden habe, ist die unglücklichste meines Lebens, und ich ruhe nicht eher, als bis ich es ihm vergolten habe. Aber du hast kein Recht, mich zu tadeln. Bis du etwa klüger als ich gewesen? Hast du nicht in Gizeh vor ihm vom Schiff fliehen müssen? Und ist er euch nicht dann entgangen, als ihr ihn ganz sicher in dem alten Brunnen von Siut wähntet?“
„Schweig' davon! Wenn ich daran denke, so will der Ingrimm mich übermannen. Dieser Giaur hat ein Glück, wie noch kein Gläubiger es besessen hat. Er macht alle unsere Pläne zu Schanden, und wenn wir ihn fest zu haben meinen, entschlüpft er uns durch die Finger.“
„Dieses Mal entkommt er uns
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