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297 - Die Zeit läuft ab

297 - Die Zeit läuft ab

Titel: 297 - Die Zeit läuft ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Vennemann
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Schlange durch das matt erleuchtete Waarza.
    Der General und der Major keuchten beide ungläubig auf, als das Kopfende der Schlange schließlich den Platz erreichte. Denn was da auf sie zukam, konnte nur eines bedeuten: mächtige Probleme!
    Unter Quietschen und Rattern schob sich ein Dampfmobil auf den Platz, das Koslowski noch nie gesehen hatte. Es war klobig und schwer, bestimmt an die sechs Meter lang und zweieinhalb Meter hoch. Anstatt Räder besaß es rechts und links Bänder aus flexiblen Kettengliedern, die von einem massiven Zahnrad-Konstrukt in Bewegung gehalten wurden. Die Spur des Gefährts drückte sich in den Straßenbelag und zerbröselte die Katzenkopfsteine unter sich. Aus dem vorderen Teil der Maschine ragte ein langes Rohr mit rund einer Handspanne Durchmesser. Mit Schrecken erkannte der Major, dass es sich um eine Kanone handelte.
    Nach und nach kamen insgesamt fünfzehn dieser Dampfpanzer aus der Ulica Swictojanska herausgefahren.
    Sie brachten sich in eine Formation aus drei Fünferreihen und richteten ihre Kanonen direkt auf den Balkon der Jonkathedral aus, auf dem General Koslowski und Major Ulichov immer noch regungs- und fassungslos standen.
    Mit einem Mal war alles ruhig. Für Augenblicke hörte man nur das Knacken der Dampfkessel, mit denen die Panzerfahrzeuge angetrieben wurden. Koslowski hielt den Atem an.
    Mit Quietschen und Scheppern wurde eine Luke an der Oberseite des mittleren Panzers der ersten Reihe geöffnet.
    Koslowski sah einen Arm aus der Öffnung herausragen, der sich am Umlauf der Luke aufstützte, dann schob sich ein stämmiger Oberkörper hervor, gefolgt von einem weiteren Arm, dessen Hand eine halb geleerte Schnapsflasche hielt.
    O nein, lass das nicht wahr sein… , durchzuckte es den General. Alles, nur das nicht!
    »Przepraszam(Polnisch: Entschuldigung!), General! Ich komm zu spät!«, brüllte der Solnosc, als er die beiden Bunkermenschen auf dem Balkon erblickt hatte. Er nahm einen tiefen Zug aus der Flasche und fixierte sie mit glasigen Augen. »Aba eigentlich isses ja jetz auch egal! Gibt eh kein Besprechung mea«, lallte der feiste Mann, holte aus und schleuderte die Flasche Richtung Kathedrale.
    Er schaffe nicht einmal die halbe Distanz bis zum Gebäude, so kraftlos war der Wurf. Trotzdem zuckten Koslowski und Ulichov beim Zerbersten des Glases zusammen.
    »Was… was haben Sie vor?«, fand der Major seine Sprache wieder.
    Der Solnosc lachte meckernd. »Was'n wohl? Hab mir'n paar scheene Dinga baun lassen, damit ich mir'n paar mehr Städte zulegen kann! Die Leute war'n voll dafür, habter ganich mitbekomm, wa?«
    Nach und nach wurden jetzt weitere Luken bei den restlichen Dampfpanzern geöffnet, die Fahrer kletterten aufs Dach und schauten mit vor dem Körper verschränkten Armen triumphierend zum Balkon hinauf.
    »Was sagter, Männer?«, schrie der Solnosc. »Fahrn wa morgen nach Lodz? Die gehen mir schon lange aufn Sack da, denen zeigen wa mal, was wa alles so könn'!«
    Die Panzerfahrer grölten zustimmend und trampelten mit ihren groben Stiefeln auf die Metallkarossen.
    Über den Lärm hinweg sah General Koslowski seinen Adjutanten an. Der sah so blass und übel aus, wie er sich selbst fühlte. »Sie haben doch vorhin von einem Pulverfass gesprochen, auf dem wir sitzen…«, sagte er mit bebender Stimme. »Ich fürchte, es ist soeben hochgegangen.«
    ***
    Auf dem Atlantik
    Das Erste, an das ich mich erinnere, ist Schmerz.
    Ein Schmerz, der mich durchfuhr, als ich geweckt wurde. Noch ehe ich ganz erwacht war und die Geborgenheit des Ursprungs spürte, in dem ich schlummerte, wurde ich ihm auch schon entrissen. Vibrationen erschütterten mich und ich wurde abgetrennt von dem, dessen Teil ich war.
    Ich wusste nicht, was Bewegung ist, doch ich spürte, dass eine Veränderung stattfand, dass meine Umgebung wechselte. Plötzlich war der Ursprung, in dem ich mich wohlgefühlt hatte, fort. Etwas anderes machte dem Platz; etwas, das kalt und leicht und fast nicht vorhanden war. Ich kannte die Begriffe damals nicht; heute weiß ich, dass ich in der Tiefe der Erde ruhte und das Neue, das mich nun umgab, »Luft« genannt wird.
    Es waren Menschen, die mich bewegten, die mich dem Ursprung entrissen. Einer von ihnen berührte meine Oberfläche - und überflutete mich mit einer Energie, die mich erstrahlen ließ. Ich wollte mich ihnen verständlich machen, aber sie schienen meine Bemühungen nicht einmal wahrzunehmen.
    Stattdessen überschütteten sie mich mit einer

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