2893 - Madison Avenue Mörder
ihn seine Schuld beichten zu lassen. In vielen Fällen kam man damit eher zum Ziel, als wenn man den Verdächtigen unter Druck setzte und er nur noch nach seinem Anwalt verlangte und sich in Schweigen hüllte.
Bishop nickte. »Ja, Sie haben recht, es ist schlimm. Eine Schuld, die man nie im Leben wiedergutmachen kann.«
Sein Gesicht verzog sich, und auf einmal rannen ihm Tränen die Wangen hinunter. »Für den Tod von jemandem verantwortlich zu sein ist schlimmer, als ich es mir jemals vorgestellt hatte. Es tötet fast die eigene Seele, und eine Zeit lang fühlt man gar nichts mehr, ist selbst wie tot. Es braucht viel Zeit, um wieder zu sich zu finden und sein Leben auf die Reihe zu bekommen.«
»Sie geben also zu, Maurice Foreman vergiftet zu haben?«, fragte ich mit sanftem Tonfall.
Er schaute auf. »Maurice? Nein, damit habe ich nichts zu tun. Ich rede von Sharon.«
»Sharon?«, fragte ich überrascht.
Sein Blick richtete sich wieder auf den Boden und seine Stimme drückte Trauer aus. »Es war vor etwa zwanzig Jahren oder so, an einem Abend in der Stadt, wo ich aufgewachsen bin. Ich war zusammen mit ein paar Freunden und Sharon, meiner Freundin. Wir waren jung, wild und recht unvorsichtig. Getrunken haben wir auch – eine Menge und ziemlich hartes Zeug. Auf dem Weg nach Hause hat es angefangen zu regnen und die Sicht wurde schlechter. In einer Kurve hatte ich den Wagen plötzlich nicht mehr unter Kontrolle und er kam von der Straße ab und ich fuhr ihn direkt vor einen Baum. Ich war angeschnallt, genau wie die meisten anderen auch. Aber nicht Sharon. Sie flog durch die Fensterscheibe und prallte gegen den Baum. Als ich aus der Bewusstlosigkeit erwachte, fühlte sich mein Körper furchtbar an. Alles war irgendwie zerquetscht, ich hatte mir ein paar Rippen gebrochen. Der größte Schock aber war, sie dort liegen zu sehen, reglos, blass, tot. Ich versuchte sie wiederzubeleben, aber es gelang mir einfach nicht. Die anderen waren, genau wie ich, verzweifelt. Irgendwann kam die Polizei und hat mich vernommen – stundenlang. Dann folgte eine Gerichtsverhandlung. Alle Leute, die ich kannte, waren dabei, inklusive meiner Eltern und die von Sharon. Als Fahrer wurde mir die Schuld zugesprochen. Da ich noch nicht volljährig war, hat man mich zu einer Jugendstrafe verurteilt. Es war die schrecklichste Zeit meines Lebens. So etwas wollte ich nie wieder durchleben müssen. Als Sie mich gestern angerufen haben und mir mitteilten, dass Maurice tot ist und Sie mich sprechen wollten, da kam das von damals alles wieder hoch. Irgendwie ist bei mir eine Sicherung durchgebrannt, ich habe alles um mich herum vergessen und nur noch den Drang verspürt, abzuhauen, mich zu verstecken. Deshalb bin ich ins Mirage gegangen, weil ich niemanden mehr sehen wollte.«
Ich warf Phil einen Blick zu. Das war die Geschichte mit dem Verkehrsunfall, auf die wir bei der Recherche zu Bishops Vergangenheit gestoßen waren. Und es stellte gleichzeitig einen plausiblen Grund dafür dar, warum er nicht zum vereinbarten Termin erschienen war.
»Ich kann Ihre Reaktion gut verstehen«, sagte ich. »Das bedeutet aber nicht, dass Sie nichts mit dem Mord an Foreman zu tun haben. Denn darauf weist einiges hin. Fangen wir mal mit Ihrer Beziehung zu ihm an. Sie waren Freunde – eigentlich. Doch diese Freundschaft hat in der letzten Zeit mehr und mehr gelitten, nicht wahr?«
Er nickte und senkte seinen Kopf. »Das ist wahr – das mit der Freundschaft. Wir kennen uns schon länger – und früher war alles zwischen uns cool. Aber in den letzten Monaten, seit er zum Art Director befördert wurde, da ist in ihm eine Veränderung vorgegangen. Wir hatten auch früher oft Meinungsverschiedenheiten, was unsere Arbeit betraf, aber seit er befördert worden war, wurde so etwas weniger vernünftig und fand auf einer emotionaleren, persönlicheren Ebene statt. Manchmal habe ich ihn gar nicht wiedererkannt. Er hat sich verändert. Beruflich wie privat. Aber das ist ja noch lange kein Grund, ihn umzubringen.«
»Aber vielleicht die Aussicht, seine Stelle zu übernehmen«, sagte ich ernst. »Eine Position als Art Director bei PP&V , das ist doch schon was.«
Mit einem Mal lächelte Bishop, hob seinen Kopf langsam an und schaute mir in die Augen. »Sie haben recht, ich wollte Art Director werden. Und bei PP&V habe ich das nicht geschafft. Aber meine Lösung dafür war nicht, Maurice zu vergiften und dann seine Stelle anzunehmen. Ich habe mich bei anderen Agenturen
Weitere Kostenlose Bücher