Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
28 Tage lang (German Edition)

28 Tage lang (German Edition)

Titel: 28 Tage lang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
Vom Netzwerk:
ist es wert», fand Amos.
    «Ja», gab ich ihm recht.
    «Endlich mal geht es nicht ums Töten», sagte er leise. Noch mehr als mich plagte ihn der Tod des Jungen, hatte er doch vor Ben als Erster die Pistole gezogen.
    «Ich habe geglaubt», gestand Amos, während wir den Rauch zu den Sternen steigen sahen, «ich würde im Kampf meine Schuld tilgen können. Aber die Deutschen bringen mich dazu, mir immer mehr Schuld aufzuladen. Bis an mein Lebensende.»
    Ich nahm seine Hand, hielt sie fest und sagte: «Bis an unser Lebensende.»
     
    300  Laibe Brot.
    So viel holten wir bis zum Morgengrauen aus dem Ofen.
    Weil wir keinen Sauerteig hatten, waren die Laibe ganz platt, aber dennoch sahen sie wunderschön aus. Wir verteilten sie an die Menschen in den Bunkern, die sich auf die warmen Brote stürzten.
    «Siehst du ihre Augen?», fragte Amos, als sich eine Horde Kinder die Wänste vollschlug.
    «Ja», antwortete ich mit gebrochener Stimme.
    Die Augen der Kinder leuchteten.
    An diesem Morgen hatten wir den Juden keine Würde gegeben, keine Ehre, sondern mit dem Brot ein klein wenig Glück geschenkt. Und uns auch.

67
    «Wir hätten Tunnel zur anderen Seite graben sollen», haderte Mordechai, als wir Kämpfer uns zur Lageversammlung im Bunker der Miła  18 versammelten. Es war das erste Mal, dass ich unseren Anführer niedergeschlagen erlebte.
    «Wenn wir doch nur aus dem Ghetto kommen könnten», fuhr er fort, «dann könnten wir in den Wäldern weiter gegen die Deutschen kämpfen. Was macht es für einen Sinn, hier zu verbrennen?»
    «Dass die SS alles in Schutt und Asche legt», mischte sich Ascher ein, «kann auch eine Chance sein.»
    Wir sahen alle erstaunt zu dem Mafiaboss, der sich im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern der Chompe-Bande noch keine einzige Sekunde darüber beschwert hatte, dass sich sein Luxusbunker in eine überfüllte, stickige Kammer des Elends verwandelt hatte.
    «Das Feuer greift auch auf die Werkstätten über», redete er weiter.
    «Das wissen wir. Worauf willst du hinaus?», fragte Amos ungeduldig.
    «Die Deutschen holen polnische Feuerwehrleute, um die Brände zu löschen. Und wenn …»
    «… wir die bestechen», begriff der immer noch am Bein schwer verwundete Avi, «dann könnten die euch aus dem Ghetto rausschmuggeln.»
    Avi war begeistert von der Idee, obwohl er genau wusste, dass er mit seiner Verletzung nicht in die Wälder mitgenommen werden konnte.
    Auch Mordechai war von dem Gedanken angetan, und so wurde beschlossen, den Plan zu verfolgen. Rachel, Leon der Bäcker, Amos und ich machten uns noch in der gleichen Nacht auf den Weg zu einer brennenden Fabrik. Wir schlichen vorsichtig und angespannt durch zerstörte Straßen. Mittlerweile wagte sich die SS auch nach Einbruch der Dunkelheit mit ihren Patrouillen ins Ghetto. Nach zwanzig Minuten erreichten wir das Fabrikgelände, auf dem polnische Feuerwehrleute – offenbar bewacht von einigen lettischen SS -Männern– gegen einen Großbrand ankämpften, um zu retten, was noch zu retten war. Wir versteckten uns hinter einer halb zerstörten Mauer und beobachteten die Löscharbeiten.
    «Sollen wir die Soldaten abknallen?», flüsterte Amos.
    «Dann fliehen die Feuerwehrleute, und wir haben in ein paar Minuten andere Soldaten am Hals», widersprach Rachel leise.
    «Was machen wir dann?»
    «Warten.»
    «Also aufs Glück hoffen, dass einer der Feuerwehrleute zu uns spaziert?»
    «Glück wäre zur Abwechslung mal eine schöne Sache», lächelte Rachel schwach, während ich dachte, dass wir unser Glück in den Wochen des Aufstandes schon längst aufgebraucht hatten.
    Wir warteten also hinter der Mauer, lugten lediglich ab und an hervor und sahen dabei, wie die Feuerwehrleute sich vergeblich abrackerten. Nach einer halben Stunde, in der Amos immer ungeduldiger wurde und immer öfter seine Pistole überprüfte, entfernte sich einer der Feuerwehrleute vom Brand, um sich erschöpft eine Zigarette anzuzünden, und ging dabei in unsere Richtung.
    «Ich glaube, wir haben tatsächlich Glück», raunte Rachel uns zu.
    Als der Mann etwa fünf Meter von uns entfernt war, gab sie das Signal: Wir rannten um die Mauer herum, Leon packte ihn von hinten, und ich hielt ihm meine Pistole vor die Nase. Der Feuerwehrmann verstand sofort, und wir führten ihn, ohne dass er Widerstand leistete oder wir von den Soldaten bemerkt wurden, in ein ausgebranntes Haus. In dessen Treppenhaus warf er sich vor uns zu Boden und wimmerte: «Ich habe nichts gegen

Weitere Kostenlose Bücher