28 - Im Lande des Mahdi II
Schweigen auf eine meiner Fragen kostet dich einen Finger. Das merke dir. Ich scherze nicht. Sieh hier das Messer! Gibst du nicht sofort Antwort, so schneide ich! Du hast, als ihr bei Faschodah uns entkamt, mich laut verhöhnt; das wird dir nun vergolten. Ich werde dir beweisen, daß ich der Herr über dich, über dein Leben und über alle deine Glieder bin! Bist du allein hierher gekommen?“
Dieser Türke machte Ernst. Es konnte mir nicht einfallen, zu schweigen; aber noch viel weniger fiel es mir ein, ihm die Wahrheit zu sagen, da es mein Leben galt. Eins war mir noch unerklärlich. Man hatte unser Boot gefunden und sich desselben bemächtigt; aber man sprach nicht von Abu en Nil und dem Djangeh, welche sich doch darin befunden hatten. Wohin waren die beiden geraten? Sie hatten das Boot verlassen. Zu welchem Zweck? Um uns zu retten? Ich traute dem alten Steuermann keinen so männlichen Entschluß zu. Auch war er wohl kaum der Mann, denselben auszuführen. Es wäre für die beiden am klügsten gewesen, sofort nach dem Schiff zurückzukehren und dasselbe noch während der Nacht herbeizuholen.
Daß der Türke in unserer Gegenwart von dem Fischfang sprach, war eine Dummheit von ihm. Wir wurden dadurch mit der Situation bekannt, und es konnte sich uns doch immerhin eine Gelegenheit bieten, dieselbe auszunützen. Ich antwortete auf seine Frage:
„Ich bin nur mit Ben Nil hier.“
„Wo ist der Raïs Effendina?“
Ich tat, als ob ich mit der Sprache nicht gern heraus wollte, da bückte er sich zu mir nieder, ergriff meinen linken Daumen, setzte das Messer an denselben und drohte:
„Antworte, sonst schneide ich! Wo ist er?“
„Er ist drüben im Bahr el Dschebel und sucht nach euch.“
„Warum bist du nicht bei ihm?“
„Weil ich nicht glaubte, daß eure Seribah da drüben sei.“
„Wer hat es euch denn gesagt, daß sie drüben am Bahr el Dschebel liegt?“
„Ein Bongo-Krieger, Agadi.“
„Ah, also doch! Wohin wollte er?“
„Nach Faschodah, um Soldat zu werden.“
„Ihr habt ihn wohl auf euer Schiff genommen und ihn durchsucht?“
„Ja. Aber wir fanden nichts.“
„Fragtet ihr nach unserer Seribah?“
„Nein, denn wir kannten deren Namen nicht; aber wir fragten ihn nach Ibn Asl, und da sagte er, daß er ihn kenne, Ibn Asl habe eine Seribah Aliab droben in der Gegend, welche Bahita heißt.“
„Ihr glaubtet es?“
„Der Raïs Effendina glaubte es, ich aber traute dem Mann nicht; darum nahm ich, als der Raïs Effendina im Bahr el Dschebel aufwärts segelte, das Boot und ruderte mit Ben Nil den Rohl empor, um nach euch zu suchen.“
„Ich habe gehört, daß du bei Ibn Mulei, dem Sangak der Arnauten, warst. Wie geht es diesem?“
„Gut. Dieser Kerl ist schuld, daß ich Faschodah verlassen mußte. Ich hatte entdeckt, daß er es mit den Sklavenjägern hält; er hatte mich gefangengenommen und zu euch schaffen lassen. Es gelang mir, zu entkommen. Ich zeigte ihn in Faschodah an; aber er besaß das Vertrauen des Mudir in einem solchen Grad, daß dieser nicht mir, sondern ihm glaubte. Ich mußte fort und war froh, daß ich nicht die Bastonade bekam.“
„Dir ist sehr recht geschehen“, lachte der Türke. „Wenn es dir leid tut, dort keine Prügel bekommen zu haben, so kannst du dich trösten, denn wir werden das hier nachholen. Also der Bongo-Krieger Agadi wollte in Faschodah Soldat werden? Hatte er Hoffnung, angenommen zu werden?“
„Ja. Er wollte sich direkt an den Sangak der Arnauten wenden.“
„Ihr seid albern, außerordentlich albern! Ihr seid die Söhne und Enkel der Dummheit und des Unverstandes. Ihr dünkt euch klug und weise zu sein und seid doch so albern, daß es einen erbarmen möchte. Weißt du, wer dieser Bongo eigentlich war?“
„Nun?“
Der dicke Türke hatte einen sehr überlegenen, triumphierenden Ton angenommen. Er glaubte, daß wir überlistet worden seien, und das tat ihm, den Allah nicht mit einem hervorragenden Verstand begabt hatte, außerordentlich wohl. Er antwortete in stolzem Ton auf meine kurze Frage:
„Er ist gar kein Bongo, sondern ein Dinka. Wir haben hundertfünfzig Dinka gemietet, und er ist der Anführer dieser Krieger.“
„Alle Teufel!“ rief ich aus, indem ich mich überrascht stellte.
„Ja“, lachte er. „Ihr seid in eine prächtige Falle gegangen. Er hatte einen sehr wichtigen Brief bei sich. Hättet ihr diesen erwischt, so hätte es uns schlimm ergehen können. Ihr seid aber viel zu dumm, hinter so etwas zu kommen. Er war auch
Weitere Kostenlose Bücher