2941 - Die Zeit läuft ab
Tochter war es ihm wert! Können Sie so etwas verstehen, Agent Cotton?«, fragte er zurück.
Aus dem Augenwinkel registrierte ich die Handbewegung meines Partners. Ich sollte Oldman am Reden halten. Phil stand in ständigem Kontakt zu dem Cop, der den Einsatz unten in der Prince Street leitete. Noch war man nicht bereit, den Sturz von Oldman abzufangen. Ich musste mehr Zeit schinden.
»Als Sie es dann erkannten, war dann nicht der beste Zeitpunkt gekommen, das Vorhaben abzubrechen? Warum haben Sie Daryll Halver nicht einfach freigelassen?«, fragte ich.
Richard Oldman schüttelte voller Verzweiflung den Kopf.
»Das wollte ich doch, Agent Cotton. Dabei habe ich aber die Entschlossenheit der anderen unterschätzt«, antwortete er.
Der Entwickler des Planes war also von seinen Helfern ausgebootet worden. Langsam erfasste ich die Tiefe von Oldmans Verstörtheit. Er musste sich schwere Vorwürfe machen, dass er diese Entwicklung nicht vorhergesehen hatte.
»Sie können weiteres Unrecht verhindern helfen. Sagen Sie mir, wo Ihre Freunde meine Kollegin gefangen gehalten«, forderte ich ihn auf.
»Freunde? Wir sind früher einmal Leidensgenossen gewesen, aber selbst daran zweifle ich mittlerweile«, erwiderte Oldman.
Ich musste meine Worte sorgfältiger wählen und durfte Oldman nicht in seiner Selbsttötungsabsicht bestärken.
»Retten Sie Agent Clark, Mister Oldman. Es liegt in Ihren Händen«, setzte ich neu an.
Sein Kopf ruckte herum, und als ich seinem Blick folgte, entdeckte ich ebenfalls den Hubschrauber eines lokalen Fernsehsenders. Wieder einmal hatte ein übereifriger Reporter den Funkverkehr abgehört und drohte mit seinem Auftauchen, alle meine Bemühungen mit einem Schlag zunichtezumachen.
»Phil?«
Mein Partner machte eine Geste, die mir signalisierte, dass er sich bereits um den Hubschrauber kümmerte.
»Bitte, Mister Oldman. Die Zeit drängt«, rief ich.
Zunächst musste ich nur seine Aufmerksamkeit von dem Hubschrauber ablenken. Sein bisheriges Verhalten ließ ein gewisses Zögern erkennen, sodass ich weiterhin Hoffnung hatte. Unwillkürlich schaute ich auf die Armbanduhr an meinem Handgelenk. June hatte noch wenig mehr als zwei Stunden zu leben, wenn wir sie nicht vorher entdecken und befreien konnten.
»Das war doch ein Verbrechen, was MedFuture damals gemacht hat. Stimmt doch, oder?«, fragte Oldman.
Ich bestätigte ihn in seiner Ansicht, ohne alle Details überhaupt zu kennen. Vielleicht musste ich zunächst in die Vergangenheit gehen, um Oldman in der Gegenwart zur Aufgabe seines Vorhabens bewegen zu können. Hinter Phil war ein Mann aufgetaucht, der vermutlich Arzt war. Vielleicht auch ein qualifizierter Psychologe, der mich bei der Gesprächsführung unterstützen konnte. Mir war jede Hilfe willkommen.
»Was ist damals wirklich passiert? Erzählen Sie mir, was MedFuture und Jason Halver getan haben«, bat ich.
Richard Oldman blinzelte mehrfach und meine Handflächen wurden feucht.
***
Er kam eine Weile später. Carrie hatte vor geraumer Zeit den Raum verlassen und June dämmerte irgendwann ein. Sie hatte anfangs versucht, die Plastikfesseln an Hand- und Fußgelenken zu lockern. Vergeblich, wie sich sehr schnell herausstellte. Schließlich sah June ein, dass sie nicht mehr erreichte, als ihre Haut abzuschürfen. Daher stellte sie ihre Bemühungen ein und fügte sich vorerst in ihr Schicksal.
»Agent Clark. Wie ich sehe, verhalten Sie sich wie ein Profi«, weckte sie Lomax.
Sie betrachtete sein Gesicht und wunderte sich selbst, warum ihr der fanatische Zug darin nicht früher aufgefallen war.
»Sie haben einen riesigen Fehler gemacht, Lomax. Jetzt jagt Sie der gesamte Apparat, und das führt unweigerlich in den Abgrund«, warnte sie ihn.
Axel Lomax machte eine abschätzige Handbewegung.
»Versuchen Sie nicht, mir Angst einzujagen. Als wenn nicht längst alles aufgeboten würde, um mich und meine Gefährten aufzuspüren«, spottete er.
Er war sehr von sich überzeugt, und innerlich musste June dem Mann sogar recht geben. Obwohl sie ihn beschattet hatten, konnte Lomax sich absetzen und dabei noch einen Agent des FBI entführen.
»Sie wissen, dass wir keine Dummköpfe sind. Meine Freunde und ich haben beschlossen, dass jemand MedFuture in die Knie zwingen muss. Es ist uns völlig bewusst, dass wir selbst daraus keinen Nutzen ziehen werden. Doch darum geht es uns auch überhaupt nicht«, erklärte er.
Es waren keine leeren Worte. Axel Lomax befand sich erkennbar auf einer Mission
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