276 - Die Genesis des Arthur Crow

Küstennähe zwischen den Korallen lag, fand er keine Ruhe. Erst wenn es vernichtet oder - wenn das nicht möglich war - in einem tiefen Brunnen versenkt und mit Geröll überdeckt war, konnte er dieses düstere Kapitel hier abschließen.
    Es gefiel Matt nicht, dass sie, was die Natur des Steins anging, immer noch komplett im Dunkeln tappten. Woher stammte er? Hatten ihn einst die Nazis gefunden, wie eine Prägung auf seiner Hülle aus Harz vermuten ließ? Und war er wirklich nur durch die Durchquerung des Zeitstrahls und die Kollision mit der Karavelle zur Bedrohung geworden - oder hatte dieses Potenzial schon vorher in ihm geschlummert?
    Zwar hatte Aruula einige Informationen von dem Schattenmönch Bartolomé de Quintanilla bekommen, doch die reichten nicht aus, um ein klares Bild zu gewinnen.
    Darum suchten sie seit gestern nach dem versunkenen Stein. Sie hatten Seile am Meeresboden gespannt und ein Areal von etwa fünfzig Quadratmetern in gleich große Vierecke unterteilt, die sie nun systematisch abarbeiteten. Bislang ohne Ergebnis.
    »Wann werden wir aufbrechen?«, fragte Aruula. »Ich spüre deine Zerrissenheit. Du willst fort.«
    Sie selbst wäre gern noch geblieben, das spürte er. Aber sie war die loyalste Person, die er kannte - auch wenn sie ab und zu, verbal und tatsächlich, die Krallen ausfuhr.
    »Sobald es hier nichts mehr tun gibt. Wir müssen diesen Stein unbedingt finden.«
    Sie nickte. »Er darf nie wieder sein Unwesen treiben.«
    ***
    Sie hatte Maddrax nichts von ihrer Begegnung mit Ivee erzählt, ohne genau zu wissen, warum nicht. Doch dann, auf dem Weg zum Strand, kam ihnen das Mädchen entgegen gerannt.
    »Ich habe mit ihnen gesprochen!«, rief sie. »Sie erlauben es mir!«
    Maddrax sah Aruula fragend an, während sie stehenblieben. »Wer ist das?«
    »Eine… Freundin.«
    Ivee hörte es und richtete sich auf den Zehenspitzen auf, um noch größer zu wirken. Offenbar machten Aruulas Worte sie stolz. »Wir kennen uns schon ewig «, behauptete sie mit einer beiläufigen Handbewegung.
    »Kann ich mir vorstellen«, spöttelte Maddrax. »Wahrscheinlich habt ihr schon im Sandkasten zusammen gespielt.«
    Ivee stutzte. Dann wandte sie sich besorgt an Aruula und flüsterte ihr zu: »Ist er nicht ganz…?« Mit dem Zeigefinger machte sie kreisende Bewegungen in Höhe ihrer Stirn.
    »Manchmal«, gab Aruula ebenso leise, aber auch gerade laut genug zurück, dass ihr Gefährte sie verstehen konnte. »Aber er ist harmlos.«
    »Und inzwischen sogar stubenrein«, fügte Maddrax grinsend an. »Worum geht's hier eigentlich?« Er sah Ivee an. »Wer hat dir was erlaubt?«
    Ivee verschränkte die Arme vor der Brust. »Meine Eltern haben ja gesagt«, erklärte sie in gewichtigem Tonfall.
    Maddrax seufzte. »Zu was haben sie ja gesagt? Wirst du daraus schlau, Aruula?«
    Aruula entschied sich, ihn kurz und knapp über ihre frühmorgendliche Begegnung zu informieren.
    Verblüfft sah er sie an. »Du warst schon vor Tagesanbruch unterwegs?«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Du hast geschlafen wie ein Stein… womit wir beim Thema wären. Ivee will sich unbedingt an der Suche nach dem Steinwesen beteiligen. Ich habe ihr gesagt, dass es viel zu gefährlich wäre, aber sie lässt nicht locker.«
    Maddrax nickte ernst. »Es ist zu gefährlich. Außerdem brauchen wir dich nicht. Die besten Taucher -«
    » Ich bin die Beste«, fiel Ivee ihm ins Wort. »Soll ich's noch mal beweisen?« Schon war ihre Hand in der Tasche ihres Kleids, saß die Klammer auf der Nase, presste Ivee die Lippen fest aufeinander.
    »Um Himmels willen, was tut sie da?«
    »Die Luft anhalten.« Aruula trat vor und pflückte die Klammer von Ivees Nase.
    Das Mädchen sah zornig zu ihr hoch, hielt aber den Mund weiter geschlossen und machte keine Anstalten, den Atemstreik zu unterbrechen.
    »Nein«, sagte Aruula entschieden.
    Maddrax hingegen zeigte sich beeindruckt. »Sie ist gut. Wirklich gut. Trotzdem…« Er strich ihr übers Haar. »Geh nach Hause, Ivee. Das hier ist Erwachsenenkram.«
    Empört wandte sich das Mädchen an Aruula. »Und der soll nicht verrückt sein? Pah!« Mit diesen Worten ließ sie die beiden stehen und stampfte davon, als hätte sich ihr Körpergewicht vor Wut plötzlich verdreifacht.
    »Wer die mal zur Frau kriegt, kann sich warm anziehen«, seufzte Maddrax.
    Aruula schüttelte den Kopf und widersprach im Brustton der Überzeugung: »Falsch. Glücklich schätzen kann er sich. Ivee hat Feuer. Eine Frau ohne Temperament ist keine