28 Tage lang (German Edition)
Juden!»
Es fehlte nur noch, dass er Asche vom Boden nahm und auf sein Haupt streute.
«Schön zu hören», grinste Amos.
Rachel erläuterte, was wir von ihm wollten: «Bei einem eurer nächsten Einsätze nehmt ihr unsere Kämpfer im Feuerwehrauto mit nach draußen. Und ihr nehmt vorher Kontakt mit dem polnischen Widerstand auf. Die sollen uns in die Wälder bringen, damit wir dort für unsere polnische Heimat weiterkämpfen können.»
Ich hatte nicht mehr das Gefühl, dass Polen meine Heimat war. Ich wollte gegen die Deutschen in den Wäldern kämpfen, aber nicht für dieses Land.
«Ihr werdet reich belohnt», versprach Rachel und log damit noch nicht einmal. Auch wenn schon einiges an Geld des Widerstandes in den Flammen aufgegangen war, besaßen wir immer noch mehr als genug, um damit polnische Feuerwehrleute zu schmieren.
«Ich werde alles tun», versprach der Mann. Schwer erleichtert, dass wir ihn nicht hinrichteten, rappelte er sich wieder auf und ging zurück zum Brand.
«So einem Feigling vertrauen wir also unser Schicksal an?», fragte Amos. «Was ist, wenn er uns verpfeift?»
«Wir werden gleich sehen, ob er das macht», erwiderte Rachel.
Wir harrten in dem Gebäude aus. Angespannt. Mit unseren Waffen im Anschlag. Aber es kamen keine Soldaten. Der Mann hatte uns also nicht verraten.
«Er will lieber das Geld», lächelte Leon.
Und ich versuchte mich mit dem unfassbaren Gedanken vertraut zu machen, dass ich vielleicht lebend aus dem Ghetto herauskommen könnte.
68
In den langen Stunden im Bunker, dessen Luft durch die Brände im Ghetto immer unerträglicher wurde, malte Amos sich aus, wie wir uns in den Wäldern polnischen Partisanen anschlossen, mit diesen Kameraden gemeinsam deutsche Trupps überfielen und damit der Sowjetarmee, von der wir hofften, dass sie im nächsten oder übernächsten Jahr in Polen einmarschieren würde, den Weg bereiteten.
Als ich zu bedenken gab, dass die polnischen «Kameraden» uns bei unserem Aufstand kaum unterstützt hatten und womöglich gar nicht begeistert sein würden, wenn Juden zu ihnen stießen, kam Amos mit seinen Träumen erst richtig in Fahrt. Er sprach davon, eine rein jüdische Partisanengruppe zu bilden, die den Deutschen Schlag um Schlag versetzen und in den Reihen der SS Angst und Schrecken verbreiten würde. Eine Art jüdisches Totenkopfkommando.
Er hoffte so sehr, dass er vielleicht doch noch all seine Schuld abtragen könnte.
Ich hörte ihm bei diesen Phantasien gar nicht mehr richtig zu. Als ich mich im Bunker umsah, dachte ich, dass es undenkbar sei, all diese Menschen in die Wälder zu schmuggeln. Wir würden sie zurücklassen müssen, und sie würden entweder hier verbrennen oder später in den Öfen. Wieder Menschen, für deren Tod ich nicht wirklich verantwortlich war, für den ich mich aber dennoch schuldig fühlte.
Sie alle durften nichts vom Fluchtplan der Kämpfer erfahren, doch Daniel vertraute ich, und ich fühlte mich ihm gegenüber so verpflichtet, dass ich ihm von unserer Begegnung mit dem Feuerwehrmann erzählte.
«Du willst also doch überleben», stellte er fest und schien sich darüber zu freuen.
«Überleben, um zu kämpfen», erklärte ich.
«Bis zum Tod?»
«Das ist wohl so.»
«Du könntest dich verstecken, versuchen, bis zum Kriegsende durchzuhalten.»
«Mein Platz ist an der Seite meiner Kameraden.»
«An der deines Ehemanns.»
Daniel klang eifersüchtig.
«An der von Amos», bestätigte ich.
Die Antwort gefiel ihm nicht, aber er sagte dazu nichts weiter, sondern bat mich: «Nimm Rebecca mit.»
«Wie bitte?», fragte ich erstaunt.
«Nimm Rebecca mit bei eurer Flucht.»
Er bat gar nicht erst um sich selber.
«Wir haben nur Platz für Kämpfer …», antwortete ich.
«Sie ist so klein, sie wird keinem von euch Platz wegnehmen.»
«Ein Kind kann in den Wäldern nur schwer überleben.»
«Du kannst sie bei Bauern verstecken.»
Ich war überrumpelt von diesem Ansinnen und sah zu dem kleinen stummen Mädchen, das auf dem Boden mit seiner Murmel ein Spiel spielte, dessen Regeln nur es selber kannte.
«Ich … ich weiß nicht, wie du dir das vorstellst», wich ich aus.
«Du wirst einen Weg finden.»
Das bezweifelte ich.
«Wenn du es willst.»
Ich schwieg.
Da explodierte Daniel: «Du denkst nur ans Töten!»
Ich wusste nicht, was ich antworten sollte, so überrascht war ich von seinem Ausbruch.
«Nur an Tod, Tod, Tod!»
Wütend ging er zu Rebecca und ließ mich stehen.
Seine Worte hallten in meinem
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