28 Tage lang (German Edition)
gefolgt …»
«Warum?»
«Weil …», erwiderte ich und schämte mich dabei so sehr, dass ich es fast nicht sagen mochte,
«… ich dich wiedersehen wollte.»
Falls er davon auch nur ein kleines bisschen geschmeichelt war, ließ er es sich nicht anmerken.
Natürlich war er davon nicht geschmeichelt. Es war kindisch, so etwas zu denken oder gar zu hoffen. Vollkommen kindisch. Ich war nicht mal ansatzweise so erwachsen, wie ich gedacht hatte.
«Du wolltest mich wiedersehen?», fragte Stefan, halb irritiert, halb misstrauisch.
«Um mich zu bedanken.»
Das überzeugte ihn nicht.
«Und anstatt dich wirklich zu bedanken, findest du unsere Druckerpresse?»
«Ich hab dich auf dem Buchmarkt gesehen, bin dir gefolgt und hab dich aus den Augen verloren.»
«Und dann stolperst du ausgerechnet hier rein?»
«Ja.»
«Was für ein Zufall.»
«Ja …», erwiderte ich schwach.
Er drehte das Messer in seiner Hand, er wusste nicht, was er von all dem halten sollte.
«Warum sollte ich dich anlügen?», fragte ich. «Du weißt doch, dass ich eine Schmugglerin bin.»
«Und die arbeiten ja nie mit den Deutschen zusammen», lachte er höhnisch auf. Gleich darauf verfinsterte sich seine Miene noch mehr: «Du wärst nicht die Erste, die in einem deutschen Gefängnis umgedreht worden wäre», sagte er bitter, als ob er von einem solchen Schmuggler schon mal verraten worden wäre.
«Es ist die Wahrheit», erklärte ich. «Und mir fällt leider keine Lüge ein, mit der ich dich überzeugen kann.»
Er schwieg, überlegte sich wohl, ob er jetzt zustechen sollte, damit ich den Ort der Druckerpresse nicht an die Deutschen verrate. Der Mann, der mein Leben mit einem Kuss gerettet hatte, würde es mir jetzt vielleicht mit einem Messer nehmen. Nach einer Weile nickte er. Er hatte eine Entscheidung getroffen. Nur welche?
«Eine Kollaborateurin hätte eine bessere Geschichte parat», sagte er und steckte das Messer in die Tasche seiner grauen Anzugjacke. Seine Gesichtszüge wurden weicher. Er lächelte, als ob nichts gewesen wäre.
«Ich hole mal eben Desinfektionsmittel und versorge deine Wunde», erklärte er.
«Das wäre fein», erwiderte ich, und vor lauter Erleichterung hätte ich am liebsten wieder losgeheult. Die Tränen schossen mir in die Augen, doch ich nahm mich zusammen; so viel kindliche Schwäche wollte ich nicht zeigen.
Kurz bevor Stefan die Küche verließ, drehte er sich noch mal um und drohte: «Wehe, du verschwindest, Lenka, dann wäre ich wieder weniger geneigt, dir zu glauben, und würde dich verfolgen.»
Seine Stimme klang dabei freundlicher als bei dem Verhör, er glaubte nicht wirklich, dass ich verschwinden würde.
«Anhand meiner Blutspur würdest du mich auch schnell finden», antwortete ich schmerzverzerrt. Jetzt, wo die unmittelbare Gefahr vorüber war, spürte ich die Wunde wieder.
Erst musste er wegen meiner Antwort lächeln, dann betrachtete er meinen Arm, und seine Miene wurde sorgenvoll. Gemeinsam mit ihm realisierte ich, dass ich immer noch Blut verlor. Mittlerweile war fast der ganze rechte Ärmel meiner Bluse rot getränkt.
Stefan ging schnell aus der Küche, und während sich seine Schritte im Flur entfernten, bekam ich es wieder mit der Angst zu tun. Weil meine Wunde so blutete, aber auch weil ich befürchtete, dass Zacharia wieder zurückkommen würde. Ich fühlte mich so schutzlos.
Doch Zacharia kam nicht. Er war wohl in den geheimnisvollen Keller gegangen, über den ich Stefan bestimmt nicht ausfragen sollte, wenn ich nicht erneut verdächtig wirken wollte.
Stefan betrat mit einem kleinen Fläschchen, einem sauberen Tuch, Nadel und Faden wieder die Küche. Seine Untergrundgruppe war auf Kampfwunden vorbereitet.
Wir setzten uns auf den Boden, er krempelte mir den blutverschmierten Ärmel hoch, und jetzt erst erkannte ich, wie tief das Messer in meinen Arm gedrungen war. Mir wurde bei dem Anblick so schwindelig, dass ich mich beinahe übergeben hätte.
«Du hast Glück gehabt», befand Stefan.
Glück? Das war mal eine interessante Art, die Dinge zu betrachten.
«Zacharia hat keine Muskeln oder Sehnen getroffen.»
Wenn man es so betrachtete, hatte ich wirklich Glück gehabt.
«Gleich wird’s besser», lächelte Stefan mich nun freundlich an, er versuchte mir meine Angst zu nehmen. Oder vielleicht wollte er einfach nur nicht, dass ich mich auf seine Schuhe übergab.
Er träufelte mir das Desinfektionsmittel auf die Wunde. Es brannte höllisch, und ich biss die Zähne
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