273 - Die Wandlung
beweise dir, dass du dich umsonst sorgst.«
Sie zog ihn zu sich und umarmte ihn. »Grao… Ich weiß, du verstehst das nicht… aber…« Sie schwieg und seufzte. Was half es, ihm zu erklären, wie sehr sie ihn liebte und sich fürchtete, ihn zu verlieren? Er liebte sie nicht. Für ihn war sie eine gute Freundin und eine angenehme Bettgesellschaft. Das war mehr Nähe und Gefühl, als jeder andere Daa'mure je für einen »Primärrassenvertreter« empfunden hatte. Sie drückte sich an ihn und versuchte das heftige Schlagen ihres Herzens zu beruhigen. Es würde alles gut werden.
Grao strich durch ihre Haare und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Meine Rache ist nicht mehr wichtig«, flüsterte er. »Aber geh ruhig mit ihnen, wenn du es möchtest. Pass auf dich auf.«
»Danke.«
Sie löste sich von ihm und verschnürte das Bündel. Auf der Schwelle drehte sie sich ein letztes Mal zu ihm um, aber sie wusste nicht, was sie noch sagen sollte. Wortlos ging sie hinaus. Ihr war, als würde sie seinen Blick noch lange auf sich spüren.
***
Matthew Drax musterte die kleine Gruppe, die sich am Dorfausgang an der Palisade versammelt hatte. Die junge Arjeela schulterte eben ihren Rucksack und wies lachend auf eine der beiden übermannslangen Lanzen, die auf dem Boden lagen. »Das wird ein zusätzliches Training, das sich gewaschen hat.«
Dykestraa fuhr sich durch die dunkelblonden Haare. »Das kann dir nicht schaden. Du verwendest in letzter Zeit mehr Achtsamkeit auf deine Frisur als auf deine Muskeln. Was willst du machen, falls Lokiraas Krieger anlanden? Ihnen einen Knochenkamm entgegenstrecken?«
Bahafaa an ihrer Seite lächelte.
Matt fiel auf, dass die Kriegerin gelöster wirkte als zuvor. Als sei eine große Last von ihr gefallen. Gerade weil Bahafaa ihre Gefühle nach außen sandte, war ihm ihre bedrückte Stimmung am Vorabend überdeutlich aufgefallen. Er hatte sich dadurch selbst bedrückter gefühlt. Im Moment dagegen strahlte Bahafaa mit dem Sonnenschein um die Wette. Hermon hatte sie mit der Gruppe geschickt, um auf das Päckchen mit den Waren aufzupassen, die sie in Waarli tauschen sollten, und Bahafaa schien sich ebenso wie Aruula und die anderen auf die Reise zu freuen.
Aruula klatschte fröhlich in die Hände. »Brechen wir auf!« Sie wandte sich an Tumaara, die in einer Lederrüstung an ihrer Seite stand. Sie trug ein Kurz- und ein Langschwert an der Hüfte und wirkte wie der geheimen Arena Romaas entsprungen. »Hast du auf Ludmeelas Karte eine gute Wegstrecke gefunden und einen Ort, an dem wir die Nacht verbringen können?«
Tumaara nickte. »Ich habe auch zwei weitere Kriegerinnen befragt. Es gibt mehrere kleine Höhlen nach etwa zwei Dritteln der Strecke. Sie liegen auf einem Hochplateau und sind nur über einen schmalen Grat zu erreichen. Die Izeekepirs klettern dort nicht hinauf, weil sie zu schwer und zu breit sind.«
Aruula nickte zufrieden und warf Matt einen Blick zu.
Er lächelte sie an und ging neben ihr hinter Tumaara her, die die Gruppe mit Hilfe der Karte anführte. Der erdige Weg schimmerte im Mittagslicht und es war angenehm warm. Hoch über ihnen kreiste ein Falke im Himmel. Weiter unten floh ein Schwarm Kolks, der sich offenbar von dem Falken bedroht fühlte. Duftende Kräuterwiesen und Felder breiteten sich vor ihnen aus. Die Stimmung war friedlich, fast ausgelassen.
Trotzdem war Matt wachsam. Er wusste, wie gefährlich die Izeekepirs waren, und hatte den Driller im Gürtelholster stets griffbereit. Jetzt hob er das Fernglas, das an einem Lederriemen um seinen Hals hing, und blickte über die Baumwipfel zu den Bergen hin, die sich im hinteren Teil der Insel erstreckten. Einer von ihnen hatte eine weiße Spitze, die ihn wie einen Zuckerhut aussehen ließ. Die Kriegerinnen nannten ihn Waateruu, den weißen Berg. Sie kannten viele Geschichten über ihn, die von bösen Geistern, Göttern und Izeekepirs handelten, den weißen Dämonen Orguudoos.
Angeblich geschah es hin und wieder, dass bei der Geburt ein fremder Geist in die Leiber der Izeekepirs eindrang, der Böses im Sinn hatte und von Orguudoo selbst beherrscht wurde. Es waren die typisch abergläubischen Märchen und Mythen einer archaischen Gemeinschaft, die Matt nicht erschrecken konnten.
Sorgfältig suchte er den schmalen Weg vor ihnen durch das Fernglas mit seinen Blicken ab. Es war nichts Ungewöhnliches zu sehen.
Arjeela und Dykestraa trugen die schweren Lanzen, die extra für die übermannsgroßen Leiber der Izeekepirs
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