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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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angestellt, euch irrezuleiten. Er sollte euch in den Bahr el Dschebel schicken.“
    „Nun, mich hat er doch nicht irregeführt!“
    „Aber die andern!“
    „Ich habe euch gefunden!“
    „Was nützt euch das? Ihr beide werdet morgen früh hingerichtet. Der Raïs Effendina braucht einen ganzen Monat, um hinauf nach Bahita zu kommen. Es sind von heute an wenigstens fünfzig Tage nötig, bevor er, nachdem er seinen Irrtum eingesehen hat, uns hier finden kann. Dann ist Ibn Asl längst zurück und wird ihn so willkommen heißen, daß er das Fortgehen für alle Zeiten vergißt.“
    „Allah, Allah!“ rief ich aus. „Dieser Dinka ist ein großer Schurke gewesen!“
    „Ein gescheiter Kerl war er, zehnmal klüger als ihr alle zusammengenommen! Du bist so verrückt gewesen, die Tollkühnheit zu besitzen, zu zweien eine feindliche Seribah aufzusuchen. Jetzt kommt der Lohn; jetzt kommt die Strafe. Du bist in den sicheren Tod gelaufen. Und nun sage mir doch einmal, wie war es dir denn auf dem Schiff bei Faschodah möglich, aus meiner Kajüte hinunter in das Boot zu kommen?“
    „Ich hatte zwei Messer mit“, log ich, da ich seine Schwester nicht verraten durfte. „Ihr hattet das eine nicht gefunden. Es fiel mir aus der Tasche, und so war es uns möglich, einander die Fesseln zu durchschneiden. Dann kletterten wir an der Ankerkette hinab in das Wasser und schwammen nach dem Boot, welches noch am Schiff hing.“
    „So, also so ist es zugegangen! Nun, so wollen wir uns heute doch besser vorsehen. Man sagte mir zwar, daß euch alles abgenommen worden sei, aber ich werde euch doch lieber noch einmal durchsuchen lassen, und dann werdet ihr in die Dschura ed dschaza geworfen, welche ihr erst früh verlassen werdet, um in den Tod zu gehen.“
    Dschura ed dschaza heißt zu deutsch ‚Grube der Strafe‘. Die Asaker bei den Sklavenfängern sind nämlich sehr unbotmäßige, verwilderte Menschen, denen es nicht darauf ankommt, sich zuweilen gegen ihre Herren aufzulehnen. Aus diesem Grund sind Gefängnisse nötig. Da sich aber ein Tokul, ein so leichtes Bauwerk, wie es sie in jenen Gegenden ganz ausschließlich gibt, nicht dazu eignen würde, so gräbt man einfach fünf oder mehr Meter tiefe senkrechte Gruben, in welche die Verbrecher geworfen werden. Sie können da nicht entfliehen, weil die glatten, senkrechten Wände unmöglich zu erklettern sind. Eine solche Grube wird Dschura ed dschaza, die Grube der Strafe, genannt.
    Da die Seriben fast alle am Nil liegen und die Gruben tief sind, so kann man sich denken, daß der Grund derselben feucht, moderig, ja schlammig ist, daß allerhand Unrat da abgeworfen wird, allerhand Ungeziefer dort sein Wesen treibt und ich mich nicht gerade begeistert fühlte, als ich hörte, daß ein solches Loch uns zum Aufenthalt dienen solle.
    Wir wurden noch einmal sehr genau durchsucht und dann hinaus ins Freie und nach der Grube geschleift, neben der eine Art Leiter lag, die Länge derselben ließ erraten, daß das Loch ungewöhnlich tief sei. Man legte diese Leiter hinein, ließ uns auf derselben hinabgleiten und zog sie dann empor.
    „Schlaft wohl!“ rief uns von oben der Türke noch höhnisch zu. „Allah gebe euch angenehme Ruhe und noch angenehmere Träume!“
    Das waren dieselben Worte, welche mich schon einmal hatten ärgern sollen und die ich dann wieder zurückgegeben hatte. Würde ich sie auch heute ihm wiedergeben können? Wohl schwerlich! Ja, wenn der alte Steuermann mit dem Dinka auf das Schiff zurückgekehrt wäre, dann hätten wir auf Rettung hoffen können. Doch gab ich den Mut nicht ganz auf.
    Die Sklavenjäger hatten sich entfernt. Die Sterne leuchteten zu uns herab, und um uns raschelte und kribbelte und krabbelte es. Wir waren nicht die einzigen lebenden Wesen in diesem nächtlichen Aufenthalt, was aber leider kein Trost für uns war.
    Wir glaubten, ohne Beaufsichtigung zu sein; aber nach einiger Zeit rief uns eine Stimme von oben zu:
    „Wie befindet ihr euch, ihr Hunde? Habt ihr mit den Skorpionen und Ratten schon Brüderschaft gemacht?“
    Wir antworteten nicht. Es war Unsinn, uns einen Wächter zu geben, denn selbst wenn wir ungefesselt gewesen wären, hätten wir nicht hinauf gekonnt. Wir hatten gehört, daß zehn Personen fischen gehen wollten. Zwei waren zurückgeblieben. Einer saß hier bei uns; der andere befand sich jedenfalls vorn am Eingang der Seribah. Nach wenigen Minuten hörten wir unsern Wächter wieder sprechen.
    „Wer kommt da?“ fragte er.
    Er erhielt eine

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