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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bleiben.“
    Indem ich dieses sagte, hatte ich wohl recht. Denn als ich dann hinab ins Castle kam, hockte er in meinem Zimmer vor dem aufgeschlagenen Koffer, denn die Bagage war soeben angekommen, sprang aber, sobald ich eintrat, auf und sagte:
    „Ich habe es, Sihdi!“
    „Was?“ fragte ich.
    „Das wirst du gleich hören! Also, ich habe sie zusammengezählt, den Christen, den Moslem und den Heiden. Das kam mir in den Sinn, als ich mit Reverend Heartman sprach; da lief ich fort. Ich hätte aber auch sitzen bleiben können, denn das Nachdenken ging viel schneller, als ich dachte; dann war ich sogleich fertig!“
    „Nun? Was kam heraus?“
    „Entweder gibt es gar keine Christen und gar keine Heiden, sondern bloß Menschen. Oder es gibt entweder nur Christen oder nur Heiden, die aber auch alle Menschen sind. Also, ob es nichts gibt, oder ob es alles gibt, Menschen gibt es auf jeden Fall!“
    „So! –“ lachte ich. „Daß es Menschen gibt, und zwar auf jeden Fall, das wußte ich beinahe auch!“
    „Ja, aber nicht so, wie ich es meine!“ behauptete er. „Ich bitte dich, mich anzuhören, aber nicht dazu zu lachen; das macht mich irr! Du hast mich die Worte von Isa Ben Marryam (Jesus, Mariens Sohn) gelehrt, daß wir Gott lieben sollen, das ist das erste und das vornehmste Gebot, und daß wir unseren Nächsten lieben sollen, das ist diesem ersten Gebot ganz gleich. War diese Liebe zu Gott und zu dem Nächsten schon vor dem Erlöser da oder nicht?“
    „Es ist gewiß, daß es schon vor ihm Menschen gab, die Gott, und auch welche, die ihren Nächsten liebten.“
    „Du sagst es, folglich ist es richtig! Und noch eines: Wieviel Nächste muß man lieben, um Christ zu sein?“
    „Jedenfalls alle, ohne Ausnahme, auch die Feinde!“
    „Ja. Wenn ich sie alle liebe, bin ich ein vollkommener Christ. Wenn ich nur einen liebe oder nur einem einzigen Feind Gutes tue, so bin ich auch ein Christ, allerdings nur für diesen einen! Wenn der Heide auch nur einen einzigen Menschen liebt, einem einzigen Feind verzeiht, so handelt er christlich. Und wenn der Christ nur einen einzigen Menschen haßt oder sich an einem einzigen Feind rächt, so handelt er heidnisch. Es gibt keinen Menschen, der nicht wenigstens einmal liebt und nicht wenigstens einmal verzeiht. Und so hat es auch keinen Menschen gegeben und wird niemals einen geben, der nicht wenigstens einmal gehaßt und nicht wenigstens einmal seinem Zorn den Willen gelassen hat. Also die Menschen haben, schon gleich seit es welche gibt und bis auf den heutigen Tag, alle zusammen, ohne Ausnahme, bald christlich und bald heidnisch gehandelt. Sobald sie Gutes tun, sind sie alle zusammen Christen, und sobald sie Böses tun, sind sie alle zusammen Heiden. Isa Ben Marryam ist gekommen, um uns zu gewöhnen, niemals Böses zu tun, sondern immer nur Gutes. Das Böse kommt vom Teufel; das Gute kommt von Gott. Dazwischen steht der Mensch! Wer nichts als Gutes tut, der ist Gott. Wer nichts als Böses tut, der ist Teufel. Wer bald Böses und bald Gutes tut, der ist Mensch! Hierauf frage ich dich: Sind die Heiden Gottheiten oder Teufel? Keines von beiden! Was folgt hieraus? Daß sowohl die Christen als auch die Heiden bloß nur Menschen sind, die nichts Besseres tun können, als einander Gutes zu erweisen. Dadurch heben sie einander empor. Dadurch werden sie Gott immer ähnlicher. Das ist es, was Isa Ben Marryam wollte und was er lehrte. Dieses Streben, Gott zu lieben und sich ihm immer mehr zu nähern, indem man allen Menschen, sogar den Feinden, unausgesetzt nur Gutes erweist, ist die Religion, die er gründete und die nach ihm genannt wird: Christentum! – – – So, das kommt heraus, wenn man einen Christen, einen Mohammedaner und einen Heiden zusammenrechnet und dann mit der Drei hineindividiert, nämlich ein Mensch. Und wieviel ist dieser Mensch wert? Das kommt ganz auf die Mischung an. Wenn ich dieses Exempel mache mit einem guten Heiden, einem guten Mohammedaner und einem schlechten Christen, so kommt noch ein Mensch heraus, der wenigstens zweimal besser ist als so ein Christ! Sihdi denke hierüber nach, ohne daß ich dich dabei störe! Ich gehe darum fort und lasse dich hier bei dem Koffer und bei allen diesen deinen Sachen stehen!“
    Husch, war er schnell zur Tür hinaus, denn er glaubte, im höchsten Grade klug gesprochen zu haben. Ich wußte, daß er sofort zurückkehren und die unterbrochene Arbeit wiederaufnehmen werde, sobald ich das Zimmer verlassen habe. Darum ging ich

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