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30 - Auf fremden Pfaden

30 - Auf fremden Pfaden

Titel: 30 - Auf fremden Pfaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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möglich, daß wir uns irren. Denke an seine letzten Worte: er drohte dir.“
    „Das ist mir sehr gleichgültig.“
    „Wer so droht, der muß wissen, daß er seine Drohung ausführen kann; da er sich nun als einzelner Mann unmöglich an euch wagen darf, ist anzunehmen, daß er Helfer hat.“
    „Wir lachen über sie!“
    „Auch über den Kys-Kaptschiji?“
    „Ja, auch über ihn. Wir werden ihn einholen und ihn mit allen Leuten, die bei ihm sind, in die Dschehennah (Hölle) senden. Ihr aber macht euch augenblicklich fort von uns, sonst schießen wir euch nieder!“
    „Sei nicht so übermütig, o Mirza Muzaffer! Der Kys-Kaptschiji ist jedenfalls ein Mann, dem ihr nicht gewachsen seid, und wenn der Armeni ihn vor euch gewarnt hat, so könnt ihr ihn nicht überraschen, sondern er wird euch im Gegenteil – – –“
    „Schweig, Hund!“ unterbrach er mich. „Wie darf ein Giaur es wagen, uns gute Lehren zu erteilen! Siehst du den Lauf meines Gewehres gerade auf deine Brust gerichtet? Wenn ihr euch nicht sofort von dannen macht, so drücke ich los!“
    „Gut, du sollst deinen Willen haben. Über den ‚Hund‘, den du mir wiederholt zugerufen hast, sprechen wir wahrscheinlich weiter!“
    Wir gaben unseren Pferden die Sporen, ritten in einem der Vorsicht halber weiten Bogen um die Perser herum und folgten dann wieder wie vorher dem Ufer des Flusses.
    „Du hattest recht, Sihdi“, sagte Halef. „Sie haben nicht auf uns gehört, sondern uns von neuem verhöhnt. Nun haben wir unsere Pflicht getan, und ihre Dummheit mag über sie kommen.“
    Es war noch keine halbe Stunde vergangen, so sahen wir eine Spur, welche von rechts her vor uns nach dem Fluß führte. Natürlich hielten wir an, um sie zu betrachten.
    „Sie ist ganz neu“, meinte Halef. „Wer mag es gewesen sein?“
    „Der Armeni“, antwortete ich.
    „Maschallah! Denkst du wirklich, daß dieser es war, Sihdi?“
    „Ja, ich sehe es deutlich.“
    „Du verstehst die Darb und Ethar (Spuren und Fährten) besser zu lesen als ich und wirst dich wahrscheinlich nicht täuschen.“
    „Ein Irrtum ist ausgeschlossen. Siehst du die Stapfen zweier Pferde, welche sehr nahe nebeneinander gelaufen sind? Wenn zwei Reiter nebeneinander reiten, so weicht doch einmal einer von ihnen mehr oder weniger zur Seite ab; diese Pferde aber haben stets genau die gleiche Entfernung voneinander eingehalten; ihre beiden Fährten bilden eine ununterbrochene Parallele; es handelt sich also um einen Reiter, der ein Lastpferd am Leitzügel führt. Das eine Tier hat die Vorder- und das andere die Hinterhufe tiefer eingedrückt, was mit Sicherheit auf ein Lastpferd schließen läßt. Der Armeni ist es gewesen.“
    „So hat er getan, was du vermutetest; er ist nur eine kurze Strecke ostwärts und dann in einem Bogen zurückgeritten, bis er hier den Fluß wieder erreichte.“
    „Was ist daraus zu schließen, Halef?“
    „Daß er wirklich ein Kundschafter des Kys-Kaptschiji war.“
    „Ja, und noch etwas.“
    „Was?“
    „Daß der Kys-Kaptschiji sich an dem Fluß oder in dessen Nähe befindet.“
    „Allah! Da müssen wir vorsichtig sein. Meinst du nicht auch?“
    „Allerdings.“
    „Ich glaube, die Kerle würden, wenn wir auf sie stießen, auch uns nicht vorüberlassen, obgleich wir keine Mädchen sind.“
    „Natürlich droht uns ebensoviel Gefahr wie den Persern. Der Armenier dürstet nach Rache, und er weiß, daß unser Weg am Fluß abwärts führt.“
    „Was ist da zu tun?“
    „Jetzt nichts.“
    „Hm! Wollen wir nicht lieber von unserer jetzigen Richtung abweichen?“
    „Wegen solcher Menschen nicht!“
    „Du hast recht. Soll der oberste Scheik der berühmten Haddedihn sein Pferd wegen einiger Menschenräuber zur Seite lenken? Nein! Aber vorsichtig müssen wir sein, außerordentlich vorsichtig. Wenn wir nur wüßten, wo die Halunken ihr Lager haben!“
    „Das brauchen wir jetzt nicht zu wissen.“
    „Nicht? Warum?“
    „Weil es sich jetzt für uns nur darum handelt, ihrem Angriff auszuweichen.“
    „Aber gerade darum möchten wir wissen, wo sie stecken!“
    „Wo sie stecken, ja, aber nicht, wo sie ihr Lager haben.“
    „Ist das zweierlei?“
    „Gewiß.“
    „Wieso?“
    „Weil sie sich hüten werden, uns oder die Perser da anzugreifen, wo sie die gefangenen Mädchen untergebracht haben. So nahe lassen sie uns nicht heran.“
    „Du denkst, daß sie uns entgegenkommen?“
    „Ja.“
    „So können wir doch jeden Augenblick auf sie stoßen?“
    „Allerdings, hier

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