288 - Labyrinth der Guule
waren.
»Hier waren wir definitiv noch nicht!«, stellte Rulfan fest. Sie hatten zwar schon ein paar ähnliche Abgründe mit Treppen überwunden, aber so eine Architektur war ihnen dabei noch nicht begegnet.
»Ich habe trotzdem das Gefühl, wir laufen im Kreis«, grummelte Xij und nestelte an ihrer Weste herum.
»Uns ist aber auch nicht geholfen, wenn wir hier rumstehen und reden!« Alastar stapfte die Treppe hinab und wandte sich dem rechten Eingang zu. »Wenn wir den Ausgang nicht schnell finden, werden uns die Höhlenbewohner angreifen. Also beeilen wir uns lieber und nehmen keine Rücksicht auf…« Der Exekutor verstummte, blieb abrupt stehen und hustete. »Bei allen Göttern - was stinkt denn hier so?«
Matt Drax folgte Alastar die breite, geländerlose Steintreppe hinab, als auch ihm ein durchdringend fauliger Geruch in die Nase stieg. Angewidert presste er sich den Ärmel seiner Jacke auf die Nase und bedeutete Rulfan, Xij und Aruula, zurückzubleiben.
Die Kriegerin von den Dreizehn Inseln tat trotzdem noch zwei, drei Schritte, bevor auch sie stehen blieb und vorsichtig schnupperte. Sofort zog sie ihre Nase kraus. »Widerlich! Es stinkt nach Tod und Verwesung! Das kann nichts Gutes bedeuten!«
»Ach was«, presste Matt hervor, der sich mit tränenden Augen zu ihr gesellte.
»Aber wir können auch nicht zurück!«, meinte Xij und spuckte aus. »Wir müssen weiter!«
Das hatte wohl auch Alastar für sich beschlossen, denn ohne ein weiteres Wort verschwand er in dem Eingang. Er muss Schleimhäute aus Asbest haben , dachte Matt sarkastisch, folgte ihm aber nach kurzem Zögern. Umzukehren hätte keinen Sinn gemacht.
Widerwillig und mit zugehaltenen Nasen betraten sie die Kammer, aus der der üble Gestank drang. Und sie mussten auch nicht lange suchen, um die Quelle ausfindig zu machen.
Inmitten der Höhle bis zu ihren Rändern erhob sich ein mannshoher Berg aus Knochen. Im Schein der Fackeln schienen die Gebeine vor dem dunklen Hintergrund grell aufzuleuchten.
Die unterste Lage der Knochen war als solche schon fast nicht mehr zu erkennen. Sie waren bereits grau, porös und fast zersetzt. Der Verwesungsgeruch rührte allerdings von den oberen Lagen her. Die Überreste trugen zum Teil noch Sehnen und Fleischfetzen, die mit weißgrünen Stippen und Schimmelpilzen überzogen waren.
»Bei Wudan, was für Dämonen hausen hier?« Es knirschte unter Aruulas Stiefeln, als sie sich an dem Knochenberg vorbei die Wand entlang tastete.
»Sind die von Tieren?«, wollte Alastar wissen. Er hatte sich offenbar bereits an den grausamen Anblick gewöhnt.
»Nicht nur…«, antwortete Xij. Sie bückte sich und hob einen Beckenknochen in die Höhe, der verdächtig nach dem eines Menschen aussah. Zahlreiche fingerdicke Maden, die sich an den Fleischresten in den Gelenkpfannen gütlich getan hatten, fielen in einem Sturzbach herab.
»Falls es jemanden interessiert: Die meisten Knochen sind aufgebrochen. Jemand hat das Mark herausgesaugt«, stellte Rulfan fest. »Das sind eindeutig die Essensreste von Menschenfressern.«
Matt erfasste das kalte Grauen. »Machen wir, dass wir weiterkommen«, presste er hervor. »Ich möchte ungern Teil dieses Knochenberges werden…«
In diesem Moment brach die Hölle los. Mit einem Kreischen, das dem schon zuvor gehörten sehr ähnlich klang, gerieten die Felswände rings um sie in Bewegung!
Jedenfalls sah es im ersten Moment so aus. Dann wurde deutlich, dass sich Gestalten davon lösten, die mit getrocknetem Schlamm bedeckt waren. Eine perfekte Tarnung; die Gefährten hatten sie nicht bemerkt. Aruula stieß einen Schrei aus und wich von der Wand zurück.
Gleichzeitig wurden im hinteren Bereich der Höhle Fackeln entzündet und weitere menschenähnliche Kreaturen sichtbar, die ihre lehmverschmierten, mit langen Krallennägeln bewehrten Hände hoben. Einige hatten auch Knüppel in den Händen. Langsam und tappend kamen sie auf Matt und seine Gefährten zu.
Aruula und Xij rannten auf das Tor zu, durch das sie die Höhle betreten hatten… und prallten zurück. Über die Treppe näherten sich weitere der hageren Gestalten.
Sie waren eingekreist.
Matt hatte längst seinen Driller gezogen und zielte auf die anrückende Phalanx erdverkrusteter, zähnefletschender und haarloser Angreifer. »Hierher!«, rief er den beiden Frauen zu. Er brauchte ein freies Schussfeld.
»Was zur Hölle sind das für Dinger?«, kreischte Xij über das Grollen der Angreifer hinweg. »Zombies?«
»Nein.«
Weitere Kostenlose Bücher