2726 - Totentanz
nun auch Amyon Kial ein, »dass kein großes Risiko besteht.«
»Eben«, sagte Vemia Dhao. »Dürfen wir deshalb ehrlich zu dir sein?«
Er stützte beide Hände auf die Schreibtischplatte und beugte sich vor. »Nur zu.«
»Wir nehmen nur ungern an der Zeremonie teil.«
Nun war der Tamaron doch überrascht. »Ihr wollt hierbleiben und mich im Augenblick meines größten Triumphs allein lassen?«
Amyon lächelte und Vetris ging das Herz auf. »Würden wir so etwas jemals tun? Trotzdem nehmen wir nur ungern teil. Wir glauben, dass es tatsächlich einen Anschlag geben wird, und wir sind keineswegs davon überzeugt, dass die Sicherheitsvorkehrungen ausreichen. Wir haben Angst. Um dich, um uns, um die kleine Salia.«
Beim letzten Wort strich sie sich über den Bauch.
Macht sie es unbewusst?, fragte sich Vetris, oder will sie mich ganz gezielt beeinflussen? Sie kennt meine Schwachstelle.
»Wir möchten dich um einen Gefallen bitten«, spann Zouza Pesh den Faden weiter. »Lass eine Sicherheitszone um uns errichten, die uns auch vor dir als dem Zentrum eines potenziellen Anschlags abschirmt.«
Vetris stimmte zu, ohne groß nachdenken zu müssen. »Ich werde alles Nötige in die Wege leiten.«
Als er zehn Minuten später im Kabinett stand und den Skorpionen im Bassin dabei zusah, wie sie träge durch eine Nährbrühe trieben, zehrte er noch immer von den wenigen Augenblicken mit seinen Partnerinnen.
Was für einen krassen Gegensatz dazu stellten doch seine Skorpione dar! Obwohl er sich natürlich auch auf sie zu hundert Prozent verlassen konnte.
Vetris ging zu einem der vertikalen Aquarien. Sofort kam Bewegung in die kleinen Biomechanoiden. Sie paddelten aus der Brühe, kletterten ins Freie. Behände krabbelten sie die Wand des Kabinetts hinauf und über die Decke. Dabei hinterließen sie seltsame ornamentale Muster. So träge sie wirkten, so rasend schnell agierten sie bei einem Notfall.
Er sah ihnen nach. »Ich werde euch vielleicht bald brauchen, meine Freunde.«
Die Skorpione antworteten nicht.
Alles andere hätte ihn auch gewundert.
7.
Jäger
Apsuma, 9. Oktober 1514 NGZ
Uvan-Kollemy war unzufrieden.
So verdächtig das Verschwinden von Gador-Athinas auch war, so wenig brachte es ihn weiter.
Die Fakten lagen auf dem Tisch: Gador-Athinas hatte die Befreiung des Tomopaten zu verantworten.
Das Motiv für ein Attentat auf Vetris-Molaud ließ sich leicht herausfinden, indem man einen Blick auf Gador-Athinas' Biografie warf. Es ging ihm schlicht um Rache. Durchaus nachvollziehbar, wenn man durch die Befehle des Tamaron erst seine Frau verlor und vor Kurzem im Zug der Ghatamyz-Kampagne auch noch den Sohn.
All das hatte Uvan-Kollemy inzwischen herausgefunden. Aber es half ihm nichts, denn es blieb die große Frage: Wohin war der Tefroder mit Schechter verschwunden?
Der Agent der Gläsernen Insel stellte Gador-Athinas' Wohnung in Apsuma auf den Kopf, fand dort aber nichts, was ihm weitergeholfen hätte. Er stieß auf Holoaufnahmen des Mannes mit seiner Frau bei einer Geburtstagsfeier, bei Urlaubsreisen, bei einem Aufenthalt in den Spielkasinos von Apsuteris. Er sah Aufnahmen von Gador-Athinas' Sohn als Säugling, als Kleinkind, als junger Bursche. Er hörte Tondateien einer kindlichen Stimme, die ein Gutenachtlied sang. Und er langweilte sich bei Aufzeichnungen von noch mehr Geburtstags- oder Abschlussfeiern, die Gador-Athinas und seine Familie miteinander, mit Freunden oder mit Verwandten verbracht hatte.
Es waren die Dokumente des Lebens einer ganz normalen Familie.
Oder anders gesagt: nutzloser Kram. Trotzdem übertrug Uvan-Kollemy alles auf seinen Spiegel.
Was er jedoch nicht fand, war der Hauch eines Hinweises, wie Gador-Athinas auf Schechter gestoßen war, wie er Kontakt mit ihm aufgenommen hatte, ob es Hintermänner gab, seit wann die Vorbereitung des Attentats lief, wie die Planung aussah.
Nichts! Absolut rein gar nichts! So sehr nichts, dass Uvan-Kollemy zu zweifeln begann, dass Gador-Athinas wirklich sein Mann war.
Doch kaum stiegen diese Zweifel in ihm hoch, schob er sie auch schon beiseite. Er spürte, dass er richtig lag. Er suchte nur am falschen Ort.
Also kehrte er zur Variofabrik auf dem Mond Pector zurück, in der Gador-Athinas gearbeitet hatte. Doch die dortige Unterkunft erwies sich als nicht wesentlich ergiebiger. Eher im Gegenteil.
Die Räumlichkeiten des verschwundenen Produktionsleiters waren großzügig eingerichtet, das Mobiliar stilvoll und alles andere als billig, dennoch
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