Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
288 - Labyrinth der Guule

288 - Labyrinth der Guule

Titel: 288 - Labyrinth der Guule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Vennemann
Vom Netzwerk:
blutverschmiert, also hatten sie bereits etwas von dem gegessen, was sie erbeutet hatten. Berfin merkte, wie ihr Magen zu knurren begann.
    Auch Goran rührte sich jetzt und krabbelte aus seiner Schlafkuhle hervor. Er richtete sich auf und stellte sich neben sie. »Sie sind schon zurück?«, gähnte er. Tränen der Müdigkeit liefen ihm aus den Augen und zeichneten helle Striemen in sein schmutziges Gesicht. »Hat ja nicht so lange gedauert dieses Mal…«
    »Psst!«, machte Berfin und stieß ihn mit dem Ellenbogen an. »Ich will hören, was sie sagen!«
    In der Mitte der Ankömmlinge befand sich der Gefangene im Griff von Berfins Mutter Tegmen Delal und Albay Kriw. Kriw, ihr Anführer, hatte seine Krallenfinger so fest um den Oberarm des Jungen gelegt, dass sich seine spitzen Nägel in das Fleisch des Menschen bohrten. Der Junge stöhnte leise und humpelte. Entweder war er bereits verletzt gewesen, als der Spähtrupp ihn fand, oder er war auf der Flucht verwundet worden.
    Letzteres konnte sich Berfin gut vorstellen. Besonders ihre Mutter war sehr schnell und konnte es ohne Probleme mit einem Menschen aufnehmen, wenn es ums Rennen ging. Dennoch tat ihr der Junge ein bisschen leid. Aber sie wusste, es war zum Wohle der Gemeinschaft, dass sie ihn festhielten, bis darüber entschieden wurde, was mit ihm geschah.
    Was eigentlich außer Frage steht , seufzte sie, zwang sich aber, den Gedanken nicht weiter zu verfolgen. Das hatte doch sowieso keinen Sinn.
    Der Spähtrupp hatte die Mitte der großen Höhle erreicht und wartete darauf, dass alle Interessierten sich im Schein der Wandfackeln halbkreisförmig um sie gruppierten.
    Albay Kriw trat vor, überließ den kraftlosen Jungen dem eisernen Griff von Delal. »Die Wächter gestern Nacht hatten recht«, berichtete er. »Es war tatsächlich ein Tier, das in die Schlucht gefallen ist. Wir haben es gefunden!« Er fuhr sich mit der Zunge über die schwarzbraunen Zahnstummel. »Ein Kamshaa. Wir haben unseren Hunger gestillt und es zerteilt. Zwei von uns holen gerade die Reste, aber wir haben euch schon mal was mitgebracht…«
    Die drei anderen Guule - Berfin erkannte, dass sie allesamt aus Kriws Familie stammten - traten vor und warfen drei große Fleischbrocken, die sie auf ihrem Rücken getragen hatten, in den Sand. Der Geruch des Fleisches und von geronnenem Blut erfüllte die Luft, und nicht nur Goran und ihr triefte der Speichel aus den Mundwinkeln.
    »Der hier«, Albay Kriw deutete auf den Menschenjungen, »ist uns bei unserem Mahl vor die Füße gefallen.« Er lachte keuchend. »Vielleicht hat er nach seinem Tier gesucht und uns nicht gesehen. Wie auch immer, er kommt erst mal in die Grube.«
    Zustimmendes Gemurmel erhob sich unter den Zuhörern, die nur noch gierig auf die Fleischbrocken starrten.
    »Lass sie essen, Albay!«, raunte Berfins Vater Yarbay Kovan seinen Vorgesetzten ins Ohr. »Du hast dich auch nicht zusammenreißen können, als wir das Kamshaa fanden, also verlange das nicht von ihnen.«
    Kriw knurrte bestätigend. »Also gut!«, rief er und machte eine ausholende Geste. »Seid fair und nehmt nur immer eine Handvoll. Alle sollen gleichviel bekommen!«
    Mit einem Mal drängten alle nach vorne, wollten unbedingt unter den Ersten sein, die etwas von dem Fleisch abbekamen. »Los, wir auch!«, rief Berlin, aber Goran war schon losgelaufen und zwängte sich zwischen den größeren Erwachsenen hindurch.
    »Ich bring dir was mit!«, hörte sie ihn noch rufen, bevor er im Gedränge verschwand.
    Das Mädchen wandte sich von dem Gewimmel fressender Guule ab und ging zu ihrer Mutter hinüber, die immer noch den Jungen bewachte.
    »Berfin, willst du gar nichts essen?«, wurde sie von Delal begrüßt. »Meine Tochter soll doch groß und stark werden!«
    »Goran bringt wir was mit, Anne(türkisch für »Mama«)«, sagte sie, und warf einen Blick auf den fast bewusstlosen Jungen, den ihre Mutter nach wie vor am Arm gepackt hatte. »Was ist mit ihm?«
    »Er hat Schmerzen«, antwortete Belal. »Hat sich ein Bein gebrochen, als er in die Schlucht fiel. Wir mussten ihn tragen.«
    »Darf ich mitkommen, wenn ihr ihn zur Grube bringt?«, fragte Berfin bittend mit großen Augen. »Ich war schon lange nicht mehr dort.«
    »Da gibt es ja auch nicht viel zu sehen«, meinte ihr Vater Kovan, der sich noch einen Augenblick mit Kriw besprochen hatte. »Nur ein großes tiefes Erdloch, aus dem niemand entkommt.« Er warf einen Blick auf den Jungen, der wie ein nasser Sack im Griff von

Weitere Kostenlose Bücher