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28 Tage lang (German Edition)

28 Tage lang (German Edition)

Titel: 28 Tage lang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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Durst!», verzweifelten Selbsthass: «Warum hab ich ihn verlassen? Warum?», vergebliche Gebete: «Schma jisrael adonai elohenu adonai echad», und laute Rufe: «Mama!», «Zacharia, wach auf! Wach bitte auf!», «Mira, bist du das? … Mira … Mira!»
    Mira?
    Ich war gemeint!
    Ich drehte mich um. Vor mir stand Amos. In der Uniform eines Judenpolizisten. Er war ja kein Polizist, er gab sich also nur als ein solcher aus, und er trug eine der lebensrettenden Marken. Bestimmt war die gefälscht. Aber warum ging er das Risiko ein, hier zu sein? Wo er trotz Marke Gefahr lief, in die Züge geworfen zu werden?
    «Du hast ein Kind?», fragte Amos mich erstaunt.
    Wir standen in der Vorhölle, und er fragte mich nach dem Baby?
    «Es ist nicht meins», antwortete ich.
    Er nickte, fragte nicht weiter nach, sondern sah sich nur um. Nach Soldaten, die ihn ergreifen könnten? Oder nach etwas anderem?
    «Was machst du hier?», fragte ich.
    «Ich suche nach Zacharia.»
    Der Kerl, der mir meinen Arm aufgeschlitzt hatte, war also auch in den Kessel geraten.
    «Du willst ihn rausschmuggeln», stellte ich fest, und Hoffnung keimte in mir auf: Amos könnte auch mich hier rausholen. Uns. Das Baby und mich.
    «Ich finde ihn aber nicht», erklärte Amos und schaute sich weiter nach seinem Freund um, dabei wirkte er von Sekunde zu Sekunde gehetzter.
    «Dann nimm mich mit!», platzte es aus mir heraus.
    «Ich hab nur Lösegeld für eine Person», erwiderte er. «Ich kann nur Zacharia an der SS vorbeibringen.»
    «Aber du findest ihn doch nicht!», hielt ich dagegen.
    Amos sah mich angewidert an. Der Gedanke, einen Kameraden des Widerstands für mich zurückzulassen, behagte ihm nicht. Doch ich ließ nicht locker: «Wahrscheinlich ist dein Freund schon in den Zügen.»
    «Das weißt du nicht!»
    «Du aber auch nicht! Und mit jeder Minute, die du länger hierbleibst, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass auch du vergast wirst!»
    Das wusste Amos auch, deswegen begann er innerlich zu wanken.
    Das Kleine schrie immer lauter.
    «Du musst hier verschwinden», redete ich weiter auf ihn ein.
    Er widersprach mir nicht.
    «Und willst du das wirklich tun, ohne jemanden von hier zu retten?»
    «Mit jemand meinst du wohl dich?», fragte er abfällig. Er war gekommen, um seinen Freund zu retten, nicht ein Mädchen, das er mal geküsst hatte.
    «Ja.»
    Er zögerte. Warum nur zögerte er?
    Das Baby schrie mir nun direkt ins Ohr.
    Ich hielt es etwas von mir weg.
    «Das Geld ist wichtig für den Widerstand.»
    «Wichtiger als ein Leben?»
    «Als dein Leben?», korrigierte er meine Frage.
    «Ist es wichtiger als mein Leben?»
    «Wir können damit Waffen kaufen.»
    «Das ist wichtiger als mein Leben?»
    Amos begann auf seine Lippe zu beißen. So heftig, dass sie aufriss. Dann entschied er: «Gut, ich hol dich hier raus.»
    Ich konnte es kaum glauben. Ich würde dem Gas entkommen!
    «Aber das Schreikind muss hierbleiben.»
    Ich sah entsetzt auf das Kleine, dessen Kopf mittlerweile hochrot war.
    «Ich hab’s doch gesagt: Das Geld reicht nur für eine Person.»
    Jetzt war ich es, die zögerte. Das Kind schrie und schrie und schrie. Als ob es wüsste, worum es ging.
    «Komm jetzt», drängelte Amos, «bevor ich mich anders entscheide.»
    Was für ein Mensch will man sein?
    Einer, der für seine Schwester da ist! Und einer, der weiterlebt.
    Hektisch sah ich mich nach der Ärztin um, irgendwo musste sie doch sein. Sie sollte das Baby erlösen! Aber ich sah sie nicht. Nirgendwo. Ich drückte das schreiende Baby in die Arme einer Frau, die bei mir stand, so wie dessen Mutter es bei mir getan hatte. Entsetzt fragte sie: «Was soll das?»
    «Halten Sie Ausschau nach der Ärztin. Und fragen Sie nach dem Zyankali.»
    Mehr erklärte ich ihr nicht, dann machte ich mich mit Amos auf dem Weg.
    «Bleib hier!», schrie die Frau und versuchte uns zu folgen, aber wir drängelten uns durch die Menge, und sie verlor uns. Ihre Schreie und die des Babys wurden immer leiser, bis ich sie gar nicht mehr hörte.
    Ich hatte ein Kind zurückgelassen. Und ich hatte noch nicht einmal nachgesehen, ob es ein Junge oder ein Mädchen gewesen war.

32
    Hunderttausend kassierten die SS -Leute am Tor. So viel also war ein Leben – mein Leben – wert. Und Amos hatte es zum zweiten Mal gerettet.
    Als wir ins Freie traten, biss er sich noch stärker auf seine blutende Unterlippe.
    «Es tut mir leid wegen Zacharia», sagte ich.
    Doch Amos ging nicht darauf ein. Womöglich auch, weil ich es nicht

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