2941 - Die Zeit läuft ab
ernsthaft bedroht, und nun könnte jemand mich entführen wollen, um mich später zu töten«, antwortete Wolver.
Wäre diese Aussage spontan gekommen, hätte ich es ihr abnehmen können.
»Die Wahrscheinlichkeit ist in der Tat sehr hoch, Mistress Wolver. Wie stehen Sie zu der Entscheidung, dass MedFuture in der Person von Jason Halver den Weg mit der Einrichtung des Fonds verweigert? Dadurch verschwände jede Bedrohung umgehend«, erwiderte ich.
Sie schaute mich leicht irritiert an.
»Haben Sie sich denn die Website noch nicht einmal angesehen?«, fragte ich ahnungsvoll.
Wolver schüttelte stumm den Kopf. Mir war der Laptop am Kopfende des Besprechungstisches aufgefallen, als ich in den Raum gekommen war. Nun erhob ich mich und klappte den Deckel mit dem Monitor auf. Das Gerät war eingeschaltet und sofort startbereit.
»Dann holen Sie es jetzt bitte nach«, befahl ich.
Es kostete Wolver einige Überwindung, den Kopf zu heben und den Monitor anzusehen. Während sie das Bild mit der rückwärts laufenden Uhr und der toten Daryll Halver anschaute, musterte ich sie nachdenklich. Als ich die Adresse der Website eingegeben hatte, war das nicht der erste Aufruf dieser Homepage gewesen. Sah Wolver sie wirklich zum ersten Mal?
»Das ist grausam, Agent Cotton. Warum zwingen Sie mich, diese Abscheulichkeit anzusehen?«, fragte sie.
»Weil uns die Zeit wegläuft und wir dringend auf Ihre Unterstützung angewiesen sind. Gab es in den zurückliegenden Stunden ungewöhnliche Anrufe oder suchte jemand Kontakt zu Ihnen, den sie zuvor niemals getroffen haben?«, wollte ich wissen.
Ihr erneutes Zögern ließ sämtliche Zweifel verfliegen. Andrew Gebhard hatte Glick und Wolver präpariert, sodass diese Befragung überwiegend ins Leere laufen musste.
»Was immer Mister Gebhard Ihnen empfohlen hat, liegt vermutlich weniger in Ihrem als vielmehr im Firmeninteresse. Wollen Sie das eigene Leben oder eines Ihrer Angehörigen aufs Spiel setzen, nur um MedFuture die Einrichtung des Fonds vermeiden zu helfen?«, fragte ich.
»Was hat denn meine Familie damit zu tun?«, erwiderte sie erschrocken.
»Das erste Opfer war die Tochter des Präsidenten von MedFuture . Warum sollten die Erpresser nicht auch Ihren Ehemann oder einen Ihrer Söhne auswählen, wenn es doch möglich ist?«, fragte ich dagegen.
Das Familienleben der Wolvers galt als sehr harmonisch.
»Das darf nicht passieren, Agent Cotton! Sie müssen meine Familie unbedingt beschützen«, rief sie aus.
Endlich ließ sie ihre Maske ein wenig fallen.
»Die Erpresser gehen davon aus, dass es bei dem Präparat damals gefährliche Nebenwirkungen gegeben hat und MedFuture diese bekannt waren«, hakte ich nach.
Amanda Wolver kaute unschlüssig auf der Unterlippe, bevor sie zaghaft nickte. Ich wollte gerade nachsetzen, als urplötzlich die Tür aufging und Andrew Gebhard in den Raum stürmte.
»Was erlauben Sie sich? Gehört es zu den gängigen Methoden des FBI, die Situation auszunutzen, um den Angestellten Firmengeheimnisse zu entlocken?«, fragte er entrüstet.
Unser Gespräch war offensichtlich belauscht worden und daher griff Gebhard ein, als es für MedFuture kritisch wurde.
»Sie haben kein Recht, eine Vernehmung heimlich zu belauschen«, protestierte ich.
Gebhard erzählte etwas von einer generellen Überwachung aller Büros und Konferenzräume.
»Ich war rein zufällig im Gespräch mit dem Sicherheitsleiter, als ich Zeuge Ihrer fragwürdigen Vernehmungstaktik wurde«, erwiderte er.
Es entwickelte sich ein heftiges Wortgefecht. Gebhard weigerte sich standhaft, den Raum zu verlassen, und warnte Wolver vor den Konsequenzen weiterer Aussagen in Verbindung mit Firmengeheimnissen. Es war eine absurde Situation.
»Wir können die Angestellten und deren Angehörige nicht effektiv beschützen, wenn Sie unsere Arbeit behindern«, sagte ich verärgert.
Doch Amanda Wolver hatte sich längst wieder in ihr Schneckenhaus zurückgezogen, sodass ich die Befragung abbrechen musste. Auf dem Gang traf ich auf Phil, der sich mit einem energisch auftretenden Jason Halver konfrontiert sah.
»Ich werde Assistant Director High über Ihr unkooperatives Verhalten informieren, Mister Halver. Die Konsequenzen daraus tragen Sie ganz allein«, warnte ich ihn.
Wir hatten weitere kostbare Zeit verloren. Statt uns bei der Suche nach dem Erpresser und Mörder zu unterstützen, schützte Halver lieber die Interessen von MedFuture .
***
Zurück im Field Office besprachen wir uns mit dem Chef.
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