305 - Nach Millionen von Jahren
sie. Sein Name ist Garis’neh.«
Matt atmete auf.
Quart’ol wies hinter ihn. »Da will wohl jemand mit dir reden.«
Matthew fuhr herum, in der Erwartung, Gilam’esh oder E’fah zu sehen. Stattdessen schwamm vor ihm im Wasser ein Junghydrit. Verwundert musterte er den Kleinen. So verwachsen, wie seine Wirbelsäule aussah, musste er zu den Stadtbewohnern gehören, die durch einen Virenanschlag der Mar’os-Jünger an vererbten genetischen Einschränkungen litten. Sein kleiner Mund öffnete und schloss sich, aber es kam kein einziges Klacken oder Schnalzen heraus.
»Was willst du?«, fragte Matt. Er konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, den Jungen schon einmal gesehen zu haben.
»Ich... ich bin Dra’nis. Ein Freund von Vog’ler, weißt du... Ist Vog’ler gut...?« Er verstummte schüchtern.
Matt verstand. »Du willst wissen, ob dein Freund sicher auf dem Mars gelandet ist?«
Dra’nis krummer Scheitelkamm verfärbte sich zustimmend.
Matt lächelte. »Ja. Vogler ist gut zuhause angekommen. Wir können gern ein andermal über ihn reden, aber im Moment habe ich dafür keine Zeit. Entschuldige.«
Der Junge senkte den Kopf und flitzte schnell wie ein Barsch davon.
Quart’ol schwamm näher heran. »Dra’nis hilft auf der Krankenstation, beim Essenausteilen«, klackte er. »Außerdem arbeitet er in der Pflanzenforschung mit. Seit er vor den Machenschaften des Gilam’esh-Bunds gerettet wurde, überschlägt er sich vor Dankbarkeit.«
»Der Gilam’esh-Bund?«
Quart’ol nickte. »Als Vogler und Clarice noch hier waren, hat der Gilam’esh-Bund versucht, in die Stadt einzudringen, um sie zu sprengen. Dabei haben sie Dra’nis’ Körper übernommen. Doch wir konnten seinen Geist zurücktransferieren...«
Matt hob die Hand, ehe Quart’ol noch mehr erzählen konnte. »Das bringt mich zu meinem Anliegen, alter Freund«, sagte er. »Du weißt sicher schon, dass Xij dringend einen neuen Körper braucht.«
Quart’ols Gesicht verzog sich vorwurfsvoll. »Du kümmerst dich sehr intensiv um diese Frau.«
Matt wusste, wie sehr Quart’ol Aruula verehrte. Für ihn war sie die schönste aller Menschenfrauen und fast so etwas wie eine Göttin. Wie oft hatte er in höchsten Tönen von ihr geschwärmt.
»Ich liebe sie nicht«, sagte er bestimmt. Sein Zerwürfnis mit Aruula erwähnte er nicht – noch nicht. »Xij ist eine gute Freundin. Aber sie wird sterben, wenn wir ihr nicht einen Klonkörper beschaffen«, sagte er eindringlich. »Weißt du vielleicht, wo wir einen finden könnten?«
Quart’ol zögerte. »Es gibt da jemanden«, sagte er dann gedehnt. »Es... ist nur ein Gerücht, aber es hält sich hartnäckig.«
»Erzähl mir davon.«
Quart’ol sah sich im Warteraum um. Sie waren allein, trotzdem senkte er die Stimme. »Es heißt, Pozai’don, der Wächter, hätte sich aus einer anderen Stadt einen Rohling liefern lassen, nachdem unser eigenes genetisches Material wegen der Heilforschung ausging.«
»Es gibt Handelsbeziehungen?«
»Ja, mit drei Städten inzwischen. Aber der Handelsweg ist lang und beschwerlich, weil es keine Transportröhre gibt, die bis nach Gilam’esh’gad führt, und die überhöhten Preise fressen unsere Ressourcen.«
Matt winkte ab. »Was ist mit dem Klon?«, drängte er.
»Es ist bloß Muschelgeklapper. Pozai’don soll einen Klon geliefert bekommen haben. Angeblich wollen die dreizehn Quan’rill die Kammer des Wissens und die Stadt verlassen und haben deshalb einen Körper von ihm gefordert, in den sie umziehen können.«
Matt erinnerte sich an die dreizehn Geistwanderer, denen auch er begegnet war. Sie hatten sich vor Jahrtausenden in der Stadt aufgehalten, als die Mar’os-Jünger ihren Anschlag verübten. Ihre Körper starben an der Seuche, doch ihre Geister zogen in eine bionetische Masse um, damit ihr Wissen bewahrt blieb.
Quart’ol senkte seine Stimme noch weiter und war kaum mehr zu verstehen. »Andererseits gibt es auch Gerüchte, Pozai’don wollte den Rohling für sich selbst. Schließlich ist auch er ein Geistwanderer.«
»Ich will mit ihm reden. Sofort.«
Quart’ol hob die Hände, als wollte er Matt beschwichtigen. »Selbst wenn er einen Klon besitzen sollte – Pozai’don ist... eigenwillig. Ich glaube nicht, dass er ihn dir überlassen würde.«
Matt blieb hart. »Wo finde ich ihn?«
Quart’ol klackte resignierend. »Ich bringe dich hin.«
***
Als Xij die Augen öffnete, stürzte die Erkenntnis auf sie ein, als wollte sie sie vernichten. Sie
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