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28 Tage lang (German Edition)

28 Tage lang (German Edition)

Titel: 28 Tage lang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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Kopf nach: «Nur an Tod, Tod, Tod …»

69
    Am Abend stellte Mordechai für unser nächtliches Treffen mit den Feuerwehrleuten, bei dem die Einzelheiten für die kommende Flucht besprochen werden sollten, einen etwas anderen Trupp zusammen als bei unserer ersten Begegnung. Ben Rothaar nahm den Platz von Amos ein. Der wiederum bekam den Auftrag, auf die andere Seite der Mauer zu gehen. Dort sollte er polnische Kanalarbeiter bestechen, damit die uns eine Route durch das Abwasserlabyrinth zeigten. So hätten wir einen alternativen Fluchtweg, falls unser Plan mit den Feuerwehrautos schiefgehen würde.
    Ben Rothaar hatte das mit dem Jungen nicht verwunden. Er stotterte wieder. Wenn er denn überhaupt sprach. Er aß nicht mehr, trank kaum noch etwas und war nur noch darauf fixiert zu kämpfen.
    Tod. Tod. Tod.
    Amos trat zu mir und bat mich: «Komm heil zurück.»
    «Danke gleichfalls», antwortete ich, und wir mussten beide lächeln.
    Er küsste mich auf den Mund, das erste Mal seit dem Tod des Jungen.
    Es war ein kurzer Abschied. Besonders wenn man bedachte, dass er vielleicht für immer war. Amos’ Chancen, auf die andere Seite zu gelangen und dort zu überleben, waren nicht gerade groß.
    Ich sah ihm hinterher, wie er durch den Bunkerausgang kletterte, da trat Daniel auf mich zu und fragte: «Hast du dir das mit Rebecca noch einmal überlegt?»
    Das hatte ich nicht, es war ja klar, dass wir die Zivilisten nicht mitnehmen konnten.
    «Ich hab keine Zeit, darüber zu reden …»
    «Du wirst sie hierlassen», stellte Daniel fest und sah dabei das erste Mal müde aus. So müde wie Korczak gegen Ende.
    Ich wollte ihm zum Trost über die Wange streichen, doch er wich aus. Ich sollte der Kleinen helfen, nicht ihn trösten.
    Wortlos steckte ich meine Pistole in die Manteltasche und machte mich gemeinsam mit den anderen auf zur Gezia  80 , wo wir uns mit den polnischen Feuerwehrleuten treffen sollten. Da wir auf dem Weg einer deutschen Patrouille ausweichen mussten, betraten wir ein paar Minuten zu spät das Gebäude. Die Feuerwehrleute waren nicht da.
    «Die Frage ist», sagte ich, «sind sie schon wieder weg oder noch nicht gekommen?»
    «Wir warten», erklärte Rachel. «Uns bleibt ja auch nichts anderes übrig.»
    So warteten wir. Fünf Minuten. Zehn.
    «Die kommen nicht mehr», fluchte Leon. «Diese Bas…»
    «Psst», zischte Rachel, «Schritte.»
    Hoffentlich waren das die Feuerwehrleute.
    Rachel ging vorsichtig in Richtung Fenster, um nachzusehen. Ein Schuss zerstörte die Scheibe und traf sie genau in die Stirn.
    Rachel brach auf der Stelle zusammen.
    Ich schrie auf.
    Die Deutschen feuerten mit Maschinengewehren auf das Haus.
    Leon riss mich zu Boden, während über uns die Kugeln flogen und in der Wand hinter uns einschlugen. Ein Hängeschrank wurde dabei zersiebt und knallte herunter.
    «Das Schwein hat uns verraten», fluchte Leon, während Ben Rothaar auf dem Boden liegend das Feuer erwiderte, obwohl er unsere Angreifer nicht sehen konnte und daher vermutlich auch nicht traf.
    «Wir müssen hier raus!», rief Leon über den Lärm.
    Wir krochen aus dem Raum, rappelten uns im Flur auf und blieben für einen kurzen Moment unschlüssig stehen: Wo sollten wir entlang?
    Durch das Treppenhaus zum Dach!
    Doch da hörten wir schon, wie die Haustür aufgetreten wurde und wie die Deutschen wahl- und ziellos in das Treppenhaus schossen.
    «Durch das Fenster», deutete ich in einen leeren Raum, der zum Innenhof hin lag.
    «Dann stecken wir in der Falle», widersprach Leon.
    «Nicht wenn wir es von da in eine andere Wohnung schaffen.»
    Ich öffnete das Fenster und sprang in den Hof. Leon und Ben folgten mir.
    «Ihr da, seht im Hof nach!», hörten wir aus dem Treppenhaus, wie ein SS -Mann seinen Soldaten Befehle zubellte.
    «Scheiße!», fluchte Leon.
    Wir hatten noch nicht mal die halbe Distanz zur gegenüberliegenden Seite des Hofes zurückgelegt.
    «I… i… ich … h… halt … sie auf», erklärte Ben Rothaar und blieb stehen.
    «Das ist Selbstmord!», schrie ihn Leon an.
    Mir war klar, dass Ben Rothaar genau den verüben wollte. Er wollte heroisch sterben, mit seinem furchtbaren Gewissen nicht mehr weiterleben. Und ich würde ihn nicht davon abbringen können. Egal wie sehr ich es auch wollte.
    Ich packte Leon am Arm und rannte mit ihm weiter, ohne mich umzudrehen.
    Hinter uns hörte ich Ben schreien: «Sterbt! Sterbt! Sterbt!»
    Er feuerte in Richtung des Treppenhauses und die Soldaten von dort auf ihn

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