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28 Tage lang (German Edition)

28 Tage lang (German Edition)

Titel: 28 Tage lang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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habt ihn getötet, egal wie du dir das zurechtlegen willst.»
    Daniels Gerede machte mich zornig. Amos, Ben und ich litten schon genug unter dem, was geschehen war, da wollte ich mir nicht auch noch Vorwürfe anhören. Am liebsten hätte ich ihn geschlagen. Stattdessen sagte ich: «Wir konnten nicht anders»
    «Man kann sich immer entscheiden. In jeder Lage. Und ihr habt euch falsch entschieden.»
    Das wusste ich auch.
    «Ich wollte das nicht …», versuchte ich mich vor Daniel und mir selber zu rechtfertigen.
    «Du hast es aber auch nicht verhindert», unterbrach er mich.
    Jetzt schlug ich ihn so hart, wie ich konnte.
    Das Einzige, was mir dabei leidtat, war, dass ich ihn nur mit der flachen Hand getroffen hatte, nicht mit der Faust.
    Daniel sah mich so zornig an, dass ich glaubte, er würde gleich zurückschlagen.
    «Du willst doch überleben?», fauchte ich ihn an. «Jede einzelne Sekunde, die du länger lebst, hast du uns zu verdanken!»
    «Danke», sagte Daniel bitter.
    «Der Junge hätte uns alle verraten. Wir wären jetzt alle tot oder auf dem Umschlagplatz.»
    Daniel antwortete nicht, er wusste, dass ich recht hatte.
    «Er oder Rebecca. Was wäre dir lieber gewesen?»
    Daniel schwieg weiter.
    Ich wollte aber, dass er etwas antwortete, damit ich ihn noch mal schlagen konnte. Und damit ich nicht heulte. Vor allem, damit ich nicht heulte. Er sagte jedoch immer noch nichts.
    «Ich … ich wollte es verhindern …», rang ich mit den Tränen.
    Daniels Zorn verrauchte.
    «Das musst du mir glauben. Aber ich hab’s nicht geschafft …»
    «Es … tut mir leid», sagte Daniel.
    «Dass ich es nicht verhindert habe?»
    «Das … und dass du leidest …»
    Er wollte mich tröstend in die Arme nehmen.
    Und ich wollte mir das gefallen lassen.
    Doch in diesem Augenblick trat Amos dazwischen und sagte: «Heute Nacht gibt es ein Wunder.»
    «Was?», fragten Daniel und ich gleichzeitig.
    Amos ignorierte Daniel, wie er es schon die ganze Zeit über getan hatte, und zog mich in eine andere Kammer des Bunkers. Zu einem jungen Mann mit krausem Vollbart.
    «Das ist Leon Katz», stellte er ihn mir vor. «Leon, das ist Mira, eine Freiwillige für unsere Unternehmung.»
    Ich fragte mich, um was es sich bei dieser Unternehmung handelte, etwa um einen besonders effektiven Angriff auf die Deutschen?
    «Sag ihr, was wir machen», forderte Amos Leon auf.
    «Wir backen heute Nacht Brot.»
    «Du spinnst», rief ich aus.
    «Leon ist Bäcker», erklärte Amos.
    «Ihr beide macht euch lustig über mich.»
    «Nein, wirklich», widersprach Amos.
    «Ich hab im Hof nebenan eine Bäckerei gefunden», erzählte Leon begeistert. «Mit Säcken voll Mehl. Genug Wasser ist auch da. Das Einzige, was fehlt, ist Sauerteig.»
    «Sauerteig?» Ich kam gedanklich gar nicht so schnell mit.
    «Stattdessen nehmen wir Zwiebeln.»
    «Zwiebeln?»
    «Davon gibt es in den Wohnungen noch genug», lachte der Bäcker.
    Ich musste grinsen, so ansteckend wirkte seine Begeisterung.
    «Morgen kann das ganze Ghetto Brot essen!», versprach Leon sein Wunder.

66
    Eine halbe Sunde später flitzte Leon bereits durch die Bäckerei. Er hatte eine weiße Schürze um, die er stolzer trug als jeder Soldat die Uniform, und gab uns Befehle: «Knetet schneller!», «Die Zwiebeln müssen kleiner geschnitten werden», «So heizt man doch keinen Ofen an!»
    Wir «Bäckergesellen» lachten ihn nur freundlich aus: «Pass auf, dass deine Barthaare nicht im Teig landen!», «Mit dir als Befehlshaber hätte die polnische Armee noch schneller verloren», «Nicht die Zwiebeln bringen mich zum Heulen, sondern du!»
    Wir hatten eine solche Freude. Mitten im Krieg backten wir Brot! Ich vergaß sogar für einige Zeit, was mit dem Jungen geschehen war.
    Leon wog gerade Teig auf der Waage ab, da trat Rachel zu ihm und fragte: «Ist es nicht völlig egal, wenn die Brote verschieden groß sind?»
    Er klatschte mit der flachen Hand gegen die Stirn: «Du hast recht, ich Idiot verschwende hier nur wertvolle Zeit!»
    Trotz aller Unbeschwertheit hatten wir Zeitdruck. Bis zum Morgengrauen mussten wir das Brot fertig gebacken und in die Bunker gebracht haben.
    «Hoffentlich kann man den Rauch nicht sehen», sagte Rachel, als Leon das erste Brot in den Ofen schob.
    Amos und ich wurden rausgeschickt, um nachzusehen, und natürlich sah man Rauch von der Bäckerei aus in den Himmel steigen. Falls die Nazis doch nachts mit Macht in das Ghetto einmarschieren würden, würden sie uns sofort finden.
    «Das Risiko

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