271 - Früchte des Zorns
zu werden. Sie berühren zu dürfen, ihr Fleisch zu streicheln und… und…
Jemand rempelte ihn an. Er stolperte, konnte einen Sturz gerade noch verhindern.
Als Matt sich umdrehte, blickte er auf das Maskengesicht des Maareschalls. Breitbeinig stand der Hüne da, die Fäuste in die Hüften gedrückt. »Sie interessiert dich, nicht wahr, mein Kleiner? Ihre Ausstrahlung erdrückt dich, und du möchtest dich am liebsten vordrängen, hin zu ihr, um ihr deine Aufwartung zu machen? - Widersprich mir nicht! Viel zu oft habe ich Menschen wie dich gesehen und erlebt, die dem Charme der Grazie erlegen sind.«
Er packte Matt am Hals und hob ihn mit einer Hand hoch in die Luft, scheinbar mühelos, trotz Matts erbitterter Gegenwehr.
»Ich sagte schon, dass ich euch beobachten würde«, fuhr der Riese unerschüttert fort. »Ich habe einen Riecher für Störenfriede. Ich warne dich und den Wicht neben dir ein letztes Mal: Bleibt fern von Jolie! Und sag das vor allem deinen beiden Weiblein. Vor allem ihnen! Sie drängen sich bereits verdächtig nahe an die Grazie heran.«
Der Maareschall entließ Matt aus der Umklammerung. Matthew sackte zu Boden; seine Beine waren kraftlos, vor seinen Augen drehte sich alles. Er blieb sitzen, hustete, japste und schnappte nach Luft.
Dann fühlte er sich gepackt und wieder auf die Beine gestellt. Manoloo stützte ihn und zog ihn beiseite, hin zu einer wenig belebten Ecke des riesigen Raumes.
Nur ganz allmählich ließen Schmerz und Taubheit in den Gliedern nach, und noch länger dauerte es, bis Matts Denkvermögen zurückkehrte.
Eigentlich musste er dem Maareschall dankbar sein. Er hatte ihn aus dieser Lethargie gerissen, die mit einer ganz besonderen Leidenschaft für die Grazie einher gegangen war.
Matt sah sich um. Er begegnete desinteressierten Blicken. Er war ein Diener. Ein Nichts. Der Maareschall, zweitwichtigste Persönlichkeit des Fürstentums, hatte ihn gemaßregelt. Wenn er es gewollt hätte, hätte der Riese ihn an Ort und Stelle töten können und keiner der Anwesenden hätte auch nur mit der Wimper gezuckt. In Monacco galt, mehr als überall sonst auf dieser Welt, das Recht des Mächtigen. Niemand gab einen Deut auf Untergebene.
»Ich habe niemals zuvor einen derart kräftigen Kerl gesehen«, sagte Manoloo. »Gegen ihn sind die Fahrer des Grau Prie unbedeutende Zwerge.«
»Mag sein.« Matt versuchte ein Lächeln, doch es missriet ihm. Seine Gesichtshaut war nach wie vor gelähmt. »Aber hast du die Angst in seiner Stimme gehört?«
» Angst? « Manoloo lachte verunsichert. »Ich glaube, deine Menschenkenntnis reicht nicht besonders weit. Der Maareschall war zornig. Bereit, dich in kleinste Stücke zu reißen.«
»O ja, das war er. Anfangs. Bevor das Gespräch auf Aruula und Tumaara kam. Dann änderte sich seine Stimmlage. Er fürchtet um seine Position. Hoorge hatte recht.«
Rings um die Grau-Prie-Fahrer hatten sich Menschentrauben gebildet. Die meisten Leute jedoch standen unmittelbar neben dem Cinquecento, aus dem sich die Grazie soeben hervorquälte. Sechs Diener umringten und stützten sie. Sie ächzten erbärmlich, während sie die dicke Frau aus ihrem metallenen Käfig befreiten und letztendlich den breiten Gang entlang schleppten.
Hin zu Aruula.
»Jolie steht auf Frauen«, erklärte Matt. »Auf Frauen, die sich ihr gegenüber kühl verhalten und ihr weniger Aufmerksamkeit schenken, als sie es gewohnt ist. Ich muss sagen, dass Aruula ihre Rolle ausgezeichnet spielt.«
»Wir müssen das Unternehmen sofort abbrechen!«, drängte Manoloo. Unruhig stieg er von einem Bein aufs andere. »Der Maareschall wird uns allen den Garaus machen!«
»Nicht jetzt. Nicht mehr.« Mit laut schlagendem Herz beobachtete Matt, wie sich die Unterhaltung zwischen Jolie und Aruula entwickelte - und wie der Maareschall darauf reagierte.
Nervös stand er da, nur wenige Schritte von den beiden Schwestern von den Dreizehn Inseln entfernt. Gewaltige Muskelpakete an Schultern und Oberarmen schoben sich hin und her, hin und her. Doch er war nicht mehr in der Lage, die Situation in seinem Sinne zu beeinflussen.
Aruula winkte Matt und Manoloo, näher zu treten.
»Das war's!« Matt atmete erleichtert auf. »Wir sind in Sicherheit. Der Maareschall wird es nicht mehr wagen, gegen uns vorzugehen.«
»Vorerst«, fügte Manoloo skeptisch hinzu.
Sie folgten Aruulas Wink und traten zu ihr, wie immer mit der einstudierten Unterwürfigkeit zweier gut dressierter Diener. »Dies sind unsere treuesten
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