3 Die Rinucci Brüder: Unter der goldenen Sonne Roms
Unvorsichtigkeit.
„Signore, ich glaube nicht, dass Sie betrunken sind, und ich mag es nicht, wenn Mandanten mich an der Nase herumführen. Verraten Sie mir endlich Ihren Namen und den Namen des Hotels.“ „Ich wohne im ‚Contini‘.“
Sekundenlang musterte sie ihn schweigend von oben bis unten. „Okay, Sie sind ein Spaßvogel“, entgegnete sie schließlich. „Also noch einmal: In welchem Hotel wohnen Sie?“
„Das habe ich gerade gesagt. Es ist Ihr Problem, wenn Sie es mir nicht glauben.“
„Wollen Sie allen Ernstes behaupten, Sie seien Gast in einem der teuersten Hotels der ganzen Stadt? Würden Sie das an meiner Stelle glauben?“
„Als ich das Hotel verlassen habe, sah ich noch nicht so aus wie jetzt. Meinen Ausweis und alle anderen Papiere habe ich zurückgelassen, um nicht das Opfer von Taschendieben zu werden.“ Er blickte an sich hinunter und gab ihr insgeheim recht. „Momentan brauche ich das nicht zu befürchten.“
„Falls es die Wahrheit ist, was ich sehr bezweifle, müssen Sie trotzdem Ihren Namen nennen.“ Das lässt sich wohl nicht mehr vermeiden, dachte er. „Luke Cayman“, gab er resigniert nach. Minnie war völlig verblüfft. Sie runzelte die Stirn, als versuchte sie, die Zusammenhänge zu verstehen. „Wie bitte?“, fragte sie dann.
„Luke Cayman.“
„Soll das ein Scherz sein?“ Sie trommelte mit den Fingern auf den Tisch.
„Wie kommen Sie denn darauf?“, fragte er.
„Den Namen habe ich schon in einem anderen Zusammenhang gehört, glaube ich. Aber vielleicht täusche ich mich.“
„Nein, das tun Sie nicht.“ Er entschloss sich, seine Identität preiszugeben. Alles andere hatte sowieso keinen Sinn.
Eine Zeit lang blickten sie sich ärgerlich und ungläubig an, während Charlie sie mit ratloser Miene beobachtete. Er verstand überhaupt nichts mehr. Plötzlich fing er an zu schlucken und musste sich offenbar jeden Moment übergeben.
Wie der Blitz war Minnie an der Tür und rief Rico, der sogleich angerannt kam.
„Bringen Sie Charlie rasch zur Toilette“, forderte sie ihn auf.
Sogleich führte Rico den jungen Mann über den Flur zur Herrentoilette.
„So, jetzt zu Ihnen.“ Minnie setzte sich wieder hin. „Ich glaube nicht, dass Sie Luke Cayman sind.“ „Warum nicht? Entspreche ich nicht Ihren Vorstellungen? Sie sind auch ganz anders, als ich Sie mir vorgestellt habe, doch ich bin wenigstens bereit zuzugeben, dass ich mich geirrt habe.“
„Sie halten sich wohl für sehr komisch …“
„Nein, überhaupt nicht“, unterbrach er sie. „Es wäre mir auch lieber gewesen, wir hätten uns unter anderen Umständen kennengelernt. Sie könnten mich für mehrere Monate einsperren lassen, wenn Sie die Tatsachen verdrehen und mich als Lügner hinstellen. Geben Sie zu, dass Sie das gern tun würden.“
„Was für eine absurde Idee. So etwas ist mir gar nicht in den Sinn gekommen“, fuhr sie ihn an. „Sehr ehrenwert!“
„Mit ehrenwert hat das nichts zu tun“, antwortete sie gereizt. „Wenn Sie ins Gefängnis müssten, würden die Zustände im Haus noch unerträglicher. Dann wäre niemand mehr da, den ich zur Verantwortung ziehen könnte. Seien Sie versichert, ich werde dafür sorgen, dass Sie ein freier Mann bleiben.“
„Ah ja. Sie wollen mir unter allen Umständen das Leben schwer machen.“
„Richtig.“
In dem Moment kam Charlie zurück. Er war immer noch sehr blass. Es schien ihm jedoch besser zu gehen. Fragend sah er die beiden an.
„Wir besprechen gerade das weitere Vorgehen“, sagte Minnie.
„Ich habe mich entschlossen, mich von Ihnen nicht vertreten zu lassen“, erklärte Luke. „Ich fühle mich wohler, wenn Sie mich meinem Schicksal überlassen.“
„Nein“, mischte Charlie sich entsetzt ein. „Minnie ist eine gute Rechtsanwältin. Sie holt dich bestimmt hier heraus.“
„Ja, aber nur, damit sie mir anschließend die Hölle heiß machen kann.“ Luke lächelte verächtlich.
„Bitte, werden Sie nicht melodramatisch.“ Minnies Stimme klang kühl. „Ich würde Sie
selbstverständlich genauso behandeln wie jeden anderen Mandanten auch.“
„Wirklich, Lucio, sie ist die beste Rechtsanwältin“, bekräftigte Charlie. „Jeden Fall, den sie übernimmt, gewinnt sie. Du müsstest einmal hören, was sie mit unserem schrecklichen Vermieter vorhat. Sie hat sich gut auf die Auseinandersetzung mit ihm vorbereitet.“
„Das glaube ich gern“, antwortete Luke leise. „Ist euer Vermieter wirklich so schrecklich?“ „O ja. Doch
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