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31 - Und Friede auf Erden

31 - Und Friede auf Erden

Titel: 31 - Und Friede auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aller Gastzimmer öffnen kann.
    Um summarisch zu verfahren, will ich hier gleich einiges über Colombo im allgemeinen erwähnen. Ich beabsichtige dabei nicht etwa eine Beschreibung der Stadt, sondern es soll nur gesagt werden, was zum Verständnis des später Folgenden notwendig ist.
    Ihren Namen hat die Stadt von dem hier in die See mündenden Kalani-Ganga erhalten; sie wurde Kalanbua genannt; die Portugiesen haben Colombo daraus gemacht. Ihre Lage ist eine durchaus ebene, und so brauchte in den von den Europäern bewohnten Teilen kein Areal gespart zu werden. Die Bungalows der Weißen sind von herrlichen Gärten und Parks umgeben, in denen die indische Vegetation zur vollsten, herrlichsten Geltung kommt. Die Dattelpalme kennt man hier nicht; sie will Sand und Wüstennähe haben. An ihre Stelle ist die Kokospalme getreten, welche ein kräftigeres, saftigeres Grün als die erstere zeigt und den Eindruck eines wohlgenährten, besser situierten Pflanzenwesens macht.
    Die von den Eingeborenen bewohnten Stadtteile haben schmale Straßen; die Häuser und Häuschen stehen eng beisammen. Man sieht Laden an Laden, und wer sich vor gewissen Gerüchen scheut, der tut wohl, sich in eine der stets und überall vorhandenen Rikschas zu setzen und dahin zu fahren, wo es nicht mehr riecht.
    Der Name dieser aus Japan eingeführten Fahrzeuge lautet eigentlich Jinrickschah, doch pflegt jedermann kurz nur Rikscha zu sagen. Man denke sich eine sehr leicht und für die Zugkraft nicht eines Pferdes, sondern eines Menschen gebaute, zweiräderige Kalesche mit vorzuschlagendem Regendach und einer Doppeldeichsel, so weiß man ungefähr, wie eine Rikscha aussieht. Der Singhalese, welcher sie zieht, trägt die leichteste Kleidung, die auf der Straße erlaubt ist, oft nur eine Hose, welche vom Gürtel bis zur Hälfte der Oberschenkel reicht. Aber sein langes, seidenweiches Haar ist wohlfrisiert, zurückgekämmt und hinten in einen Knoten geschlungen, der von einem Kamm zusammengehalten wird. Das gibt dem Mann ein weiches, weibliches Aussehen. Dieser Kamm ist aber ein Zeichen der Männlichkeit; Frauen tragen ihn nicht, und Knaben erst dann, wenn bei ihnen der Bart zu wachsen beginnt.
    Also außer mit diesem Kamm und der bescheidenen Hose ist der Rikschamann vollständig unbekleidet. Warum? Man steige ein! Sobald man sitzt und er erfahren hat, wohin man will, beginnt er zu laufen. Die Luft ist schwül; die Sonne brennt; er läuft! Es geht nicht im Schritt, nicht im Trab, nicht im Galopp, sondern er läuft, aber wie! Es hat den Anschein, als ob er wie ein Torpedoboot-Jäger sechsundzwanzig Knoten in der Stunde machen müsse. Man hat ihn etwas zu fragen; er antwortet so kurz wie möglich, und er läuft! Die nackten Beine werden nicht müde; die nackte Brust scheint keine Lunge zu bergen; der Atem geht ruhig und regelmäßig, und doch würde ihn eine Droschke erster Güte nicht einholen, denn – er läuft! Da, da – man schaue hin! Es beginnt noch etwas zu laufen! Nämlich unter dem Zopf quillt ein kleines, einziges Tröpflein hervor, bleibt, wie verschämt darüber, daß es sich so öffentlich zeigen muß, einige Augenblicke im Schatten des Kamms stehen und bewegt sich dann, erst langsam, hierauf sprungweise und hernach schneller und immer schneller über den Hals und den Rücken herab, bis es unter dem oberen Rand der Hose verschwindet. Ein zweiter Tropfen kommt. Dieselbe anfängliche Verschämtheit, dasselbe Zögern, dann dieselben Sprünge und dasselbe vorläufige Ziel. Ein dritter, fünfter, zehnter, zwanzigster, hundertster Tropfen erscheint. Sie folgen sich schneller und schneller, bis sie ein Bächlein bilden, welches von dem Zopf nach der Hose strebt. Das Bächlein läuft ununterbrochen, aber – der Mann läuft auch! Der Passagier sitzt hinter ihm, sieht beide laufen und weiß nicht, worüber er sich mehr wundern soll, ob über die Ausdauer seines unermüdlichen Zweibeiners oder darüber, daß aus einem Zopf eine so unerhörte Menge von Wasser laufen kann. Aber auf der rechten Schulter bildet sich auch ein Tropfen, auf der linken ebenso, beide rinnen herab, dem Rückgrat zu, um sich dort mit dem Bach zu vereinigen. Sie bekommen Nachfolger. Es entsteht hüben und drüben ein zweiter und dritter Bach, nach deren Einmündung der mittlere zu einem Flüßchen wird. Bald treten auch an anderen Stellen Wasserperlen hervor, aus denen Bäche werden, an den Oberarmen, der Burst, den Seiten, und alle eilen der Hose zu, welche Naß und immer

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