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28 Tage lang (German Edition)

28 Tage lang (German Edition)

Titel: 28 Tage lang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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Ich wollte sie brennen sehen für das, was sie Hannah angetan hatten.
    Deswegen schmeckte mir dieser Botengang auch nicht. Zu sterben, während ich Waffen von A nach B brachte, war nicht das, was ich mir als heroische letzte Tat ausgemalt hatte.
    Bevor ich aus der Tür trat, zupfte ich mir nervös meine Winterkleidung zurecht, die ich mir eine Woche zuvor aus einer verlassenen Wohnung besorgt hatte. Eine dicke Jacke und eine gefütterte Männerhose, die um meine dünnen Beine herumschlackerte. Dann ging ich hinaus auf die Straße, die menschenleer war. Seit dem Ende der Aktion vor zwei Monaten war kein Mensch mehr tagsüber im Ghetto zu sehen. Die Deutschen hatten gerade mal – so schätzten wir – 30000 Juden erlaubt, am Leben zu bleiben, 20000 weitere hielten sich versteckt. Nur einer von neun Menschen aus dem Ghetto war also am Leben geblieben. Einer von neun.
    Lediglich frühmorgens sammelten sich Juden auf den Straßen, um zu ihrer Sklavenarbeit in den Werkstätten oder in den polnischen Teil der Stadt zu gehen, und erst abends kehrten sie wieder zurück. Wer zu anderen Zeiten von der SS auf der Straße angetroffen wurde, sei es tagsüber oder in der Nacht, wurde auf der Stelle exekutiert.
    Der kalte Novemberwind wirbelte Daunenfedern auf, sie flogen an mir vorbei wie Schnee. Diese Federn lagen überall im Ghetto herum, denn die Kissen- und Deckenbezüge, die sie vorher gefüllt hatten, ließen die Deutschen von ihren Sklaven einsammeln und in Lagerhäuser bringen, so wie auch alles andere, womit man ansatzweise Geld für das Reich machen konnte: Schmuck, Möbel, Musikinstrumente, einfach alles. Diese Leichenfledderei des Ghettos nannten die Deutschen Werterfassung.
    Ich lebte jetzt in einer Geisterstadt, in der es Federn schneite. Und die Geister waren wir Juden, die hier noch wohnten. Noch nicht ganz tot, aber so gut wie. Einige von uns hielt der Hass am Leben. Die anderen nur noch das bisschen Brot und die wässrige Suppe, die sie bei ihrer Arbeit bekamen. Hoffnung besaß niemand mehr. Die Deutschen hatten zwar die Aktion unterbrochen, aber jedem war klar: Auch wir wenigen Überlebenden würden umgebracht werden. In einem Monat. In zwei. Vielleicht auch schon morgen.
    In der Ferne hörte ich ein Auto, die SS fuhr in einer anderen Ecke des Ghettos Patrouille. Es bestand also keine Gefahr. Dachte ich. Sich sicher zu fühlen war im Ghetto immer ein Fehler.
    Ich bog um die Straßenecke, da packten mich von hinten Hände an den Schultern. Voller Panik versuchte ich mich loszureißen. Vergeblich. Ich roch zwar den schlechten Atem meines Angreifers, aber ich sah ihn nicht. War es ein Deutscher? Ein verzweifelter Jude? Er sagte jedenfalls nichts. Bis ich ihm mit meinem Fuß gegen das Schienbein trat, um mich zu befreien.
    «Du Schlampe!», fluchte der Angreifer auf.
    Anstatt jedoch loszulassen, umklammerte er meinen Brustkorb so fest, dass ich keine Luft mehr bekam. Während ich vergeblich um Atem rang, erkannte ich an den Ärmeln, dass mein Angreifer eine blaue Uniform trug. Es war also ein polnischer Polizist. Kein deutscher Soldat, der mich sofort umbringen würde.
    Ich hörte auf mich zu wehren. Der Pole lockerte leicht seinen Griff, hielt mich aber immer noch umklammert. Ich konnte wieder atmen, doch mein Brustkorb tat weh, bestimmt hatte ich Quetschungen.
    «Was hast du in deiner Tasche?», fragte der polnische Polizist, und sein schlechter Atem stank, als hätte er Aas gefressen.
    Zu lügen machte keinen Sinn. Womöglich könnte ich mich losreißen und fliehen. Aber die Waffen, für die wir so viel Geld bezahlt hatten, würde ich dann zurücklassen müssen. Das durfte nicht passieren. Ich hatte nur eine Chance: Der Polizist musste mehr Angst um sein Leben haben als ich um das meine. Und da mir meins nicht mehr allzu viel wert war, war das durchaus möglich.
    «Ich gehöre zur jüdischen Kampforganisation», erklärte ich.
    Der Aasfresser atmete hörbar ein. War er erschrocken? In jedem Falle war er alarmiert. Leider ließ er dennoch nicht los.
    «Ich habe Waffen in der Tasche, wenn ich die nicht abliefere, werden meine Leute kommen und dich töten», sagte ich so ruhig wie möglich.
    Diese Drohung war nicht komplett leer. Der Widerstand hatte schon einige Todesurteile an jüdischen Kollaborateuren vollstreckt. Allerdings war bisher noch kein Deutscher getötet worden, was ich bedauerte; sollten die doch alle in ihrem eigenen Blut verenden. Wie Mama. Ruth. Hannah.
    Auch wurde bisher noch kein polnischer

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