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285 - Am Nabel der Welt

285 - Am Nabel der Welt

Titel: 285 - Am Nabel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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Richtung der Hütte und die beiden so grundverschieden gekleideten Frauen eilten zu ihm. Auch sie spähten jetzt nach den Schiffen.
    Yorrik wagte kaum noch zu atmen. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als die drei sich in Bewegung setzten, Richtung Wasserlinie. Sie kamen genau auf Yorrik zu, und ihre Mienen verhießen nichts Gutes.
    Yorrik betete zu seinen toten Eltern und flehte sie um Beistand an. Aber tief in ihm war immer noch Hoffnung, dass die Welt sich insgesamt geändert und nicht mehr so war, wie Vater und Mutter ihm eingetrichtert hatten. Vielleicht waren neuerdings alle Menschen froyndlich .
    Leise wimmernd und unfähig, sich von der Stelle zu rühren, wartete Yorrik darauf, die Antwort zu erhalten.
    Und dann hörte er, wie jemand die Schiffswand emporkletterte…
    ***
    Xij Hamlet stieg als Erste über die Reling. Und entdeckte sofort den schreckensstarren älteren Mann in armseliger, vielfach geflickter Kleidung, der sich unweit gegen die Verbretterung kauerte. Die Augen des Mannes waren weit aufgerissen - sein Mund, in dem oben wie unten die vorderen Schneidezähne fehlten, ebenso.
    »Ganz ruhig, Alterchen«, sprach Xij ihm gut zu, während Aruula und Matt neben ihr auf den Planken landeten. »Du brauchst keine Angst zu haben.« Sie sprach Deutsch, und offenbar brach sie damit das Eis. Der sehnige Mann mit dem wettergegerbten Gesicht löste seine verkrampfte Haltung und erhob sich langsam. Schließlich stand er etwas wacklig vor dem Trio.
    »Wer seyd und was wollt ihr?«
    Matt trat vor. Auch er beherrschte die deutsche Sprache mühelos. »Wie Xij schon sagte - beruhige dich. Wir tun dir nichts. Eine Auskunft würde schon genügen.«
    »Auskunft?«, wiederholte der Mann.
    »Zunächst mal«, sagte Matt. »Ich bin Matthew Drax, Freunde nennen mich Maddrax. Das hier ist Xij und das dort…« Er bemerkte, dass Aruula sich langsam entfernte, offenbar um das Schiff zu inspizieren. Sie hielt das Schwert so, dass sie jederzeit einen Angriff parieren konnte. »… ist meine Gefährtin Aruula. Wie ist dein Name?«
    Der Alte zögerte. Etwas, das mehr Ähnlichkeit mit einem Wurm als mit einer Zunge hatte, wischte nervös über die schorfigen Lippen. Dann sagte er: »Yorrik. Ich bin Yorrik. Lebe hier - schon immer.«
    » Hier? «, fragte Matt zweifelnd und meinte damit das rustikal zusammengezimmerte Schiff, dessen Schwachstellen erst aus der Nähe ersichtlich wurden - aber es schien seinen Zweck zu erfüllen; es schwamm.
    Yorrik schüttelte den Kopf. Dann wies er hinüber zum Strand.
    Für Matt und wohl auch Xij und Aruula hatte längst festgestanden, dass sie es mit dem Fischer zu tun hatten, dessen Hütte sie kurz durchstöbert hatten.
    »Woher stammen die Schiffe?«, fragte Matt. »Du hast sie nicht gebaut, so viel steht fest. Wo sind die Besatzungen hin?«
    In diesem Augenblick kehrte Aruula zurück.
    »Das war ja ein kurzer Ausflug«, sagte Matt lächelnd. Dann sah er, wie bleich sie war, und dass sie etwas bei sich trug, was sie ihm zeigen wollte.
    Er erkannte es sofort. Das Tuch war eine typische Arbeit aus Aruulas Heimat. Die Muster waren ebenso typisch wie das verwendete Material.
    Matt starrte darauf und brauchte einige Sekunden, um sich zu fangen. Erst eröffnet uns Xij, dass die Leute aus Corkaich an einem Schiff gebaut haben… und nun dies. Das kann doch kein Zufall sein! Er fragte Yorrik gerade heraus: »Waren hier an Bord Frauen wie sie?« Er zeigte auf Aruula.
    »Schiffe meyn!«, keuchte der Alte plötzlich, und etwas wie Trotz trat in sein Gesicht. »Geschenke von… von Froyndlichen! Nicht wegnehmen! Bitte! Nicht -«
    »Niemand kann dir etwas wegnehmen«, sagte Xij mit der ihr eigenen Logik, »was dir gar nicht gehört.«
    Erbost widersprach Yorrik. »Gehört mir. Meyn! Geschenke!«
    »Du willst uns ernsthaft weismachen, jemand hätte dir die drei Schiffe geschenkt, die hier vor Anker liegen?« Xijs Miene verriet allzu deutlich, was sie von dieser Behauptung hielt. »Hey, verarsch uns nicht, Freundchen!«
    Aruula, die sich wieder gefangen hatte, wandte sich an Matt. »Was sagt er? Ich verstehe kein einziges Wort.«
    Rasch fasste Matt in der Sprache der Wandernden Völker zusammen, was sie erfahren hatten. Dann wandte er sich wieder an den Fischer: »Hör zu, Yorrik, noch mal ganz langsam: Die Leute, die dir diese Schiffe geschenkt haben - waren sie so ähnlich gekleidet wie Aruula?«
    Yorrik war unter der gebräunten Haut blass geworden. »Froyndlich. Waren alle froyndlich zu Yorrik. Sagten, kann

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