290 - In den Gärten von Sha'mar
schockiert die Augen. Sie fühlte Oguuls hypnotische Kraft. Sie machte, dass sie kein Wort sagen, dass sie keinen Widerstand leisten konnte. Sie wollte schreien bei der Vorstellung, was der Gott morgen mit ihr anstellen wollte - und durfte es nicht.
Nebel stieg über den Kanälen hoch, als sie sich abwandte und davoneilte. Doch wenn man glauben mochte, dass der feuchte Dunst das Getrommel verschlucken und ein wenig Erleichterung für ihre Ohren bringen würde, so schien sich die Intensität ganz im Gegenteil noch weiter zu steigern.
Sie lieferte die Wäscheschüssel an der Sammelstelle ab und rannte, als keiner der Jünger Einwände erhob, so rasch wie möglich zurück in das Sammelquartier. Kälte und Angst fraßen sich in ihre Seele. Morgen, so wusste Zaraa, würde alles enden.
***
Mowgra drückte sich durch einen schmalen Riss in der desolaten Außenmauer der Gärten und verschwand im Inneren. Matt und Alastar hätten nicht hindurchgepasst, höchstens Xij. Aber die war zum vereinbarten Treffpunkt mit Rulfan unterwegs. Der Albino und das Luftschiff würden in der bevorstehenden Auseinandersetzung eine bedeutende Rolle übernehmen.
Der Exekutor und der Mann aus der Vergangenheit warteten schweigend. Fröstelnd hockten sie im Unterholz, in dicke Decken gehüllt, um sich vor Feuchtigkeit und Entdeckung zu schützen. Ringsumher machten sich die ersten Nachttiere bemerkbar. Der Tag ging zu Ende, die Jäger der Dämmerung kamen zum Vorschein.
Mowgra kehrte nach knapp einer Stunde zurück. Die beiden Wartenden schreckten auf, als plötzlich ein Seil über die Mauer flog. Sie ergriffen es und zogen daran. Dem Gewicht nach waren es zwei Körper, die auf der anderen Seite zur Mauerkrone empor strebten.
Und dann tauchte Mowgra oben auf und gab ihnen Zeichen, loszulassen. Er packte selbst das Seil und ließ einen in dunkle Stoffbahnen eingewickelten Körper zu ihnen herunter. Als es bei Matt und Alastar ankam, wand sich der Gefesselte und Geknebelte darin. Ein unterdrücktes Stöhnen war zu hören.
Oben befestigte Mowgra das Ende des Seils und kletterte behände selbst hinab. Als er unten anlangte, riss Matt den Stoff auseinander. Rishi lugte ihm mit vor Angst geweiteten Augen entgegen. In Mund des Alten steckte ein Tuchpfropfen, der zusätzlich mit einem um den Kopf gebundenen Stück Schnur fixiert worden war. Matt befreite Rishi vom Knebel und lehnte ihn gegen einen Baum.
»Du! Ich… ich dachte, du seist tot!«, stammelte Rishi. »Der Chaa… die Überdosis…«
»Überraschung«, sagte Matt und lächelte grimmig. »Wir beide werden uns nun ganz freundlich unterhalten; solltest du den Mund nicht aufbekommen, übergebe ich dich an meinen Begleiter hier. Er hat ebenfalls einige Fragen an dich bezüglich seiner verschleppten Braut. Und er ist nicht halb so geduldig wie ich…«
Mowgra starrte den Alten hasserfüllt an und spielte mit seinem Messer herum.
»Maddrax… Das ist ein Missverständnis… Ich weiß nicht…«
»Spar dir das!«, unterbrach Matt den Alten grob. »Wo befindet sich Aruula? Du erinnerst dich? Meine Gefährtin, die ihr entführt habt.«
»Ich… ich weiß es nicht«, sagte Rishi und setzte ein unschuldiges Gesicht auf. Schweiß perlte von seiner Stirn. »Wir hatten den Auftrag des Gottes Oguul, so viele Ungläubige wie möglich in die Gärten von Sha'mar zu bringen und sie an die wahren Jünger zu übergeben.«
»Für die Opferung!«
»Sie ist ein Geschenk an Oguul«, wich Rishi aus. »Dank der Fürsprache des Gottes sind wir während der letzten Jahre vom Einfall von Reiterhorden, von Orkanen und Erdbeben verschont geblieben. Wir sind ihm verpflichtet, Maddrax, du musst verstehen…«
» Du musst verstehen, Rishi! Dein Leben und das der Bewohner Nohq'was hängt jetzt von deinen Antworten ab. Du sagst mir augenblicklich, was du über die Gärten von Sha'mar und den Gott weißt. Andernfalls…«
Mowgra zog das Messer mit einem hässlichen Geräusch über sein Lederschleifband und grinste den Alten an.
Es dauerte nicht lange, bis Rishis Widerstand gebrochen war. Er redete wie ein Wasserfall, und je mehr er sagte, desto deutlicher wurde ihnen bewusst, womit sie es zu tun hatten: mit einem tatsächlich existierenden Geschöpf, das unbegrenzte Macht über seine Untertanen ausübte und in diesem Land des Nebels und des Regens eine Schreckensherrschaft errichtet hatte.
War Oguul ein Mensch in Maske - oder eine Mutation? Ein übriggebliebener Daa'mure vielleicht, der seine Gestalt beliebig
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