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295 - Dunkle Wasser

295 - Dunkle Wasser

Titel: 295 - Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Stern
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seinerseits zurück. Die Tentakel peitschten ihm entgegen und trafen ihn so hart, dass er für Sekunden das Bewusstsein verlor und auf den Grund sank.
    Als Dry'tor wieder zu sich kam, war das Wesen schon mehrere Schwimmlängen von ihm fort. Es verschwand in der tiefblauen See, genauso rätselhaft, wie es gekommen war. Der Hydrit verzichtete nach dieser erneuten Niederlage darauf, es zu verfolgen. Er musste jetzt an seine Zukunft denken. Daran, die Überlebenden seines Heeres um sich zu versammeln und einen letzten, diesmal siegreichen Angriff auf Hykton anzuführen. Wenn die Pflanzenfresser dachten, die Schlacht schon gewonnen zu haben, würde er ihnen schmerzlich das Gegenteil beweisen!
    ***
    »Quesra'nol!« Gilam'esh fing den im Wasser treibenden Körper des Hydree auf und zog ihn mit sich, zum Grund des Meeres. E'fah, Mer'ol, Quart'ol und Bel'ar folgten ihm. Vorsichtig ließ er sich ein Stück abseits des Hydrosseums auf eine leere Muschelgasse sinken. »Quesra'nol, hörst du mich?«
    »E'fah«, klackte der Hydree in seine Armen. »Wo… ist E'fah?«
    »Ich bin hier.« Sie schwamm heran, drängte Gilam'esh mit sanftem Druck zur Seite und fasste die Hände Quesra'nols. »Du hast tapfer gekämpft.«
    Sein Scheitelknorpel schien aufzuleuchten. Gilam'esh hatte nie gewusst, dass er sich derart verfärben konnte. Die Farbe, die den Kamm überzogen hatte, war im Laufe der Kämpfe verschwunden. Das pulsierende Leuchten war daher deutlich zu sehen und wies auf besondere biologische Vorgänge im Körper des Urvaters hin.
    Quesra'nol stand kurz vor seinem Ende. Sein Brustkorb wirkte eingedrückt und er schien starke innere Blutungen zu haben. Von seinen quastigen Lippen und auch aus seinen Nasenlöchern trieben dunkle Schwaden. Das Blut breitete sich im Wasser aus. Da er die Fähigkeit des Geistwanderns nicht beherrschte, war ausgeschlossen, dass er Zuflucht in einem anderen Körper fand.
    »Ich…« Der Hydree berührte E'fahs Wange. »Ich konnte dir nie sagen, was ich für dich fühle, E'fah… In der Zeit bei Mutter … und später. Du… du warst mein Licht in der Finsternis…« Er schwieg und sah die Hydritin aus großen Augen an.
    E'fah beugte sich zu ihm hinab. »Und du das meine«, flüsterte sie. »Wenn wir mehr Zeit gehabt hätten…«
    Quesra'nol zog sie zu sich und ihre Worte wurden so leise, dass sie nicht mehr zu hören waren.
    Gilam'esh versuchte die starken Emotionen zu beherrschen, die seinen jugendlichen Klonkörper überfluteten. Er wollte E'fah von Quesra'nol fortreißen, aber er war nicht nur der junge Gilam'esh in einem von Hormonen gesteuerten Körper. Er war auch ein uralter Geistwanderer, der einsehen konnte, wenn er verloren hatte.
    Langsam wandte er sich ab und ließ E'fah und Quesra'nol allein. Sie sollten wenigstens die letzten Minuten, die ihnen blieben, in Ruhe miteinander verbringen können.
    Er drehte sich erst wieder um, als er E'fahs klagende Stimme hörte. Sein Blick fiel auf Quesra'nols schlaffen Körper. Er war tot. Auf seinem Gesicht lag ein glücklicher Ausdruck und seine lidlosen Augen blickten in unendliche Fernen. Noch immer lag seine Hand in E'fahs. Seine Finger hingen kraftlos im Wasser. E'fah beugte sich zu ihm hinab und gab ihm einen Kuss auf die Stirn.
    ***
    »Es ist noch nicht vorbei!« Quart'ol stieg neben Bel'ar in die Höhe. Sie durften nicht glauben, dass der Feind bereits aufgegeben hatte. Das Tentakelwesen war keine Vorhut der verbündeten Städte gewesen, und was auch immer es gewollt hatte, nun war es verschwunden.
    »Unsere Chancen sind gestiegen«, sagte Quart'ol, um sich und ihr Mut zu machen. »Das Tentakelwesen hat viele Mar'osianer getötet.«
    Bel'ar hielt ihren Blitzstab kampfbereit. Ohne E'fah und Quesra'nol drohten die Verteidigungslinien zusammenzubrechen, doch Gilam'esh schob sich an vorderste Front und nahm den Platz der beiden ein.
    Die Reihen der Verteidiger schlossen sich, und nur wenige Augenblicke später kam Kal'rag zu ihnen, um den Bewohnern neuen Mut zu machen. Doch bevor der alte Geistwanderer und erfahrene Krieger das Wort an seine Mitstreiter richten konnte, klangen laute Rufe durch das Wasser.
    »Die Verstärkung! Das Heer des Städtebundes kommt!« Und wenig später: »Dry'tor und seine Mar'os-Jünger fliehen! Sie geben auf!«
    Es waren die schönsten Worte, die Quart'ol in seinem Leben je gehört hatte. Er fasste Bel'ars Hand und stieg gemeinsam mit ihr nach oben. Tatsächlich: Das Mar'os-Heer floh. Dry'tor schwamm hinter ihnen her, umringt

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