301 - Libretto des Todes
und wandte sich an den Soldaten. Die Uniform, die die Fraanks trugen, bestand aus einer grauen Jacke, schwarzen Hosen und einer grauen Schirmmütze mit einem Edelweiß an der Seite. Das ovale Abzeichen, das sich der schwarzbärtige Mann gut fünfzehnmal kreuz und quer auf die Jacke genäht hatte, zeigte ein Edelweiß vor gekreuzten Pickel und Gewehr auf grünem Grund.
»Was wollt ihr hier? Bleibt gefälligst hinter dem Zaun«, schnarrte der Oberfraank und legte drohend die Hand an den Säbelgriff. Matt bemerkte nicht ohne Unbehagen zwei Handgranaten, die seitlich an seiner Koppel hingen.
»Mein Name ist Maddrax«, gab der einstige Commander Matthew Drax im Befehlston zurück. »Festspielmeister Wahnfried erwartet uns. Bringen Sie uns zu ihm, Soldat.«
Mit grimmiger Genugtuung bemerkte Matt, dass der Mann unwillkürlich strammstand. »Jawohl, darüber bin ich informiert«, gab er zurück. »Bitte mir folgen zu wollen.« Er ging voraus, Matt und Xij folgten ihm auf dem Fuße.
»Ist das nicht die Uniform der deutschen Gebirgsjäger?«, fragte Matt leise.
»Gebirgsjägerbataillon 231 aus Bad Reichenhall, der Brigade 23 zugehörig«, erwiderte Xij Hamlet. »Kommandeur Johann Langenegger.«
»Hattest du als Golenz mit den Gebirgsjägern zu tun?«
»Ich hab eine Zeitlang dort Dienst getan, ja.«
Ihr Gespräch wurde unterbrochen. Der Oberfraank führte sie durch den Haupteingang ins Foyer, das mit einem schreiend bunten Flickenteppich ausgekleidet war. Xij erinnerte sich hingegen an einen eleganten grauen Teppich. Arbeiter waren unterwegs und schleppten unter lauten Kommandos und Flüchen Hölzer und Metallteile. Es herrschte die Atmosphäre einer Baustelle.
»Warten Sie hier bitte, ich werde den Festspielmeister suchen.« Kurze Zeit später kam der Oberfraank zurück und führte Matt und Xij durch den Zuschauersaal auf die Bühne. Dort saß Wahnfried auf einem sofabreiten Sessel und scheuchte weitere Arbeiter herum, die Löcher an der Hinterwand der Bühne ausbesserten. Ein breites Grinsen legte sich auf sein feistes Gesicht, als er die beiden sah.
»Ah, Maddrax, ich freue mich, dass du gekommen bist.« Dabei blickte er aber an Matt vorbei und schien nur Augen für Xij zu haben. Matt fand, dass Wahnfried unverhohlen gierig schaute, aber Xij schien es nichts auszumachen.
Bevor Matt seine Begleiterin vorstellen konnte, erschien ein weiterer Mann im Zuschauersaal. Er war jung, großgewachsen und gutaussehend. Lange schwarze Haare fielen ihm auf die Brust. Er trug einen breitkrempigen Hut mit langer grüner Feder und rotgelbschwarze Stoffkleidung mit einem eingestickten Löwen am Rocksaum. So, wie er durch den Mittelgang anmarschierte, konnte niemand auch nur annähernd auf den Gedanken kommen, er habe gute Laune.
Matt erkannte ihn sofort. Es handelte sich um den jungen Mann, der heute Nachmittag so wutentbrannt davongeeilt war, nachdem er Noora in Matts Gesellschaft gesehen hatte.
»Annder«, sagte Wahnfried verblüfft. »Wie kommst du denn hier herein?« Im nächsten Moment lachte er glucksend. »Du brauchst mir nicht zu antworten. Ich kann mir denken, wer dich hereingelassen hat.«
Annder blieb vor dem Festspielmeister stehen, nahm den Hut ab und konnte sich nur mit großer Mühe zusammenreißen. Er atmete schwer. Als er Matt anblickte, funkelte sogar offene Feindseligkeit in seinen Augen.
»Festspielmeister Wahnfried«, brachte er schließlich heraus, nachdem er ein paarmal geschluckt hatte, »ich bin gekommen, weil ich mit dir reden muss. Ich habe gehört, dass du... dass du meinen Auftrittstermin beim Krieg der Operateere gegen den von Gunnter tauschen willst. Stimmt das?«
»Jawohl, das stimmt.« Matt sah ein amüsiertes Funkeln in Wahnfrieds Augen.
Annder ballte die Fäuste. »Aber das geht doch nicht, das...« Er bremste sich. »Ich möchte dich bitten, alles beim Alten zu belassen«, fuhr er fort. »Es ist unmöglich, meine Opera zwei Tage früher auf die Bühne zu bringen. Das beeinträchtigt meinen minutiös ausgearbeiteten Probenplan zu stark. Zwei Tage – das schafft mein Ensemble nicht.«
Wahnfried hatte während Annders Rede angestrengt seine Fingernägel gemustert. Deutlicher hätte er sein Desinteresse gar nicht ausdrücken können. »Tut mir leid für dich, mein Lieber, aber es bleibt bei meiner Entscheidung. Ich habe gewichtige Gründe dafür.«
»Ach, und was sollen das für gewichtige Gründe sein?«
Matt machte sich zum Eingreifen bereit. Er sah den latent wutschnaubenden Annder
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