28 Minuten
hatte, war ihr Haar hochgesteckt und ihr Ausdruck streng und geschäftsmäßig gewesen. Jetzt, wo sie ihm gegenübersaß, reichte ihr braunes Haar bis über die Schultern, und sie lächelte ein wenig verspielt. Derart entspannt, die mandelförmigen Augen halb geschlossen, war sie bildhübsch. Außerdem wurde ihm klar, dass sie mindestens zehn Jahre jünger war als er. Er nahm noch einen Schluck von seinem Drink und schaute weg.
Er fragte: »Können wir irgendwie beweisen, dass die Turnschuhe des Schützen auf dem Videoband dieselben sind, die Carmichael anhatte?«
Liciano fischte eine Olive aus ihrem Martini und steckte sie in den Mund. Während sie kaute, schaute sie nachdenklich. »Wenn das Profil der Sohle auf dem Band zu sehen wäre, dann vielleicht«, sagte sie. »Ansonsten, fürchte ich, können wir höchstens beweisen, dass es sich um dieselbe Marke handelt.«
»Trotzdem sollte ich genug Indizienbeweise gegen Carmichael zusammenhaben«, sagte Resnick. »Wir haben dieselbe Turnschuhmarke, eine unerklärliche Abwesenheit von Blut auf seinem Körper und seiner Kleidung und Ihre Computeranalyse, die zeigt, dass der Schütze dieselbe Größe und dasselbe Gewicht hat wie der Tote. Jetzt muss ich nur noch das Gericht davon überzeugen, mir Zugriff auf seine Telefondaten zu gewähren.«
»Und dann?«
»Wenn ich rausfinde, dass er Dan Wilson angerufen hat, kann ich damit anfangen, Beweise gegen den zusammenzustellen. Im Moment habe ich keine harten Fakten, die Wilson mit irgendetwas in Verbindung bringen. Aber wenn das Gericht mir erlaubt, seine Telefonanrufe und seine Kontobewegungen durchzusehen, werde ich etwas finden.«
Resnick konnte sehen, dass seine Verlegenheit sie erheiterte. Er spürte die Hitze in seinen Wangen und wusste, dass er errötete, was ihm nur noch peinlicher war. Den Blick fest auf sein Glas gerichtet, murmelte er: »Ich bin absolut überzeugt davon, dass Wilson hinter diesem Banküberfall steckt. Ich muss das jetzt nur noch beweisen.«
»Alex, warum guckst du mich nicht an?«
Langsam, unsicher, sah er zu ihr hinüber. In ihrem Blick lag eine schwelende Hitze. Ihre Lippen öffneten sich zu einem amüsierten Lächeln.
»Bist du Frauen gegenüber immer so schüchtern?«, fragte sie.
»Kathleen ...«
»Kat.«
»Kat«, sagte er. Der Name brachte ihn zum Lächeln. Er passte wirklich ausgezeichnet, wegen der Augen und des grazilen katzenhaften Körperbaus. »Ich finde dich unglaublich hübsch«, gestand er. »Ich bin wirklich gern hier bei dir, aber ich sollte es nicht sein.«
Ein Schleier legte sich über ihren Blick. »Du bist verheiratet«, sagte sie.
»Geschieden. Ich habe da noch ein paar Probleme, die ich klären muss, bevor ich wieder mit jemandem ausgehen kann.«
Ihre Züge entspannten sich. Sie nippte an ihrem Wodka-Martini und leckte sich über die Lippen. Es waren wundervolle Lippen. Resnick konnte seinen Blick gar nicht von ihnen lösen.
»Sofern du also wirklich geschieden bist, sollten wir uns doch auch gemeinsam mit deinen Problemen beschäftigen können«, sagte sie.
»Es ist kompliziert.«
»Liebst du deine Ex immer noch?«
»Nicht wirklich. Sie bedeutet mir etwas, das wird wahrscheinlich auch immer so bleiben. Aber ich sehe sie nicht und spreche nicht mit ihr.« Sei Blick ging wieder Richtung Glas. »Außerdem hat sie vor Jahren wieder geheiratet.«
»Vor Jahren?«
Resnick nickte.
»Alex, wie lange ist deine Scheidung her?«
Er musste sich zurücklehnen und nachdenken, bevor ihm klar wurde, dass es acht Jahre waren. Als er Liciano das sagte, klang es selbst in seinen Ohren merkwürdig.
»Und in der ganzen Zeit bist du mit niemandem ausgegangen?«
Langsam schüttelte er den Kopf, es war peinlich und demütigend. Erst in diesem Moment war ihm klar geworden, dass es schon so lange her war. Acht Jahre, in denen er einfach nur einen Tag nach dem anderen überstand, aber nicht wirklich lebte.
»Alex, erzähl mir, was mit dir los ist.«
Er hob den Blick, sah sie an und spürte, wie ihre Augen ihn förmlich aufsaugten. Sie zeigten immer noch dieselbe Intensität wie zuvor, aber jetzt lag auch Trauer in ihrem Blick, Mitgefühl. Gott, er wollte es ihr erzählen, aber wie sollte er? Wie konnte er ihr von seinem Jungen berichten? Wie konnte er über Brian sprechen und damit eingestehen, dass sein Junge tatsächlich nicht mehr da war?
Resnick schüttelte den Kopf. »Es ist zu kompliziert, um jetzt darüber zu reden«, sagte er.
Sie saßen da und starrten einander an,
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