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290 - In den Gärten von Sha'mar

290 - In den Gärten von Sha'mar

Titel: 290 - In den Gärten von Sha'mar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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überreden. Wir bringen in Erfahrung, wo die Schwachstellen der Anlage liegen, wo sich Aruula und Zaraa genau befinden und wie wir an den innersten Kern der Jünger herankommen.«
    »Dazu müssten wir tief in die Anlage eindringen«, gab Matt zu bedenken. »Das ist zu riskant.« Er wies auf die Zeltstadt in der Zeichnung. »Greifen wir uns stattdessen einen der Nohq'was. Die Dorfbewohner sind eine leichtere Beute - und wesentlich einfacher zu überzeugen.«
    Mowgra warf sich in die Brust. »Das möchte ich übernehmen!«
    Matt sah ihn skeptisch an.
    »Du hast selbst gesagt, ich könnte den Feind am leichtesten unterwandern«, bekräftigte Mowgra. »Niemand wird in mir einen Fremden sehen, wenn ich durch einen Spalt der Mauer schlüpfe und mich ganz offen unter den Jüngern bewege.«
    »Hm…«, brummte Matt. Es war riskant - aber die Idee hatte etwas für sich. Wie war das noch gleich? Frechheit siegt. »Okay«, sagte er. »Wir pirschen uns gemeinsam an die Mauer heran, um im Notfall zur Stelle zu sein. Dann kannst du es versuchen.«
    Der junge Mann aus Kuusj strahlte.
    »Ich möchte, dass du uns einen ganz bestimmten Gast bringst«, fuhr Matthew fort. »Er heißt Rishi. Er ist einer der Dorfältesten und weiß bestimmt, wohin man Aruula gebracht hat. Ich beschreibe dir sein Aussehen…«
    »Ist nicht notwendig«, winkte der junge Mann ab. »Ich kenne diesen Namen nur allzu gut. Er gilt als einer der fanatischsten Verfechter des Oguul-Glaubens in der weiten Ebene. Er ist schlau und gewissenlos. Man kann ihm nicht einmal bis zur Nasenspitze weit vertrauen.«
    »Ich weiß.« Matt verfluchte seine schlechte Menschenkenntnis. »Ich habe ein persönliches Interesse daran, ihn hier bei uns zu haben.«
    ***
    Zaraa erledigte die Aufgaben, die man ihr auftrug, mit jener Geduld, die sie sich während der letzten Tage angewöhnt hatte. Es nützte nichts, Oguuls Jüngern Widerstand zu leisten. Die lebende Gottheit erstickte jeden Widerstand augenblicklich im Keim. Sie tötete ihre Opfer nicht; sie quälte sie, verstümmelte sie - und brach ihren Willen.
    Zaraa klopfte die Wäschefetzen gegen große Steine, immer wieder. Rieb sie mit Seife ein und verteilte jenes Öl über die Kleidung, das man ihr in Form eines wertvollen Glasflakons in die Hand gedrückt hatte. Der Duft war betörend, und seine Wirkung wurde noch stärker, sobald das grobe Leinen trocknete.
    Zwei Kultisten beäugten sie misstrauisch vom gegenüberliegenden Rand des Kanals aus. Jeden Tag wies man ihr einen anderen Platz zu, um ihre Arbeit zu verrichten. Sie verstand nicht, welcher Logik sie zu folgen hatte. Sie und die anderen Frauen wurden kreuz und quer durch Sha'mar geschickt, um die täglichen Routinearbeiten zu erledigen.
    Sie legte die letzten Stofftücher in die bereitstehende Schüssel und reinigte sorgfältig ihre Hände. Überall entlang der Kanalränder machte sich grüner Schlick breit. Er fühlte sich klebrig an, und wenn man allzu oft mit ihm in Berührung kam, entstand ein unangenehmer Juckreiz, der meist stundenlang anhielt.
    Zaraa kam mühsam auf die Beine. Ihre Knie fühlten sich kalt an, und sie schmerzten. Sie griff nach der Schüssel und hob sie mit aller verbliebenen Kraft über den Kopf. Keiner der Jünger würde ihr beim Tragen helfen, wie sie nur zu gut wusste. Für diese verblendeten Kerle, die ihr Leben einem widerwärtigen Gott gewidmet hatten, war Zaraa nicht viel mehr als Abschaum, der bald sein Ende als Opfer für Oguul finden würde.
    Die breite, ausgefranste Schüssel drückte gegen Kopf und Nacken. Sie taumelte entlang des Kanals vorwärts, jenen Weg entlang, den ihr die Kultisten wiesen.
    Manche der kerzengeraden Wasserstraßen waren hüfttief, andere nicht einmal eine Fingerbreite. Sie zerfurchten die Gärten von Sha'mar, führten von einem der Gebäude zum nächsten, in deren Arkadenhöfen weitere Jünger saßen. Nimmermüde bearbeiteten sie die mit Fell überzogenen Trommeln.
    Manche befanden sich seit Tagen hier. Ihre Gesichter blieben ausdruckslos, doch die von der Anstrengung zittrig gewordenen Arme verrieten sie. Irgendwann würden sie zusammenklappen, einige Stunden unruhigen Schlafs finden - und, sobald sie die Augen öffneten, zurück zu ihren Instrumenten kriechen und neuerlich in den Rhythmus ihrer Kollegen einfallen.
    Zaraa schreckte vor dem grässlichen Anblick einiger Jünger zurück, die sich ein wenig abseits hielten. Sie trugen stinkende Buz-Schädel auf ihren Köpfen, deren Hörner sich halbmannshoch in die

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