28 - Im Lande des Mahdi II
stündlich.“
„Es ist also sein Schiff, welches du hier sehen willst?“
„Ja. Er kommt, und Ibn Asl liegt im Hinterhalt.“
„Will er das Schiff des Raïs Effendina angreifen?“
„Das kann ihm nicht einfallen. Das Schiff ist so gebaut und bewaffnet, daß wir trotz unserer Überzahl sehr leicht den kürzeren ziehen könnten. Wozu überhaupt kämpfen, wobei es selbst auf der Seite des Siegers Verwundete und Tote gibt! Man kann einen Feind auf andere Weise unschädlich machen.“
„Wie denn, zum Beispiel?“
„Man nimmt zum Beispiel –“
Ich war außerordentlich gespannt, das Folgende zu hören. Wenn der Mann diesen Satz aussprach, so erfuhr ich alles, was ich wissen wollte, und brauchte mich gar nicht zu Ibn Asl und in Gefahr zu begeben. Leider aber hielt er schon beim vierten Wort inne, legte sich, wie erschrocken, die Hand auf den Mund und fügte dann hinzu:
„Fast hätte ich da mehr gesagt, als ich wohl verantworten kann. Du hast ein so Vertrauen erweckendes Gesicht, daß ich dir alles sagen könnte, ohne zu fragen, ob ich auch wohl das Recht dazu habe. Ich will aber schweigen. Ibn Asl mag es dir selbst mitteilen, und ich bitte dich, ihn ja nicht merken zu lassen, daß ich so gesprächig gegen dich gewesen bin.“
„Ich bin nicht sehr mitteilsam. Du kannst ruhig sein. Weißt du denn gewiß, daß der Raïs Effendina kommen wird? Der Mann soll nicht nur schlau, sondern auch sehr vorsichtig sein.“
„Was das betrifft, so ist der Giaur, der christliche Effendi, noch weit mehr zu fürchten, wie uns gesagt worden ist. Ibn Asl hat dem Raïs Effendina eine Falle gestellt, in welche er sicher gehen wird.“
„Kennst du diese Falle?“
„Ja. Eigentlich sollte ich nicht davon sprechen; aber du bist ein Sklavenhändler und wirst mit uns ziehen, und da du schon so viel weißt, kannst du das auch noch erfahren. Wir haben ihm nämlich auf eine Weise, daß er es glauben muß, weisgemacht, daß ein großer Sklaventransport bei der Dschesireh Hassanieh über den Nil gesetzt werden soll. Er kommt also ganz gewiß, um denselben abzufangen, und wird dabei in sein Verderben laufen.“
Damit war das Gespräch zu Ende, wenigstens so weit es für mich Wichtigkeit hatte. Ich hätte zwar gar zu gern noch erfahren, auf welche Weise der Raïs Effendina unschädlich gemacht werden solle, denn wußte ich das, so wußte ich eben alles und brauchte ihm nur entgegenzugehen, um ihn zu warnen; aber ich durfte nicht weiter in den Mann dringen; er hätte leicht mißtrauisch werden und Verdacht schöpfen können.
Wir saßen noch eine Stunde lang beisammen, unsere Aufmerksamkeit nilabwärts gerichtet. Ich war vielleicht noch mehr gespannt als der Wächter, denn wenn der Raïs jetzt vorüber kam, ohne daß ich ihn auf irgendeine Weise zu warnen vermochte, so war er verloren. Glücklicherweise aber blieb er noch aus.
Nun kam das Aschia, das Abendgebet, eine Stunde nach Sonnenuntergang, und dann konnten wir aufbrechen. Ich hatte nicht gefragt, in welcher Weise das geschehen sollte, erfuhr es aber jetzt, denn der Mann sagte:
„Wir werden reiten. Wir gehen zu dem Scheik el Beled, um uns für euch Pferde geben zu lassen.“
„Wird er sie uns geben, da er uns doch nicht kennt?“
„Er würde sich nicht weigern, da ja eure Kamele hierbleiben, und das sind, wie ich gesehen habe, keine wertlosen Tiere. Aber er tut es auch Ibn Asl zuliebe.“
„Kennt er ihn?“
„Er ist unser heimlich Verbündeter. Du weißt, daß wir Sklavenjäger überall Helfer haben müssen, welche uns beraten oder warnen; er ist einer von ihnen. Ich werde ihm, wenn ich vor Tagesanbruch zurückkehre, die Pferde wiederbringen.“
Der Scheik war allerdings bereit, uns die Tiere zu borgen; er wies sogar die Bezahlung, welche ich ihm bot, zurück. Wir stiegen auf und ritten davon, in die finstere Nacht hinein, denn der Schein der Sterne hatte noch nicht die spätere Stärke erreicht.
Es ging wohl eine Stunde lang gerade südwärts, wie ich merkte, in die Steppe hinein; dann bogen wir östlich nach dem Fluß zu. Einzelne Bäume erschienen. Sie wurden nach und nach dichter, bis wir uns im Wald befanden. Wir mußten da unter einem großen Baum halten bleiben, während unser Führer sich entfernte, um, wie er sagte, Ibn Asl von unserer Ankunft zu benachrichtigen und ihn zu fragen, ob er uns zu ihm bringen dürfe. Wir stiegen ab.
„Hast du Angst, Effendi?“ flüsterte Ben Nil mir zu.
„Nein, aber gespannt bin ich sehr.“
„Ich auch. Wenn man uns
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