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285 - Am Nabel der Welt

285 - Am Nabel der Welt

Titel: 285 - Am Nabel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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der Schwertspitze an, die den Eindruck bestätigten, sich in der Hütte eines Fischers zu befinden. Über den offenen Deckenbalken hingen Netze, an denen offenbar Löcher geflickt wurden; an einem baumelte das entsprechende Werkzeug samt Faden. Aber nichts deutete auf eine ganze Familie hin.
    »Scheint ein Einzelkämpfer zu sein«, mutmaßte auch Xij.
    Draußen hörten sie Matt rufen. Als sie aus der Hütte traten, sahen sie ihn auf einem Felsen nahe dem Panzer. Lady Victoria war die Einzige, die im Fahrzeug geblieben war.
    Das Fernglas in der rechten Hand winkte Matthew Drax die beiden Frauen ungeduldig zu sich. Er wies zum mittleren der drei ankernden Schiffe. »Der linke Kahn«, sagte er. »Ich glaube, ich habe gerade einen Kopf über der Reling gesehen. Nur ganz kurz, aber ich glaube nicht, dass ich mich geirrt habe.«
    »Ein Schatten?«, fragte Aruula.
    Matt schüttelte den Kopf. »Nein. Menschlich. Auch die Schiffe selbst haben eine feste Substanz. - Was tun wir?« Er tauschte Blicke mit Aruula und Xij.
    »Sehen wir nach«, sagte Aruula entschlossen, und Xij nickte.
    Gemeinsam liefen sie zur Wassergrenze und wateten auf das linke der drei Schiffe zu.
    ***
    Yorrik war seit Wochen nicht mehr aufs Meer hinausgefahren, um seine Netze auszuwerfen. Er führte ein Leben in Saus und Braus - zumindest für seine Verhältnisse. Die Froyndlichen hatten ihm so viel dagelassen, dass er noch weitere Wochen von den Vorräten würde leben können.
    Die Froyndlichen hatten nicht seine Sprache gesprochen. Alle waren von weither gekommen. Nicht alle zur gleichen Zeit, sondern nacheinander, im Abstand von etlichen Tagen. Einmal war ein ganzer Monat zwischen dem Ankerwurf des einen und dem des Nächsten verstrichen. Die Seeleute der einzelnen Schiffe hatten auch grundverschieden ausgesehen . Und selbst unter den Besatzungen hatte es mitunter gravierende Unterschiede in Kleidung und Verhalten gegeben.
    Umso erstaunlicher fand Yorrik, dass sie alle gleich freundlich zu ihm gewesen waren. Beim ersten Schiff hatte er sich noch gefürchtet, weil er sonst nie Besuch in »seiner« Bucht bekommen hatte; nicht von so großen Schiffen jedenfalls. Aber die Ankömmlinge hatten ihm kein Leid zugefügt, im Gegenteil. Noch nie zuvor waren Menschen so gut zu Yorrik gewesen. Sie waren an Land gekommen und hatten ihm erklärt - er kniff sich noch heute, weil er immer noch manchmal dachte, das alles nur zu träumen - dass er ihr Schiff behalten dürfe.
    Er hatte ihnen misstraut - jeden Moment hatte er darauf gewartet, dass sie sich über den leichtgläubigen Burschen totlachen würden. Aber sie waren wirklich gegangen, jeder mit so viel Proviant, wie er schleppen konnte. Den Rest hatten sie an Bord gelassen.
    In der ersten Zeit hatte er noch weiter in seiner kleinen Hütte geschlafen, aber nach dem dritten großen Geschenk der Froyndlichen war Yorrik mit seinem Hausstand umgezogen. Der Abwechslung halber und weil es immer noch Neues auf den unterschiedlichen Seglern zu entdecken gab, übernachtete er mal auf diesem, mal auf jenem.
    So waren die Wochen wie im Fluge vergangen.
    Und gerade als Yorrik darüber nachsann, dass er nichts dagegen hätte, wenn sich weitere Segel am Horizont zeigen würden… just in dem Moment kam tatsächlich neuer Besuch.
    Nur dass es diesmal kein Schiff war, sondern ein Vehikel, wie er noch nie eines zu Gesicht bekommen hatte.
    Es kam den Serpentinenpfad herunter, und schon von weitem hörte er das Geräusch, das seine Räder verursachten, die über das Geröll mahlten.
    Yorriks Gedanken überschlugen sich. Er überlegte, wer ihm da so unverhofft in die Quere kam - denn für ihn stand felsenfest, dass das eingetreten war, was er schon länger befürchte: Jemand hatte Wind von den hier liegenden Schiffen bekommen und wollte sie sich unter den Nagel reißen.
    Die Welt war schlecht.
    Schon Yorriks Eltern, die nicht mehr lebten, hatten ihm das von Kindesbeinen an eingebläut. Und genau deshalb hatte ihn das Verhalten der Schiffsbesatzungen ja so unvorbereitet getroffen.
    Unvorbereitet traf ihn auch die Ankunft des bedrohlich wirkenden Fahrzeugs, das unweit von Yorriks Hütte anhielt und aus dem zunächst nur drei Gestalten entsteigen: zwei Frauen und ein Mann.
    Die Frauen verschwanden nacheinander in der Hütte und der Mann stellte sich auf einen Felsbrocken, hielt sich etwas vor die Augen und blickte damit zu den Schiffen herüber. Nach einer Weile schien er etwas zu entdecken, denn er rief Worte in unbekannter Sprache in

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