2889 - Schüsse aus dem Nichts
mit Hochleistungs-Nachtgläsern ausgerüstet. Wir alle suchten systematisch die Umgebung ab, hielten nach verdächtigen Aktivitäten Ausschau.
»Wird Vincente noch einmal anrufen?«, wollte Phil wissen. Seine leise Stimme verriet die Anspannung, unter der er stand.
»Das ist eigentlich nicht vorgesehen«, gab Mike Fitzgerald zurück. »Natürlich kann es immer vorkommen, dass – nein, da ist er ja schon.«
Er deutete mit einer Kopfbewegung auf einen unrasierten Lockenkopf in einer billigen Kunstlederjacke. Die Tarnung war perfekt. Selbst ich hätte trotz meiner Erfahrung diesen Latino niemals für einen FBI-Kollegen gehalten. Doch im Undercover-Einsatz ist Unauffälligkeit die beste Lebensversicherung.
Mario Vincente bewegte sich scheinbar lässig auf den Waschsalon zu. Doch seine Körpersprache verriet ihn nun doch als einen geschulten Agent. Vincente befand sich unter Spannung wie ein Bogen kurz vor dem Abschuss des Pfeils. Der Kollege war bereit, notfalls sofort reagieren zu können. Aber momentan deutete gar nichts auf eine mögliche Bedrohung hin.
Nur der Obdachlose mit dem Einkaufswagen war jetzt noch auf der Straße, wenn man von Vincente selbst absah. Alle anderen Passanten hatten sich verdrückt. Plötzlich schien die ganze Gegend so ausgestorben wie nach einem Bombenangriff. Solche Momente erlebt man selbst in Großstädten manchmal.
Falls Vincente von Nervosität geplagt wurde, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. Er schlenderte in das Laundry Paradise und zog sich einen Softdrink aus dem Automaten.
»Wo ist eigentlich der Kollege, der den Dealer spielen soll?«, raunte ich.
»Paul Barstow befindet sich in der finsteren Gasse auf der gegenüberliegenden Straßenseite«, erläuterte Rose Kerman. »Aus Sicherheitsgründen haben wir auch mit ihm keinen direkten Kontakt. Aber Paul behält den Eingang des Waschsalons im Auge. Sobald Jerome Feathers auftaucht, wird er ebenfalls zum Laundry Paradise hinübergehen.«
Bisher lief alles nach Plan. Trotzdem gefiel mir die Situation nicht. Ein FBI-Agent sollte sich zwar nicht von vagen Gefühlen leiten lassen. Aber ein gesundes Misstrauen war angebracht.
Und dann ertönte plötzlich das satte Tuckern eines hochgezüchteten Viper-Motors. Der schwarze Sportwagen kam aus Richtung Süden und parkte unmittelbar vor dem Waschsalon. Feathers stieg aus. Die breitschultrige Gestalt des Boxers war auch nachts bei den schlechten Lichtverhältnissen unmöglich zu übersehen. Einige Straßenlaternen funktionierten nämlich nicht.
Mit federnden Schritten ging er auf den Eingang zu. Nun löste sich auch eine Gestalt aus dem Dunkel der gegenüberliegenden Gasse.
Der G-man, der den Dealer spielen sollte, war ein Schwarzer. Paul Barstow trug eine rote Nylonjacke und überquerte schnell die Fahrbahn. Und ich machte eine alarmierende Entdeckung. Aber jetzt war keine Zeit für Erklärungen.
»Das ist eine Falle!«, rief ich. Dann ließ ich das Fernglas fallen und stieß die hintere linke Autotür auf.
Im nächsten Moment brach die Hölle los.
Der angebliche Obdachlose hatte nämlich unter seinem Ramsch im Einkaufswagen ein schweres Sturmgewehr hervorgezogen, eine verbotene Kriegswaffe. Der Kerl hielt sie in beiden Fäusten. Und er bewies nun, dass er damit umgehen konnte.
Das wuchtige Sturmgewehr wummerte los. Eine unterarmlange Flammenzunge leckte aus der Mündung. Die großen Panoramascheiben des Waschsalons verwandelten sich im Handumdrehen in einen Glassplitterregen.
Mein lauter Warnruf war zum Glück bei dem Undercover-Agent angekommen. Mario Vincente warf sich zu Boden, bevor er von den großkalibrigen Geschossen durchlöchert werden konnte.
Ich hatte meine SIG gezogen und zielte auf den als Obdachlosen getarnten Verbrecher. Aber bevor ich ihn kampfunfähig machen konnte, bog plötzlich mit radierenden Reifen ein Wagen um die Ecke. Es war eine typische tiefergelegte Gangsterkarre, wie sie gerne von Jugendbanden benutzt wird.
Der Beifahrer und ein Typ auf dem Rücksitz feuerten mit Uzis wie wild auf den Waschsalon und auf mich. Agent Paul Barstow brachte sich mit einem Hechtsprung in Sicherheit, um nicht überfahren zu werden.
Ich blieb natürlich währenddessen nicht untätig. Ich ging in die Hocke und schoss im Beidhandanschlag auf das Verbrecherfahrzeug. Der linke Vorderreifen platzte. Das tiefergelegte Auto brach mit dem Heck aus, kreiselte um die eigene Achse und krachte gegen einen Laternenpfahl.
Auch meine Kollegen griffen in den Kampf ein. Phil
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