3. Reich Lebensborn E.V.rtf
Sturmbannführer merkt es nicht.
»Ihr Verlobter? ... Hier im Haus? Einer von unserem Lehrgang?« röchelt er mehr, als er sagt. »Und da haun Sie ab?«
Endlich wird er mit seinem Zwerchfell fertig. Doris biegt den Kopf zur Seite. Sie verspürt nur Ekel, sonst nichts.
»Das ist ja prima!« schreit Westroff-Meyer, »das ist ja großartig! ... Und jetzt machen wir ’ne richtige Lebensbornhochzeit! ... So etwas war noch nie da! ... Ihr macht das vor ... Das ist ja fantastisch! ... Der Führer wird seine Freude haben!« Er betrachtet das verstörte Mädchen.
»Ach so ...«, sagt er dann mit geölter Stimme, »Ihr Fall ist eingestellt ... selbstverständlich ... Gehen Sie zurück in Ihr Zimmer ... ich arrangiere alles: Blumen, Sekt ... ’ne Hochzeit!
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... Ich wird’ verrückt!«
Der Sturmbannführer drückt dem Mädchen die Hand, schiebt fast zur Tür hinaus und ruft dem Uscha in seinem Vorzimmer zu:
»Holen Sie mir den Oberleutnant Steinbach ... aber dalli, dal!«
Jetzt erwacht Doris ganz aus ihrer Trance. Sie geht rasch über den Gang, um Klaus nicht zu begegnen ... Nachmittag ist dienstfrei. Jeder nutzt es auf seine Weise. SSHauptsturmführer Kempe schreibt einen Brief an seine Frau, dann fährt er in das Städtchen, um seine Schnapsvorräte zu ergänzen. Klaus Steinbach legt sich in einen Liegestuhl auf der Terrasse und wartet vergeblich auf die schmächtige Herbstsonne und auf Doris. Erika hört Radio. Lotte betrachtet sich im Spiegel. Zum erstenmal richtig, seitdem sie lebt. Seit der lange Hauptsturmführer sie verlassen hat, ist sie nicht nur von seiner »politischen Haltung« enttäuscht. Sie spürt, daß sie als Frau nicht gefällt. Obwohl sie noch jung an Jahren ist, wirkt sie doch bereits wie ein spätes Mädchen, für das die Liebe noch zu früh kommt.
Sie bastelt an ihren Haaren herum. Sie löst die Zopfkrone, läßt die blonden, langen Strähnen auf die Schultern fließen, spitzt den Mund, gefällt sich besser und entschließt sich doch wieder zur alten Frisur.
Sie geht nach unten, ist wie immer abseits, hat keinen Anschluß. Wer ihr begegnet, spricht ein paar belanglose Worte mit ihr und geht ihr dann aus dem Weg. Zuerst bemerkt sie es nicht einmal. Aber nun beginnt es weh zu tun. Lotte setzt sich in den Leseraum, greift nach einem Buch. In einem Klubsessel in der Ecke sitzt ein Untersturmführer mit dem Gardemaß der Rassefibel. Er steht höflich auf, stellt sich vor.
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»Fritz Lange ...« Dann fragt er: »Sie fühlen sich hier auch nicht richtig wohl?«
»Nein ... nicht ...«, erwidert Lotte.
Der Offizier nickt.
»Ich kann mir das ganz gut vorstellen«, sagt er, »es ist alles ganz anders gedacht ... wer an die Bewegung glaubt, muß von diesem Betrieb hier enttäuscht sein.«
Lotte nickt lebhaft. Dann betrachtet sie den Mann, das Gesicht ... was sie bisher nie tat. Für sie waren Männer nur Wesen, die Stiefel trugen und in einer Uniform steckten. Fritz Lange hat einen schmalen Kopf, eine hohe Stirn und schon etwas schüttere Haare, was die Stirn noch höher erscheinen läßt. Die schwarze Uniform sitzt eng um seine lange Gestalt.
»Wenn ich Sie störe . . «, sagt der Untersturmführer.
»Nein, keineswegs.«
»Wir zwei«, sagt der Offizier dann, »wir nehmen unsere Sache ernst, nicht?«
»Ja«, antwortet Lotte.
»Wir sind auch reif dafür«, fährt er fort, »wissen Sie, unter dem Weizen ist noch viel Spreu ...«
»Ja ... kommen Sie von der Front?«
»Ja.«
»Was sind Sie?«
»Infanterie.«
»Keine schöne Waffengattung, nicht?«
»Schön oder nicht schön«, entgegnet er, »es geht um unser Volk.«
»Sie gefallen mir«, versetzt Lotte. Dann errötet sie, betrachtet wieder dieses Gesicht und merkt auf einmal beklommen, daß nicht nur seine Worte, sondern er selbst auf sie Eindruck machen. Ich hätte meine Haare doch offen tragen 78
sollen, denkt Lotte ... und erschrickt.
In diesem Moment kommt Hauptsturmführer Kempe lärmend von seiner Besorgung zurück. Er reißt die Türen auf, sucht Anschluß, findet ihn nicht, stößt auf der Terrasse auf Oberleutnant Steinbach.
»Mensch, hab’ schon jehört«, sagt er, »du heiratest ja! ... Herzlichen Glückwunsch ... ick wird’ dir ’ne volle Pulle stiften!«
»Hochzeit?« fragt Klaus mit hoher Stimme.
»Na, ’ne Beerdigung wird’s schon nicht werden ... und hübsch is se ooch noch.«
»Hau ab!« versetzt Klaus.
»Haste Erika jesehn?« fragt Kempe.
»Nein.«
»Die wird’ ich mir mal uff’s Korn nehmen ...
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