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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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demselben den befriedigten Ausdruck und ließ mit möglichster Behaglichkeit den Rauch sich mit dem Qualm der Pechpfanne, welche in unserer Nähe stand, vereinigen. Das schien ihn zu erfreuen, denn er fragte im Ton eines Knaben, der einem anderen ein Stück Lakritzen oder eine Zuckermandel geschenkt hat:
    „Nicht wahr, sie schmeckt?“
    „Ausgezeichnet!“ erklärte ich.
    „Man sagt, der Koran verbiete die Zigarren. Was sagst du dazu?“
    „Er kann sie nicht verboten haben, weil es zur Zeit des Koran noch keine gegeben hat!“
    Er sah mir wunderlich betroffen in das Gesicht und meinte dann:
    „Allah! Das ist ja ganz richtig! Nun soll mir wieder einmal einer kommen! Aber der Tabak ist verboten, wie einige Ausleger des Koran sagen?“
    Da er sich in dieser Weise gab, so antwortete ich ganz gemütlich:
    „Laß dir nichts weismachen! Als man drüben in Amerika die Menschen zum erstenmal rauchen sah, waren seit der Hedschra achthundertsiebzig Jahre vergangen!“
    „Was du sagt! Du weißt das so genau aufs Jahr! Auch die Hedschra kennst du? Ja, ihr Deutschen wißt alles. Ich habe Deutsche gesehen und gesprochen, welche den Koran und alle Erklärungen besser, viel besser kannten, als ich selbst. Allah ist groß, und ihr Deutschen seid klug. Hast du den Kaiser von Deutschland gesehen?“
    „Oft.“
    „Und seinen großen Wesir?“
    „Bismarck? Auch.“
    „Vielleicht auch seinen berühmten Obergeneral, welcher alle Schlachten gewinnt?“
    „Mit diesen habe ich an einem Tisch gespeist.“
    „Allah! Welch ein glücklicher Mensch bist du! So bist du wohl auch ein deutscher Offizier?“
    „Nein. Ich schlage keine Schlachten, sondern ich verbrauche möglichst viel Tinte und verderbe jährlich einige hundert Stahlfedern.“
    „Ich errate! Du bist ein Gelehrter, vielleicht gar ein Musanni (Schriftsteller), welcher sich hier befindet, um über uns ein Buch zu schreiben?“
    „Erraten!“ nickte ich.
    „Das ist schön! Das ist gut! Das freut mich ungemein! Ich habe auch ein Buch schreiben wollen.“
    „Worüber?“
    „Über die Sklaverei.“
    „Das ist ein hochinteressantes Thema. Hoffentlich wirst du diesen guten Vorsatz zur Ausführung bringen?“
    „Ganz gewiß! Es fehlt mir nur eins, nur eins. Der Titel! Denn schau, der Titel ist der Kopf eines Buches, und wenn der Kopf nichts taugt, so ist der ganze Körper dumm. Aber wo nehme ich einen klugen Titel her! Du bist der Fachmann. Vielleicht kannst du mir einen guten Rat erteilen.“
    „Nun, es gibt Schriftsteller, welche sehr gute Bücher schreiben, ohne dazu gute Titel zu finden, und umgekehrt gibt es andere, deren Kopf voller vortrefflicher Titel steckt, ohne daß sie eine gescheite Seite fertig bringen.“
    „Das mag sein. Wie ist's denn bei dir?“
    „Wir haben in Deutschland eine Redensart, welche lautet: Rede, wie dir der Schnabel gewachsen ist! Verstehst du das?“
    „Ja. Man soll offen und natürlich sprechen.“
    „Gerade so schreibe ich.“
    „Welchen Titel würdest du mir raten?“
    „Nun zum Beispiel: ‚Die Sklavenpest des Sudan‘ oder ‚Sklavenmarkt und Menschlichkeit‘.“
    Ein anderer wäre über diese Ausdrucksweise wohl stutzig geworden; er aber schlug sich mit der Hand aufs Knie und rief ganz entzückt:
    „Ich hab's, ich hab's! Zwei Titel auf einmal! Und gerade die beiden, die ich auch hatte, die mir nur nicht einfallen wollten. Nun fehlt mir aber noch die Vorrede.“
    „Sollte dir nicht auch die Einleitung noch fehlen?“
    „Allerdings, denn man kann doch nicht sofort nach der Vorrede beginnen. Und dann die Sklaverei selbst. Was und wie soll ich über sie schreiben?“
    „Und dann der Schluß!“ bemerkte ich mit großem Ernst.
    „Ja, der Schluß ist die Hauptsache, denn wenn der nicht gut ist, so sieht das Buch aus wie ein Pferd ohne Schwanz. Und endlich, wenn ich fertig bin, wer wird es drucken? Weißt du das?“
    „Jetzt noch nicht. Wenn wir öfters sprechen könnten, so wäre es möglich, daß mir das Richtige einfiele.“
    Wie sonderbar! Vor kurzem noch in Lebensgefahr, saß ich jetzt an derselben Stelle in einer Unterhaltung, welche gar nicht komischer sein konnte. Als dieser Mann bei seiner Ankunft an Bord den Raïs förmlich niederschmetterte, erschien er mir wie ein Pascha mit der höchsten Zahl von Roßschweifen, und nun hörte ich, daß er ein Buch schreiben wolle, zu welchem ihm nicht weniger und nicht mehr als alles fehlte. Sein Auftreten gegen den Raïs hatte mich eine Katastrophe erwarten lassen, und jetzt

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