2895 - Zeugen leben nicht lange
Blair sich ausreichend informiert, um eine erste Überprüfung vornehmen zu können. Sie konnten sehr schnell ausschließen, dass es einen Auftrag vom Justizministerium gegeben hatte. Doch diese Tatsache wunderte weder June noch Blair, die damit auch nicht gerechnet hatten.
»Wir wissen, dass diese Ausweise eine hervorragende Fälschung sind, Mister Martin. Genau deswegen sind wir ja hier. Die Grundmaterialien müssen aus einer Druckerei stammen, die für Regierungsstellen tätig ist. Wir wollen nun feststellen, ob wir Ihre Druckerei ausschließen können«, erklärte Blair.
Joseph Martin machte ein unglückliches Gesicht und klappte dann den Ordner wieder zu, um ihn sorgfältig im Schrank einzuschließen.
»Dann sollte ich Ihnen bei einem Rundgang zeigen, wie sicher die Abläufe in meiner Druckerei sind. Falls Sie davon ausgehen, dass einer meiner Angestellten heimlich diese Ausweise angefertigt haben könnte. Sie werden am Ende sicherlich von der Unmöglichkeit einer solchen Manipulation überzeugt sein«, schlug er vor.
June und Blair nahmen das Angebot gerne an. Sie würden die Augen offen halten und nach möglichen Schwachpunkten Ausschau halten. June glaubte aber nicht mehr an einen kriminellen Geschäftsführer, da ihr Joseph Martin zu seriös vorkam.
***
Als die Tür aufging, hatte ich keine wesentlichen Fortschritte erzielt. Die Handschellen fesselten nach wie vor meine Handgelenke und mir fehlte eine Idee, wie ich den lispelnden Killer aus Texas überrumpeln konnte. Daher wappnete ich mich und stürmte los, kaum dass die Tür weit genug offen war.
»He, was soll das denn?«, rief ich aus.
Bevor ich die Tür erreicht hatte, flogen mir die Schlüssel für die Handschellen mitten ins Gesicht. Ich zuckte zusammen und stolperte überrascht zurück. Vom Gang her vernahm ich sich schnell entfernende Schritte und dann verstand ich es.
»Der Boss hat etwas gegen den Mord an einem Agent des FBI. Glück gehabt, Jerry«, murmelte ich.
Die nächsten Minuten kämpfte ich mit den Schlüsseln. Es ist keine einfache Übung, sich von Handschellen zu befreien, solange die Hände auf dem Rücken gefesselt sind. Irgendwann klickte es jedoch und ich konnte meine Hände wieder frei bewegen. Nachdem ich Handschellen samt Schlüssel in der Jackentasche verstaut hatte, verließ ich vorsichtig den Kühlraum.
»Das ist ja besser als Weihnachten«, staunte ich.
Zehn Yards von der Tür entfernt lagen meine Waffe, die Reservemagazine sowie mein Mobiltelefon am Boden. Ich überprüfte den Zustand der Pistole und behielt sie zunächst in der Hand. Während ich weiterging, wählte ich bereits die Nummer meines Partners. Phil meldete sich nach dem dritten Freizeichen und wollte am liebsten sofort alles wissen.
»Später, Phil. Zuerst musst du eine Fahndung nach Seth Coburn auslösen und dann kannst du mich bitte abholen«, sagte ich.
Natürlich hatte mein schlauer Partner längst die Fahndung ausgelöst, und da ich inzwischen die Halle verlassen hatte, konnte ich ausreichende Angaben zu meinem Aufenthaltsort machen.
»Das sind die Hallen unten am Hudson. Ich bin in einer halben Stunde bei dir«, rief Phil.
Damit blieb mir genügend Gelegenheit, mich genauer in der Halle und dem restlichen Gebäude umzusehen. Es war eine Miethalle, die immer nur für kurze Zeit angemietet werden konnte. In einem der spartanisch ausgestatteten Büros entdeckte ich einen Prospekt der Firma, die solche Hallen überall in New York anbot. Als ich in der Verwaltung anrief und nach dem derzeitigen Mieter fragte, blieb der Mann am anderen Ende der Leitung sehr zurückhaltend.
»Sie müssen mir die Daten nicht am Telefon verraten. Schicken Sie bitte alle Informationen unmittelbar ans Field Office des FBI«, bat ich.
Damit war der vorsichtige Angestellte einverstanden und mir würden die Daten spätestens bei Phils Ankunft zur Verfügung stehen.
Seth hatte früher regelmäßig mit einer Frau zusammengearbeitet. Die Frau stammte aus einer winzigen Republik im Kaukasus und war eine eiskalte Killerin. Sie und Seth bildeten eine ausgesprochen tödliche Mischung. Der Fall, bei dem ich mit dem Texaner zu tun gehabt hatte, lag einige Jahre zurück. Außerdem waren Phil und ich damals nur am Rande beteiligt gewesen, weil die Kollegen kurzzeitig unsere Unterstützung benötigten. Mir wollte der Name der Frau nicht mehr einfallen, aber auch das würde sich hoffentlich bald klären lassen.
»Jerry?«
Ich schaute auf und sah meinen Partner im Eingangstor der
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