2948 - Undercover ins Jenseits
viel gemeinsam wie ein Fahrrad mit einer Harley-Davidson.
»Noch ein Zimmer frei?«, fragte Barber den Nachtportier, einen fetten kleinen alten Mann mit langen, nikotingelben Haaren, der sein verwaschenes Hawaiihemd offenbar seit Tagen am Leib trug.
»Glück gehabt, Mister, ein einziges Zimmer ist noch frei«, log er den neuen Gast an.
»Wie viel?«
»Kommt drauf an, wie lange Sie bleiben.«
»Erst mal eine Nacht, wahrscheinlich noch eine zweite.«
»35 Mäuse pro Übernachtung. Handtuch und Seife? Dann 40. Zimmer 116.«
Der Portier, dem sämtliche Schneidezähne fehlten, schob den Zimmerschlüssel über den abgewetzten Tresen und hielt die Hand auf.
Barber wusste, dass er hier gar nicht erst in Verhandlungen einsteigen musste. Er kramte die acht letzten Fünf-Dollar-Scheine aus der Hosentasche und nahm sich vor, gleich morgen früh seine Bargeld-Reserven am nächstbesten Automaten deutlich aufzustocken. Mit Kreditkarte zu zahlen war ihm zu riskant.
»Ich brauche noch einen Namen für die Gästeliste, wissen Sie?«
»Mein Name ist Peter. Peter Hawkins.«
»Na, dann wünsche ich eine geruhsame Nacht, Mister Hawkins«, sagte der Portier und lachte meckernd.
Die Treppenstufen quietschten und auch der Flur im ersten Stockwerk machte bei jedem Schritt einen Lärm, der Menschen mit einem leichten Schlaf aus der Fassung bringen konnte. Barber sah den Vorteil: Niemand konnte sich einfach so über Treppe und Flur in sein Zimmer schleichen.
Das Zimmer war erstaunlich sauber. Zwar gab es hier nur ein Bett, einen Stuhl und einen Tisch, aber immerhin verfügte es über eine eigene Toilette samt leicht ranziger Dusche und sah verglichen mit dem Rest des Hauses einigermaßen sauber aus.
Barber wuchtete die Tasche aufs Bett, streifte seine Sportschuhe ab und zog seine Automatikpistole hervor.
Endlich kam er dazu, die Waffe mal richtig unter die Lupe zu nehmen. Sie sah ein bisschen mitgenommen aus. Er legte sie auf den Tisch, um sie später zu zerlegen und gründlich zu reinigen, dann zog er aus einem Seitenfach seiner Tasche das am Nachmittag gekaufte Prepaid-Handy hervor und verband es sofort mit der Steckdose.
Sobald der Akku aufgeladen war, musste er dringend telefonieren. Sehr dringend. Seit einer Woche versuchte er jetzt schon, den Mann zu erreichen, den er unter allen Umständen erreichen musste – erfolglos. Er hatte dessen Adresse herausgefunden und ein paar Mal geklingelt – ohne Erfolg. Und dieser Umstand machte ihm große Sorgen. Vielleicht war es Zeit, Plan B anzugehen und den anderen Kontakt aufzunehmen.
***
Am nächsten Morgen dauerte die Dienstbesprechung mit unserem Chef nicht lange. Wir referierten, was wir am Vortag erfahren hatten. Mister High teilte meine Einschätzung, was Jenderson betraf. Der Assistant Director stimmte mir zu, als ich vorschlug, zwar den Kontakt zu halten, ihn aber nicht ständig über unseren Stand der Ermittlungen zu informieren. Ansonsten sollten Phil und ich nunmehr unsere Kräfte bündeln, um zuallererst Peter Barber aufzuspüren – sofern er wirklich in New York war.
Die Spurenlage in Pepe Powells Wohnung machte Barber zumindest zu einem wichtigen Zeugen, sodass eine große Fahndung auf jeden Fall gerechtfertigt war.
Mister High informierte uns noch darüber, dass zwischenzeitlich alle bekannten Konten Barbers gesperrt waren, sodass er finanziell schnell auf dem Trockenen saß, sofern er nicht größere Bargeldbeträge gebunkert hatte.
Zwei Minuten später saßen Phil und ich an unseren Schreibtischen und begannen, alle Datenbanken, auf die wir Zugriff hatten, mit Peter Barbers Namen zu füttern.
Unser Mann hatte etliche digitale Spuren hinterlassen, aber das war nicht weiter überraschend. Als ehemaliger Marine und aktuell als Mitarbeiter der Diplomatic Security fanden wir sein Foto und seine Unterlagen immer mal wieder. Darunter war aber zunächst nichts, was uns weiterhelfen konnte. Denn überall lasen wir auch, dass er seit seiner Versetzung nach Mexiko in den Vereinigten Staaten über keine Meldeadresse verfügte und dass er – soweit offiziell bekannt war – auch keine Verwandten mehr hatte, bei denen wir hätten ansetzen können.
Aber er hatte immerhin einen guten Freund, wie wir zehn Minuten später erfuhren. Einen sehr guten Freund, um genau zu sein.
Phil war in einer Datei der Staatsanwaltschaft fündig geworden. Vor sechs Jahren hatte Peter Barber einmal die Kaution für einen gewissen Marc Rickman bezahlt: satte 100.000 Dollar hatte Barber
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