277 - Xij
zu essen bringen«, sagte Axya, bevor sie hinausging. »Bis dahin könnt ihr euch kennenlernen.«
Als sie weg war, warf sich Aruula auf ein Strohlager, hüllte sich in eine Decke und schloss die Augen. Ob sie aber schlief, erkannte niemand.
Matt war nicht weniger erschöpft. Der lange Flug, der Sturm und die ganze Aufregung nach der Bruchlandung hatten ihn mitgenommen. Dass Duncayns gutaussehende und dabei bemerkenswert uneitle Tochter sich für sie einsetzte, wusste er zu schätzen.
Axya war energisch und einnehmend. Dass sie Xij als ihren Bräutigam in spe ausgab, war wohl mehr Vorwärtsverteidigung gewesen. Xij war kaum länger hier als Aruula und er und befand sich auf der Flucht. Dass er bald aus dieser Gegend verschwinden wollte, hatte er schon angedeutet.
»Wenn wir zusammenarbeiten sollen«, sagte Matt und nahm auf einem Hocker Platz, »sollten wir vielleicht etwas mehr übereinander wissen.«
Xij setzte sich im Schneidersitz auf das Strohlager neben Aruula. »Dann erzähl mal was über euch.« Er deutete auf Matts Driller. »Wie du an die Waffe gekommen bist, zum Beispiel.«
Matt schaute Xij verblüfft an. »Ich hab sie von einem Händler in Landán erworben«, schwindelte er.
Xij runzelte die Stirn. »Landán? Meinst du London? Ich kenne die Stadt. Ich hab da mal… gewohnt. Ist lange her.« Er musterte Matt intensiv. »Es war nicht zufällig ein Händler in Washington, hm?«
Matt schüttelte den Kopf: Ein Händler war es nun wirklich nicht gewesen. »Was weißt du über Washington?«
»Dort war ich auch mal. Ist auch lange her.«
»Hast du da auch gewohnt?«
»Ja. Meine Erinnerung ist verschwommen. Ich war noch jung.«
»Wie alt bist du jetzt?«
Achselzucken. »Neunzehn?«
»Du weißt es nicht genau?«
Kopfschütteln.
»Wo warst du zuerst?«, fragte Matt. »London oder Washington?«
»London.« Xij zuckte die Achseln. Sein Blick richtete sich nach innen. »War 'ne wilde, ausschweifende Zeit. Hab jede Nacht woanders gepennt. Gepafft wie'n Schlot und jede Menge chemische Substanzen eingeworfen. Und viele interessante Typen kennengelernt.« Seufzen. »Die sind jetzt alle tot.«
Aruula öffnete die Augen. Matt und sie tauschten einen Blick. Obwohl seine Gefährtin nichts sagte, wusste Matt, dass auch sie den eigenartigen Wechsel im Tonfall und in der Ausdrucksweise Xijs als sonderbar empfand. Manche Redensarten konnte sie nicht verstehen. Matt fragte sich, vor wem Xij floh. War es wirklich ein Mordkommando seines Onkels?
»Ihr seid nicht auf 'ner Vergnügungsreise, was?«
»Nein.« Matt schüttelte den Kopf.
»Ihr braucht 'n Transportmittel.«
»So ist es.« Matt nickte.
Xij beugte sich vor. »Ich hab das Gefühl, du weißt, was 'n Schaltkreis ist, Commander.«
»Und ob.« Matt lächelte. »Wenn ich lange genug nachdenke, fällt mir vielleicht sogar der nullte Hauptsatz der Thermodynamik wieder ein.« Er dachte nach. »Wenn ein System A sich mit einem System B, sowie B sich mit einem System C im Gleichgewicht befindet, so befindet sich auch A mit C im thermischen Gleichgewicht.«
Aruulas Kinnlade sank herab.
Xij lächelte. »Anders formuliert, das Gleichgewicht ist transitiv.«
Matt nickte. Er war ziemlich fassungslos, versuchte es aber zu verbergen. Dass Xij nicht das war, was er zu sein vorgab, stand fest. Andererseits gab er überhaupt nicht vor, irgendetwas zu sein. »Deiner Frage entnehme ich, dass du meine Hilfe brauchen könntest. Wobei?«
Xij deutete zum Fenster hin. »Beim Verschwinden aus dieser Gegend.«
»Du willst also nicht Axyas Bräutigam werden?«
Ein eigentümliches Lächeln verzog Xijs schmale Lippen. »Ich wäre eigentlich gar nicht abgeneigt, aber…« Kopfschütteln. »Irgendwann würde sich herausstellen, dass ich nicht der Typ bin, den Duncayn sich als Erzeuger seiner Enkel wünscht.«
»Du willst also weg.«
»Ich muss .« Xij nickte. »Und zwar schnell. Ich bin hier nicht sicher.« Ein Räuspern. »Ich bin vermutlich in ganz Großbritannien nicht sicher.«
»Großbrit…?« Aruula setzte sich hin.
»Ein alter Name für Britana«, sagte Matt. »Ein uralter Name. Xijs Wissen ist beeindruckend.«
»Ich bin, wie gesagt, viel rumgekommen«, fuhr Xij fort. »Mein Vater war Kauffahrer. Sein bester Freund war Seemann. Er hieß Roobur und hat als junger Mann hier gelebt, zufälligerweise als Gefolgsmann Duncayns. Oder sagen wir: als Räuberlehrling, denn er war erst fünfzehn, als er zu uns kam. Er hat meinem Vater von…« Er stand auf und deutete, wie an
Weitere Kostenlose Bücher